Nach der Corona-Pandemie: Fitnessstudios statt Shopping in deutschen Innenstädten?

Der Einzelhandel in den Innenstädten Deutschlands kämpft bereits seit einigen Jahren gegen das boomende Online-Geschäft an.

Denn während die Umsätze in den Filialen stagnieren oder sogar einbrechen, brummt das Geschäft von Online-Giganten wie Amazon und Co. 

Die Lage hat sich durch die beiden Lockdowns deutlich verschlimmert. Vor allem die letzten Wochen zehren an den finanziellen Ressourcen der Läden. 

Aktuelle Berechnungen des Handelsverbandes Deutschland (HDE) ergeben, dass jeder Verkaufstag, der durch den Lockdown verloren geht, die Einzelhändler 700 Millionen Euro kostet.

In einer Woche (Montag bis Samstag) sind das also 4,2 Milliarden Euro Verlust. 

Die Narben dieser Krise werden bereits in diesem Jahr in den Einkaufsstraßen zu sehen sein. Große Ketten planen den Massen-Exodus aus der Innenstadt.

Durch Pleite-Wellen, Insolvenzen und betriebsbedingte Sparmaßnahmen könnte sich die Lage noch zuspitzen. 

Viele Marken wollen sich aus Innenstädten zurückziehen

Vor allem Bekleidungsgeschäfte wollen ihre Filialen zumindest teilweise auflösen. Dazu gehören unter anderem die folgenden Marken:

  • Adler
  • Dielmann
  • Douglas
  • Escada
  • Esprit
  • Flying Tiger
  • Galeria Karstadt Kaufhof
  • H&M
  • Pimkie
  • Topshop
  • Zara
     

Zukunftspläne für leere Filialen

Während Modeketten, Schuhanbieter und Kaufhäuser aus den Innenstädten ziehen, drängen Discounter, Fitnessstudios und auch Möbelketten in die Zentren.

„Wo immer es vom Mietpreisniveau her kappt, versuchen die Discounter in die absoluten 1a-Lagen zu kommen“, erklärt Dirk Wichner, Leiter der Einzelhandelsvermietung Deutschland beim internationalen Maklerkonzern JLL. 

Aldi Süd bestätigt „stadtklar“ zu sein und als Frequenzanker Lücken in der Innenstadt schließen zu wollen. Ähnlich argumentiert auch Aldi Nord. Das Unternehmen bestätigt, „mehr und mehr Märkte an zentralen städtischen Knotenpunkten“ zu realisieren.

Auch Erzrivale Lidl zieht es verstärkt in die Stadt. Das Verbraucherportal ‚CHIP‘ konnte sich bereits das City-Modell in München vor Ort anschauen.

„Wir beschäftigen uns intensiv mit Highstreet-Lagen an Knotenpunkten mit ÖPNV-Anbindung“, sagte Lidl-Immobilienmanager Marek Franz in einem Interview.
 

„One-Stop-Shopping“ liegt im Trend

Der Lebensmittelhandel folgt dabei dem Beispiel der Drogerie-Märkte. dm, Rossmann und Müller hatten sich bereits in den Einkaufsstraßen eingenistet. Experten erklärten, dass Drogerien Inspirationseinkäufe fördern und dadurch in Einkaufspassagen geeignete Kunden dafür finden. 

Die Corona-Krise könnte diesen Trend beschleunigen. Eine aktuelle Studie des Marktforschungsunternehmens IRI ergab, dass viele Personen während der Pandemie „One-Stop-Shopping“ betreiben.

Sie suchen Produkte des Alltags fokussiert dort, wo sie diese auch gesammelt einkaufen können. Lange Fahrtwege, lästige Parkplatzsuche und auch Wartezeiten wollen sie dadurch minimieren. 

Ziehen nun Aldi, Lidl und andere Discounter in die Stadt und in die direkte Nachbarschaft von dm und Rossmann, würden Verbraucherinnen und Verbraucher einen Großteil der Wocheneinkäufe an einem Ort finden.

Somit würden die Discounter den Druck auf Rewe und Edeka, der Hauptprofiteure der Krise, erhöhen.
 

Mini-Malls statt Riesen-Kaufhaus

Die Filialflächen in der Stadt sind für Discounter und kleine Fachgeschäfte zu groß. Daher könnte kleinere Mini-Malls eher zukunftsweisend sein. So könnten in der Innenstadt neben Elektronik, Mode, Bücher auch Küchen, Möbel, Böden, Tierbedarf und Lebensmittel gekauft werden.

Zudem werden Kaufhäuser zu Service-Points. In den Filialflächen gibt es dann Fitnessstudios, Friseure, Nagelstudios, Bowlingbahnen, Restaurants, Kinosäle und Büroräume, die angemietet werden könnten. 

Ein Modell, wie die Zukunft des Einkaufens bei Galeria Karstadt Kaufhof aussehen könnte, hatte der Mutterkonzern Signa bereits erarbeitet.

Die Zukunft des Einkaufens in der Innenstadt ist mehr als nur Mode und Schuhe. Das zeigt auch Ikea. Der schwedische Möbelriese hat bereits ein Planungsbüro in Berlin eröffnet. Dort können ganze Wohnräume geplant und mit Ikea-Produkte bestellt werden.

Ähnliche Konzepte haben Baumärkte in der Schublade liegen. Erste Händler klären derzeit die Verkehrssituation in den Innenstädten, um Pick-Up-Stores einzurichten, erklärt ein Frankfurter Architekturbüro.

Dort sollen Kunden ihre Produkte, die sie online buchen, abholen können. Bei größeren Bestellungen wird die Ware dann am gleichen Tag ausgeliefert.

„Nur zu sagen: Kommt und kauft bei uns Strumpfbänder und nehmt noch ein paar Stifte mit – das wird es nicht mehr sein“, glaubt auch Klaus Müller, Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands. 

Notwendig seien nun kreative Lösungen für „neue Innenstädte“, die Verbraucher neue Dienstleistungen und Angebote ermöglichen. Dabei könnte neben dem Handel auch Gastronomie und Veranstaltungen eine viel größere Rolle spielen als bisher.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Chip.de

Chip.de Redaktion

Das Original zu diesem Beitrag „Nach der Corona-Pandemie: Fitnessstudios statt Shopping in deutschen Innenstädten?“ stammt von FitForFun.

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