Warum uns Schenken manchmal so stresst

Und, haben Sie schon alle Geschenke? Eine Frage, die bei dem ein oder anderen so kurz vor Weihnachten sicher nervöses Augenzucken oder Herzrasen auslöst. Der Geschenkekauf gehört für viele von uns zu den unliebsamen – und stressigsten – Angelegenheiten. Vor allem, wenn sich das Jahr dem Ende zuneigt. Und trotzdem wiederholen wir jedes Jahr aufs Neue den Marathon durch Online-Shops oder Einkaufszentren, um für jeden geliebten Menschen das passende Geschenk zu finden. Aber warum machen wir uns mit dem Schenken eigentlich so einen Stress?

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Eine Ursache dafür liegt in unserer Sozialisation. In westlichen Ländern wachsen die meisten Menschen mit dem kapitalistisch geprägten Bild auf, dass man sich seine Zuneigung eben auch durch materielle Dinge zeigt. Der Schenkexperte Friedrich Ross hat das im Gespräch mit den "Stuttgarter Nachrichten" einmal so erklärt: "Mit dem Schenken ist eine besondere Wertschätzung verbunden, die es im Laden nicht zu kaufen gibt. Man macht damit Beziehungen exklusiv, weil man die Menschen auswählt, die man beschenken möchte."

Geschenke als Kommunikationsform

Schenken ist also auch immer mit einer gewissen Erwartungshaltung verknüpft. Indem wir unseren Lieblingsmenschen ein Geschenk machen, wollen wir ihnen eine Botschaft übermitteln und erhoffen uns eine entsprechende Reaktion. Das ist übrigens eine Form der zwischenmenschlichen Kommunikation, die tief in unserer Spezies verwurzelt ist und unser gesamtes Miteinander prägt.

Der US-amerikanische Soziobiologe Robert Trivers hat bereits in den 90er Jahren die Theorie des "reziproken Altruismus" aufgestellt. Diese Theorie beschreibt, dass Hilfeleistungen und Geschenke immer auf Gegenseitigkeit beruhen. Wenn wir jemandem ein Geschenk machen, dann lösen wir bei dem Beschenkten das Bedürfnis aus, uns etwas zurückzugeben.

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Die Soziologin Elfie Micklautz bringt das Konzept im Gespräch mit der "Deutschen Welle" wie folgt auf den Punkt: "Wenn ich jemandem etwas schenke, dann erwarte ich mir implizit, dass das in irgendeiner Weise beantwortet wird. Und sei es nur mit einem 'Danke'.“ Und auch Schenkexperte Ross hält uns keineswegs für reine Altruisten, aber: “Unsere Religion hat uns beigebracht, dass Geben seliger macht als Nehmen."

Wie Geschenke wirklich Freude bereiten

Mit einem Geschenk in der Hand stehen wir also auch selbst gut da. Vor allem dann, wenn das Geschenk dem Beschenkten wirklich sichtlich Freude bereitet. Also setzen wir uns damit oft selbst unter Druck, die ausgefallensten oder teuersten Präsente unter den Weihnachtsbaum zu legen. Unsere Belohnung: Der kurze Freudenmoment beim Auspacken und die illusorische Gewissheit, dem Beschenkten sein Leben bereichert zu haben. Es geht also auch darum, uns selbst einen Moment der Anerkennung zu verschaffen.

"Es ist genau dieser Moment der Übergabe, auf den wir uns bei Schenken nicht so fokussieren sollten, wie wir das in der Regel tun", sagt die Sozialpsychologin Janina Steinmetz im Gespräch mit dem "Deutschlandfunk". Es gehe vielmehr um den langfristigen Nutzen für den Beschenkten und die persönliche Note des Präsents. Laut Soziologin Micklautz zeichnet ein solches Geschenk vor allem aus, dass es einen echten Wunsch des Beschenkten erfüllt oder einen Hinweis auf die besondere zwischenmenschliche Beziehung beinhaltet.

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Wie wir Enttäuschungen vermeiden

Statt uns den Stress zu machen, von Laden zu Laden zu rennen, um das vermeintlich passende Geschenk für unsere Liebsten zu suchen, kommt es also eher darauf an, dass wir den wichtigen Menschen in unserem Leben gegenüber aufmerksam sind und zuhören, welche Wünsche sie wirklich haben. Etliche Studien zeigen, dass es beim Schenken nicht darauf ankommt, dass es möglichst pompös ausfällt. Sondern darum, die Verbindung zum Beschenkten zu stärken.

Oft sind es nämlich gerade die kleinen Dinge, die als Geschenk am meisten Freude bereiten. Und, Sie kennen es bestimmt selbst, am schönsten ist es, wenn man merkt, dass der Schenker sich wirklich Gedanken gemacht hat. Und bevor das jetzt auch im Stress ausartet: Studien zeigen, dass Menschen sich neben gemeinsamen Erlebnissen am ehesten über die Dinge freuen, die sie sich wirklich wünschen. Und es ist noch genug Zeit, einfach nachzufragen. Das klingt im ersten Moment zwar unromantisch, erspart aber enttäuschte Gesichter vor dem Weihnachtsbaum – und zwar auf beiden Seiten.

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