Hängen Spermienqualität und Fehlgeburten zusammen?

Etwa eine von fünf Schwangeren erlebt eine Fehlgeburt. Die Ursachen bleiben meist unklar. Wenn überhaupt nach Risikofaktoren gesucht wird, dann meist bei den Frauen. Seit Längerem vermuten Forscher jedoch, dass auch die Qualität der Spermien mitverantwortlich für eine Fehlgeburt sein kann. Für diesen Verdacht liefert eine britische Studie nun neue Hinweise.

Die Forscher des Imperial College London hatten die Spermien von 50 Männern analysiert, deren Partnerinnen mindestens dreimal hintereinander ein Kind vor der 20. Schwangerschaftswoche verloren hatten. Es zeigte sich, dass ihr Sperma etwa doppelt so häufig Schäden am Erbgut aufwies wie die Samenzellen von etwa 60 Männern aus einer Vergleichsgruppe, deren Partnerinnen noch keine Fehlgeburt erlebt hatten.

Frage nach Spermiengesundheit wird vernachlässigt

„Bisher konzentrieren sich Ärzte bei der Suche nach der Ursache für wiederholte Fehlgeburten vor allem auf die Frauen“, sagt Channa Jayasena, Hauptautor der Studie, die im Fachblatt „Clinical Chemistry“ erschienen ist. „Die Gesundheit der Männer – und die ihrer Spermien – wird jedoch vernachlässigt.“

Die aktuelle Untersuchung liefere jedoch weitere Hinweise darauf, dass die Qualität der Spermien nicht nur entscheidend für eine erfolgreiche Befruchtung sei, sondern auch für die Schwangerschaft. Die Studie ist zwar nicht repräsentativ, bestätigt aber vorhergehende Untersuchungen. So hatten Forschungen gezeigt, dass die Samenzellen eine wichtige Rolle bei der Bildung der Plazenta spielen, die den Fötus mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt.

Als eine Fehlgeburt gilt der Verlust eines höchstens 500 Gramm schweren Ungeborenen. Ab einem höheren Gewicht ist die Rede von einer Totgeburt. Das Risiko für eine Fehlgeburt ist in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen besonders hoch. Für viele Frauen geht der Kinderwunsch nach einer Fehlgeburt doch noch in Erfüllung. Einige erleiden jedoch mehrere Fehlgeburten hintereinander, Mediziner sprechen dann von einem habituellen Abort. Schätzungen zufolge sind etwa drei Prozent aller Paare betroffen.

Die Gründe für eine Fehlgeburt sind vielfältig, gleichzeitig lässt sich die Ursache häufig nicht klären. Mitunter ist eine Fehlentwicklung des Embryos die Ursache, aber auch Alkoholkonsum der Mutter und Stress können eine Fehlgeburt begünstigen, heißt es in der Leitlinie zur Behandlung von Frauen, die mehrfach hintereinander eine Fehlgeburt erleiden. Weitere Risikofaktoren sind Fehlbildungen der Gebärmutter, Chromosomenauffälligkeiten, hormonelle Störungen oder Autoimmunerkrankungen.

Infektionen, Alter, Übergewicht

Eine Spermaanalyse wird in der Leitlinie bisher nicht empfohlen, dabei könnte diese vielen Paaren helfen, schreiben die britischen Forscher. Schätzungen zufolge bleibt in Deutschland fast jedes zehnte Paar zwischen 25 und 59 Jahren ungewollt kinderlos.

Die aktuelle Studie liefert auch Hinweise, welche Faktoren die Qualität der Spermien mindern. Demnach fanden sich im Sperma der Männer, deren Partnerinnen von Fehlgeburten betroffen waren, vermehrt sogenannte Reaktive Sauerstoffspezies (ROS). Vereinfacht werden diese auch als Sauerstoffradikale bezeichnet. Diese werden laut den Forschern in der Samenflüssigkeit gebildet und sollen die Spermien vor Bakterien und Infektionen schützen.

In erhöhter Konzentration können sie jedoch die Spermazellen erheblich schädigen und damit den Forschern zufolge auch die Ursache für die vermehrten Erbgutschäden in den Spermien sein.

Warum das Sperma der untersuchten Männer mehr Sauerstoffradikale enthielt als im Durchschnitt, ist unklar. Eine Ursache könnten vorhergehende Infektionen sein, beispielsweise mit Chlamydien, auch wenn keiner der Probanden positiv auf Infektionen getestet wurde. „Allerdings könnten von früheren Infektionen noch Keime in der Prostata verblieben sein“, sagt Jayasena.

Auch das Gewicht und das Alter könnten sich der Studie zufolge auf den Erfolg der Schwangerschaft auswirken. So waren die Männer, deren Frauen von einem Abort betroffen waren, im Schnitt sieben Jahre älter und häufiger übergewichtig als die Männer in der Vergleichsgruppe.

Die Forscher wollen nun herausfinden, ob auch diese Faktoren zu einer erhöhten Konzentration von Sauerstoffradikalen führen. „So können wir womöglich Therapien entwickeln, die die Konzentration dieser Moleküle reduzieren und die Chance auf eine gesunde Schwangerschaft erhöhen“, schreiben die Forscher.

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