Brasilianischer Pfefferbaum gegen zunehmende Antibiotikaresistenz?
Es wurden spezifische Verbindungen im brasilianischen Pfefferbaum identifiziert, welche die Virulenz von antibiotikaresistenten Staphylokokkenbakterien reduzieren. Sogenannte Triterpenoidsäuren in den Beeren der Pflanze blockieren dabei die Produktion von Toxinen.
Bei der aktuellen gemeinsamen Untersuchung der University of Colorado School of Medicine und der Emory University wurde festgestellt, dass der brasilianische Pfefferbaum (Schinus terebinthifolia) die Virulenz von antibiotikaresistenten Staphylokokkenbakterien zu reduzieren scheint. Die Ergebnisse der Studie wurden in der englischsprachigen Fachzeitschrift „Scientific Reports“ publiziert.
Naturstoff zum Kampf gegen MRSA
Die Studie liefert den ersten Beweis dafür, dass sogenannte Triterpenoidsäuren zum Kampf gegen den Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus, bekannt als MRSA, eingesetzt werden könnten.
Was ist der brasilianische Pfefferbaum?
Der brasilianische Pfefferbaum (Schinus terebinthifolia) ist normalerweise in Südamerika heimisch. Das Gewächs kommt mittlerweile auch in Florida häufig vor, wo es die einheimischen Arten von Pflanzen verdrängt. Auch wenn der Pfefferbaum häufig als ungebetener Gast angesehen wird, gibt es gleichzeitig viele Überlieferungen über die Pflanze aus dem Amazonasgebiet, wo traditionelle Heiler sie seit Jahrhunderten zur Behandlung von Haut- und Weichteilinfektionen einsetzen.
Wie weit verbreitet ist Antibiotikaresistenz?
Die immer weiter zunehmende Antibiotikaresistenz gilt als eine der größten Herausforderungen für das öffentliche Gesundheitswesen unserer Zeit. Laut dem Robert Koch-Institut wurde im Jahr 2018 eine Studie zur Krankheitslast durch multiresistente Erreger (MRE) für ganz Europa veröffentlicht, welche vom Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) durchgeführt wurde. Den Hochrechnungen der Forschenden zufolge erkranken in Europa jedes Jahr etwa 670.000 Menschen an Infektionen durch MRE. In Deutschland handelt es sich um etwa 54.500 Menschen pro Jahr.
Antibiotikaresistenz in Zeiten von COVID-19
Auch während der aktuellen COVID-19-Pandemie darf das Thema Antibiotikaresistenz nicht vergessen werden. Viele COVID-19-Patienten erhalten Antibiotika, um mit auftretenden Sekundärinfektionen fertig zu werden, was Besorgnis über einen späteren Anstieg antibiotikaresistenter Infektionen hervorruft, berichten die Forschenden.
Bildung von Hautläsionen konnten durch Pfefferbaum gelindert werden
Im Jahr 2017 wurde bereits festgestellt, dass eine flavonreiche Mischung aus 27 Verbindungen, die aus den Beeren des brasilianischen Pfefferbaums gewonnen werden, die Bildung von Hautläsionen bei Mäusen hemmt, welche mit MRSA infiziert wurden. Der Extrakt wirkt nicht, indem er die MRSA-Bakterien abtötet, sondern indem ein Gen unterdrückt wird, dass es den Bakterienzellen ermöglicht, miteinander zu kommunizieren.
Blockierung der Kommunikation verhindert Freisetzung von Toxinen
Die Blockierung dieser Kommunikation verhindert, dass die Zellen kollektive Maßnahmen ergreifen. Dies hindert die Bakterien im wesentlich daran, Toxine auszuscheiden, mit denen sie das Gewebe schädigen. Das Immunsystem des Körpers hat dann eine bessere Möglichkeit, vorhandene Wunden zu heilen, erläutert die Forschungsgruppe.
So können sich resistente Supererreger entwickeln
Dieser Ansatz unterscheidet sich von der typischen Behandlung, bei der tödliche Bakterien mit Medikamenten vernichtet werden sollen. Dies kann dazu beitragen, dass sich das Problem der Antibiotikaresistenz verschärft. Einige der stärkeren Bakterien überleben diese Arzneimittelbehandlung und vermehren sich, geben ihre Gene an die Nachkommen weiter und führen zur Entwicklung von sogenannten tödlichen Superbakterien.
27 Verbindungen wurden genau analysiert
Für ihre Untersuchung wollten die Forschenden den Umfang der 27 wichtigsten Verbindungen aus den Beeren eingrenzen, um die spezifischen Stoffe zu isolieren, die an der Entwaffnung von MRSA beteiligt sind. Sie verfeinerten die ursprünglichen Verbindungen sorgfältig und testeten jede neue Iteration auf ihre Wirksamkeit auf die Bakterien. Es wurden auch verschiedene Techniken genutzt, um ein klares Bild der Stoffe zu erhalten, die am Antivirulenzmechanismus beteiligt sind.
Drei Triterpenoidsäuren spielten eine wichtige Rolle
Die Ergebnisse der Untersuchung zeigten, dass drei Triterpenoidsäuren die Bildung von Toxinen durch MRSA in einer Petrischale zuverlässig hemmen konnten, ohne dabei menschliche Hautzellen zu schädigen. Eine der Triterpenoidsäuren wirkte besonders gut bei der Hemmung der Fähigkeit von MRSA, Läsionen auf der Haut von Mäusen zu bilden. Außerdem zeigte sich, dass die Triterpenoidsäuren nicht nur ein Gen unterdrückten, welches MRSA zur Ausscheidung von Toxinen verwendet, sondern auch zwei Gene, die an diesem Prozess beteiligt sind.
Warum invasive Wildpflanzen für die Forschung so interessant sind
Gerade Wildkräuter und Wildpflanzen, die sich schnell ausbreiten und andere Arten verdrängen, neigen dazu, interessante chemische Arsenale zu besitzen, mit denen sie sich vor Krankheiten schützen können, damit sie sich in neuen Umgebungen leichter ausbreiten können, berichten die Forschenden.
Weitere Forschung ist geplant
Das Team plant bereits weitere Studien, um die Triterpenoidsäuren als Behandlungsmethoden für MRSA-Infektionen in Tiermodellen zu testen. Wenn diese Untersuchungen vielversprechend verlaufen, wäre der nächste Schritt die Verbindungen auf Wirksamkeit, Verabreichung und Sicherheit zu optimieren, bevor sie dann am Menschen getestet werden können.
Warum es so kompliziert ist Extrakte aus Pflanzen zu isolieren
„Pflanzen sind chemisch so unglaublich komplex, dass das Identifizieren und Isolieren bestimmter Extrakte wie das Herauspicken von Nadeln aus Heuhaufen ist”, berichtet Studienautorin Professorin Cassandra Quave von der Emory University in einer Pressemitteilung. Wenn man in der Lage ist, Moleküle mit medizinischen Eigenschaften aus diesen komplexen natürlichen Mischungen herauszufiltern, wäre dies ein großer Fortschritt für das Verständnis der Wirkungsweise einiger traditioneller Medikamente und für den Fortschritt der Wissenschaft in Richtung eines möglichen Entwicklungsweges für Medikamente, fügt die Expertin hinzu. (as)
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