Das neue Selbstbewusstsein

Es war nicht zu übersehen bei der Eröffnung des Pharmacon-Fortbildungskongresses in Meran: Die Apothekerschaft schöpft neues Selbstbewusstsein aus dem, was der Berufsstand während der Pandemie geleistet hat. Ein Kommentar von DAZ-Herausgeber Dr. Benjamin Wessinger.

Sichtlich stolz auf die Kolleginnen und Kollegen ist der Präsident der Bundesapothekerkammer, Thomas Benkert. Man habe „auf sich und die Patienten aufgepasst“, die Apotheken seien die ersten gewesen, die Plexiglasscheiben zum Schutz der Kunden aufgebaut haben, die Masken verteilt, Desinfektionsmittel hergestellt und Testzentren aufgebaut haben. Es sei „tolle Arbeit“ geleistet worden, „die Leistungen in den Apotheken waren zum Teil gigantisch“ – kurz: „Wir haben geliefert!“

Ins gleiche Horn stieß bei seinem Pharmacon-Eröffnungsvortrag Dr. Gottfried Ludewig, der neue „Head of Health Industries“ der Telekom-Tochter T-Systems, vor allem aber ehemaliger Abteilungsleiter für Digitalisierung im Bundesgesundheitsministerium unter Jens Spahn. Es sei „enorm positiv“, was die Apotheken in der Pandemie auf die Beine gestellt haben, sagte er und konstatierte „ein neues Rollenverständnis der Apothekerinnen und Apotheker“. Ganz besonders hob er dabei auf die Digitalisierung ab. Die Ausstellung von digitalen Impfzertifikaten durch die Apotheken bezeichnete er als „erfolgreichsten digitalen Prozess in der Geschichte der Bundesrepublik“.

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Das neue Selbstbewusstsein der Apothekerschaft zeigt sich auch im Umgang mit den ärztlichen Kollegen. So zeigte sich Benkert relativ unbeeindruckt von der Ablehnung des Impfens in der Apotheke durch die Ärzteschaft. Er sprach in diesem Zusammenhang von „Ärzte-Lobby“ und konnte sich nicht verkneifen darauf hinzuweisen, dass gerade bei den Corona-Impfungen aufseiten der Ärzte auch nicht alles wirklich gut gelaufen sei.

Dass Benkert mit dieser Einschätzung nicht alleine ist, zeigt sich nicht nur im Gespräch mit Kolleginnen und Kollegen, sondern zum Beispiel auch während des Vortrags von Ulrich Kozcian, Vizepräsident der Bayrischen Landesapothekerkammer, über die Herausforderungen der Medikationsanalyse. Eher nebenbei kam er beim Thema Kommunikation mit den Ärzten auch auf das Impfen zu sprechen. Die Ablehnung des Impfens in der Apotheke gebe es – „aber das ist halt so“, sagte er lapidar. Keine Spur mehr von der alten Angst, dass die Ärzteschaft als Ausgleich für das Impfen das Dispensierrecht fordern könnte.

Dieses neue Selbstvertrauen steht den Apothekerinnen und Apothekern gut, insbesondere weil es so uneitel und frei von Überheblichkeit ist. Und brauchen können sie es auch gut: Nicht nur weil mit dieser Haltung ein Agieren auf Augenhöhe mit den Ärzten tatsächlich funktionieren könnte, sondern auch weil gegenüber der Politik in den kommenden Wochen und Monaten mit gesundem Selbstbewusstsein auf die Gefahren hingewiesen werden muss, die die Kombination aus steigenden Kosten (Gehalt, Inflation, Energiepreise …) und drohenden Spargesetzen (Kassenabschlag, Mehrwertsteuererhöhung!) für die Apotheken bedeuten würden.

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