Herzschwäche: Diabetes-Medikament auch wirksam bei Herzinsuffizienz – Heilpraxis

Diabetes-Medikament bei Herzschwäche wirksam

Die chronische Herzinsuffizienz (Herzschwäche) ist eine der häufigsten Erkrankungen in westlichen Ländern. Allein in Deutschland wird die Zahl der Patientinnen und Patienten auf zwei bis drei Millionen geschätzt. Die Krankheit ist zwar noch nicht heilbar, aber gut behandelbar. Helfen kann dabei auch ein Diabetes-Medikament.

„Dapagliflozin (Handelsname Forxiga) ist seit November 2012 für Erwachsene mit Typ-2-Diabetes-mellitus zugelassen, die ihren erhöhten Blutzuckerspiegel mit Diät und Bewegung nicht ausreichend senken können“, erklärt das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) auf seiner Webseite „gesundheitsinformation.de“. Seit März 2019 kommt die Arznei auch für übergewichtige Erwachsene mit Typ-1-Diabetes-mellitus infrage. Und das Medikament ist auch bei symptomatischer chronischer Herzinsuffizienz mit reduzierter Pumpfunktion wirksam.

Optimierte Standardtherapie festgelegt

Wie das IQWiG in einer aktuellen Mitteilung schreibt, ist der seit 2012 gegen Diabetes Typ 2 zugelassene Wirkstoff Dapagliflozin seit November 2020 auch zur Behandlung von Erwachsenen mit symptomatischer chronischer Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion (Pumpfunktion) des Herzens zugelassen.

In einer frühen Nutzenbewertung hat das IQWiG nun untersucht, welche Vor- und Nachteile dieser Wirkstoff für Menschen mit dieser Erkrankung hat.

Für den Vergleich einer Dapagliflozin-Behandlung hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) eine optimierte Standardtherapie festgelegt; dabei sollte eine Anpassung der leitliniengerechten Basis-/Begleitmedikation an die jeweiligen Bedürfnisse der Betroffenen möglich sein.

Gemäß der Nationalen VersorgungsLeitlinie (NVL) sollen Patientinnen und Patienten mit symptomatischer Herzinsuffizienz und reduzierter Ejektionsfraktion mit einer Kombination aus einem Angiotensin-Converting-Enzyme(ACE)-Hemmer oder einem Angiotensin-Rezeptorblocker (ARB), einem Betablocker und gegebenenfalls einem Mineralokortikoidrezeptor-Antagonisten (MRA) behandelt werden.

Des Weiteren soll Betroffenen, die trotz leitliniengerechter Therapie mit diesen Arzneimitteln weiter Symptome zeigen, ein Wechsel von ACE-Hemmern / ARBs auf Sacubitril/Valsartan empfohlen werden.

Therapeutische Möglichkeiten nicht ausgeschöpft

Der Hersteller legte in seinem Dossier mit der Zulassungsstudie DAPA-HF eine placebokontrollierte randomisierte Parallelgruppenstudie vor mit insgesamt 4.744 Erwachsenen mit symptomatischer Herzinsuffizienz und einer reduzierten Ejektionsfraktion mit leichten bis schweren Einschränkungen der Leistungsfähigkeit (NYHA-Klasse II bis IV).

Die optimierte Vergleichstherapie wurde in der Studie allerdings nur mit Einschränkungen umgesetzt, denn nur ein geringer Anteil der Studienpopulation erhielt die empfohlene Kombination Sacubitril/Valsartan und nur bei wenigen wurde der empfohlene Therapiewechsel von ACE-Hemmern / ARBs auf Sacubitril/Valsartan durchgeführt.

Damit wurden aus heutiger Sicht gemäß der Nationalen VersorgungsLeitlinie bei einem Großteil der Studienpopulation nicht alle therapeutischen Möglichkeiten ausgeschöpft.

Zudem bleibt im Herstellerdossier unklar, für wie viele Patientinnen und Patienten eine Umstellung auf Sacubitril/Valsartan tatsächlich angezeigt gewesen wäre. Daher erreicht die Aussagesicherheit der Daten insgesamt maximal einen Anhaltspunkt.

Weniger (schwere) Nebenwirkungen

Laut dem IQWiG zeigen sich in der Gesamtschau bei einer Dapagliflozin-Behandlung nur positive Effekte: Von den Erkrankten mit leichterer Ausprägung einer chronischen Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion (Schweregrad NYHA-Klasse II) und einer zusätzlichen Behandlung mit Dapagliflozin überlebten mehr als in der Placebogruppe. Bei Patientinnen und Patienten mit höheren Schweregraden zeigte sich dieser Vorteil aber nicht.

Weitere Vorteile einer Dapagliflozin-Behandlung waren seltenere Klinikeinweisungen wegen akuter Herzinsuffizienz sowie weniger (schwere) Nebenwirkungen wie Infektionen. Erkrankungen der Atemwege und des Brustraums (Brustfell und Mittelfell) traten ebenfalls seltener auf, allerdings ist nicht auszuschließen, dass diese Nebenwirkungen gegebenenfalls auch auf die Symptomatik der Grunderkrankung zurückzuführen sind, zum Beispiel Atemnot (Dyspnoe).

Zu den Endpunkten Gesundheitszustand und gesundheitsbezogene Lebensqualität liefert die Zulassungsstudie jedoch keine verwertbaren Daten.

Ergänzungsbehandlung bringt Überlebensvorteil

Zusammenfassend gibt es laut den Fachleuten für Patientinnen und Patienten mit symptomatischer chronischer Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion einen Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen bei einer Behandlung mit Dapagliflozin zusätzlich zur optimierten Standardtherapie im Vergleich zur optimierten Standardtherapie alleine.

„Die Daten deuten darauf hin, dass die Ergänzungsbehandlung mit Dapagliflozin für viele Patientinnen und Patienten mit ausgeprägter Herzinsuffizienz einen Überlebensvorteil und gleichzeitig seltener schwere Nebenwirkungen mit sich bringt“, erklärt Volker Vervölgyi aus dem Ressort Arzneimittelbewertung des IQWiG.

„Wie groß dieser Vorteil tatsächlich ist, lässt sich aber nicht sagen, da in der Zulassungsstudie die deutsche Versorgungslage nicht ausreichend abgebildet ist. Das Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, dass auch in internationalen Studien der lokale Kontext betrachtet wird.“ (ad)

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