RSV-Impfstoff für Schwangere zur Zulassung empfohlen

Mit Spannung wird ein Impfstoff gegen RSV (Respiratory Syncytial Virus) für den Schutz von Säuglingen erwartet. Eine Zulassungsempfehlung der EMA rückt diesen nun in greifbare Nähe: Geimpft werden sollen mit Abrysvo von Pfizer bald Schwangere und Erwachsene ab 60 Jahren. Aber auch sonst gibt es viel Bewegung in der Entwicklung von RSV-Prophylaktika.

Die S2k-Leitlinie „Prophylaxe von schweren Erkrankungen durch Respiratory Syncytial Virus (RSV) bei Risikokindern“ befindet sich derzeit in Überarbeitung und ist noch bis zum 30. August 2023 gültig. Das scheint gerade passend, da sich in der Prophylaxe von RSV-Erkrankungen zuletzt weltweit viel bewegt hat. 

Schon lange steht in der Leitlinie, dass die Prävention von RSV-Erkrankungen durch eine aktive Immunisierung „wünschenswert“ wäre, „bisher ist die Etablierung einer aktiven Impfung jedoch nicht gelungen“. Dieser Satz dürfte nun bei der Überarbeitung aus der Leitlinie gestrichen werden.

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Dass es so weit kommen würde, hoffte man schon 2017, zu diesem Zeitpunkt wurden laut Leitlinie 14 aktive Impfstoffe gegen RSV in klinischen Studien untersucht. Demnach wurden „unterschiedliche Impfstoff-Typen, wie attenuierte Lebendimpfstoffe und nicht-replikationsfähige Komponenten-Impfstoffe, z.B. Subunit-Impfstoffe oder Gen-basierte Vektorimpfstoffe“ untersucht – und: Das „Konzept der maternalen Impfung im letzten Trimester der Schwangerschaft“ wurde schon damals als „besonders interessant“ beschrieben. Denn vor allem Säuglinge in den ersten sechs Lebensmonaten sind durch RSV bedroht [1].

Die Hoffnungen werden nun offenbar bald erfüllt, denn die europäische Arzneimittelbehörde EMA hat vergangenen Freitag – nach einem beschleunigten Verfahren – eine Zulassungsempfehlung für den ersten RSV-Impfstoff ausgesprochen, der sowohl Säuglinge bis zum Alter von sechs Monaten als auch Erwachsene ab 60 Jahren vor Erkrankungen schützen soll [2].

Was verbirgt sich hinter dem neuen RSV-Impfstoff Abrysvo?

Kommt der neue RSV-Impfstoff in der EU bald tatsächlich auf den Markt, wird er unter dem Handelsnamen Abrysvo allerdings nicht Säuglingen verabreicht werden, sondern deren Müttern während der Schwangerschaft. Denn, werden durch den Impfstoff neutralisierende Antikörper gebildet, passieren diese die Plazenta und bieten dem Säugling bis zu sechs Monate nach der Geburt einen Nestschutz.

Abrysvo ist ein bivalenter Subunit-Impfstoff, der aus zwei rekombinanten RSV-Fusionsoberflächen-Glykoproteinen besteht. So soll der Impfstoff sowohl gegen RSV-A- als auch RSV-B-Stämme schützen. Ihre Zulassungsempfehlung stützt die EMA auf zwei randomisierte Placebo-kontrollierte Zulassungsstudien – eine für den Schutz der Kinder und eine für Erwachsene.

Zum Schutz der Kinder wurden in einer Studie 3.695 Schwangere in der 24. bis 36. Schwangerschaftswoche mit Abrysvo geimpft. 3.697 Schwangere erhielten ein Placebo. Im Ergebnis reduzierte der Impfstoff bei den anschließend geborenen Kindern wirksam 180 Tage lang (schwere) Erkrankungen der unteren Atemwege.

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In der anderen Studie wurden 18.488 Erwachsene über 60 Jahren mit Abrysvo geimpft. 18.479 erhielten ein Placebo. Abrysvo hat bei den Geimpften zu einer Verringerung von RSV-assoziierten Erkrankungen der unteren Atemwege geführt.

Schmerzen an der Impfstelle, Kopf- und Muskelschmerzen zählen zu den am häufigsten berichteten Nebenwirkungen [2].

Abrysvo in den USA bereits für Erwachsene zugelassen

Antragsteller der Abrysvo-Zulassung ist die Firma Pfizer. Abrysvo soll als Pulver zur Herstellung einer Injektionslösung auf den Markt kommen [3]. In den USA hat die Arzneimittelbehörde FDA bereits im Mai dieses Jahres eine Zulassung für Abrysvo ausgesprochen – allerdings nur für Erwachsene ab 60 Jahren. Einer Mitteilung zufolge will Pfizer den Impfstoff auch für jüngere Altersgruppen prüfen [4]. Für Schwangere und deren Kinder wurde ebenfalls bereits eine US-Zulassungsempfehlung für Abrysvo ausgesprochen, die tatsächliche Zulassung wird aber erst für August 2023 erwartet [5].

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Wann kommt der erste RSV-Impfstoff?

Einen Schritt weiter als Pfizer für Europa – zumindest bei der Indikation ab 60 Jahren – ist bereits die Firma Glaxo Smith Kline (GSK). Sie ist Zulassungsinhaber des in der EU bereits zugelassenen RSV-Impfstoffs mit dem Handelsnamen Arexvy [6]. Arexvy enthält zwar wie Abrysvo ein Fusionsoberflächen-Glykoprotein (RSVpreF3), allerdings ist Arexvy monovalent und adjuvantiert – und eben erst ab 60 Jahren zugelassen. Die Markteinführung von Arexvy wurde für die kommende RSV-Saison 2023/2024 angekündigt [7].

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Bereits seit vergangenem Jahr in Europa zugelassen, aber auch noch nicht auf dem Markt ist der Antikörper Nirsevimab unter dem Handelsnamen Beyfortus zur aktiven RSV-Prävention bei Babys. Lediglich Palivizumab (unter dem Handelsnamen Synagis), ein weiterer präventiver Antikörper, kann schon lange verordnet werden, bietet gegenüber Nirsevimab aber gewisse Nachteile – etwa in der Anwendungshäufigkeit.

Etablierung von Abrysvo in der Praxis noch fraglich?

Wie sinnvoll sich Abrysvo von Pfizer in der Praxis – auch gegenüber Wirkstoffen wie Nirsevimab – erweisen könnte, hielten im Frühjahr noch manche Expert:innen für fraglich. Dr. Roland Elling, pädiatrischer Infektiologe am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin vom Universitätsklinikum Freiburg, merkte gegenüber dem Science Media Center zudem hinsichtlich des Sicherheitsprofils am 5. April 2023 an: 

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