Spahn: „Kein Wildwest mehr beim Bonus“

Die Apotheken vor Ort haben gerade in der Coronakrise unter Beweis gestellt, wie wichtig sie für die flächendeckende Arzneimittelversorgung, aber auch als niedrigschwellige Anlaufstelle im Gesundheitswesen sind – eben „unverzichtbar“.  Das war einhelliger Konsens bei der heutigen Bundestagsdebatte zum Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz. Doch ob der jetzt eingebrachte Gesetzentwurf die Apotheken wirklich stärkt, bleibt umstritten. Zumindest in Union und SPD ist man guten Mutes, dass er europa- und verfassungsrechtlich sicher ist.

Knapp 14 Monate nachdem das Kabinett den Entwurf für das Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz (VOASG) beschlossen hat, war es heute soweit: Die erste Lesung im Deutschen Bundestag stand an. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) startete die Debatte mit einem „großen Dankeschön“ für die Apothekerinnen und Apotheker, PTA und sonstigen Mitarbeiter der Vor-Ort-Apotheken, die in den vergangenen Wochen eine „Wahnsinnsarbeit“ geleistet hätten. Sie standen bereit für die Patienten und sorgten dafür, dass auch bei Knappheit – etwa bei Desinfektionsmitteln – eine gute Versorgung sichergestellt werden konnte.

Papierrezept ist 80er

Das Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken, so Spahn, sei eines, bei dem der Name tatsächlich Programm ist. So sollen zusätzliche Dienstleistungen über die Abgabe von Arzneimitteln hinaus vergütet werden. Zudem wolle man die Apotheken bei der Digitalisierung unterstützen. Die derzeitige Papierrezept-Praxis gehört für Spahn eher in die „80er Jahre des letzten Jahrhunderts als die 20er dieses Jahrhunderts“. Das E-Rezept sei bereits angestoßen – mit dem VOASG wolle man nun einen weiteren Rahmen setzen. Wichtig sei, dass es klare Regeln gibt und der Patient entscheidet, welche Apotheke sein Rezept bekommt. Nicht zuletzt versprach der Minister fairen Wettbewerb bei den Preisen: „Kein Wildwest mehr beim Bonus“ – vor allem wenn die Gesetzliche Krankenversicherung zahlt. Nach dem EuGH-Urteil von 2016 sind Rx-Boni nur ausländischen Versendern möglich. Inländische Apotheken könnten und wollten diese nicht anbieten – „und wir als Koalition wollen das auch nicht“, so Spahn.

Dittmar: Trotz Horrorszenarien keine signifikanten Marktverschiebungen

Sabine Dittmar, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, erklärte ebenfalls, dass die im VOASG geplanten Regelungen „richtig und wichtig“ seien. Wenngleich sie auch konstatierte, dass nun schon vier Jahre seit besagter EuGH-Entscheidung vergangenen seien und in dieser Zeit trotz heraufbeschworener Horrorszenarien keine signifikanten Marktverschiebungen stattgefunden hätten. Nach wie vor habe der Versandhandel einen Rx-Anteil von rund 1 Prozent. Das liege daran, so Dittmar, dass die Bürger ihre Vor-Ort-Apotheken schätzen. Dennoch: Das VOASG ist für Dittmar allemal besser als ein Rx-Versandhandelsverbot, dem sie „nicht viel abgewinnen“ kann. Es müsse wieder gleich lange Spieße zwischen EU-Versendern und inländischen Apotheken geben. Die SPD-Politikerin ist überzeugt, dass nach den vielen Gesprächen zwischen dem Bundesgesundheitsministerium und der EU-Kommission in den vergangenen Monaten die europarechtlichen Probleme ausgeräumt seien. Ein zweites Maut-Desaster erwartet sie daher nicht.

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