Nie mehr Duschgel: Warum ich mich mit Apfelessig wasche und es meiner Haut noch nie so gut ging

Es gibt ja diese Ratschläge, die man mit Verwunderung zur Kenntnis nimmt. Dieser hatte eine Vorgeschichte. Ich hatte einen Allergietest machen lassen, jetzt stand die Auswertung an. Getestet worden war ich auf Konservierungsmittel und Duftstoffe, wie sie häufig in Salben, Cremes, Duschgels und Shampoos vorkommen. Denn in den Wochen davor hatte sich meine Haut in ein einziges Schlachtfeld verwandelt. Sie war plötzlich rot, juckte und nässte.

Ja, ich habe schon immer empfindliche Haut, leide an Neurodermitis, aber so schlimm war es noch nie. An manchen Tagen waren meine Hände und Arme überzogen von dicken mit Wasser gefüllten Pusteln. Es sah aus, als hätte ich mich in Brennnesseln gelegt. Allergietests habe ich schon viele gemacht in meinem Leben, meistens kam nichts dabei raus. Deswegen war ich auch diesmal sehr skeptisch Aber plötzlich war alles anders. Dort wo auf meinem Rücken die Testsubstanzen aufgebracht worden waren, war plötzlich fast alles rot. Meine Ärztin sagte: "Es ist einfacher, ich sage Ihnen, wogegen Sie nicht allergisch sind." Es war kein Scherz, sie meinte es ernst.

Sie läuft. Er rennt.


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Dann diktierte sie ihrer Assistentin: Lyral, Sorbitansequioleat, N-Isoprophyl-N-Phenyl4-Phenylendiamin. Ein unaussprechlicher Name reihte sich an den nächsten. Die Stoffe hatten eines gemeinsam: Sie stecken allesamt als Zutaten in Cremes, Salben, Duschgels und Shampoos. Zum Beispiel auch in der einen sehr teuren Salbe, die ich vor einiger Zeit in der Apotheke gekauft hatte. "Allergiegetestet" stand auf der Packung. Der Stoff steckt auch in dem Duschgel, das speziell für trockene Haut sein sollte – und damit wirbt, für Neurodermitiker bestens geeignet zu sein. So seifte ich mich jedes Mal, wenn ich meiner Haut etwas Gutes tun wollte, mit dem reizenden Stoff ein. Das war ähnlich sinnvoll, wie wenn sich ein Pollenallergiker in eine Blumenwiese legen würde. Und weil meine Haut immer trockener wurde, cremte ich sie immer mehr ein. Was sie dann nur noch trockener und gereizter machte. Ein Teufelskreis.

Womit kann ich mich waschen, wenn ich allergisch bin?

Und jetzt? Was bedeutete das für mich? Womit sollte ich in Zukunft duschen? Ich begann Etiketten zu lesen und musste hoffen, dass darauf die enthaltenen Stoffe auch wirklich alle aufgelistet sind. Manchmal sind sie es nicht, wie ich schnell lernte. Sie können zum Beispiel Bestandteil einer fertigen Mischung sein, die dann als solche gekennzeichnet wird.

Wir leben inzwischen in einer Welt, die voll ist mit künstlichen Duftstoffen und Konservierungsmitteln. Klar, ein Duschgel steht wochenlang im Regal, es muss haltbar sein. Außerdem soll es ja auch gut riechen. Frisch nach Apfel, herb nach Sandelholz oder was sonst gerade angesagt ist. Und wir waschen und pflegen unsere Haut so viel wie vermutlich keine Generation vor uns. Ich treibe viel Sport, also dusche ich natürlich auch viel.

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Als der Grad meiner Verzweiflung hoch war über die Frage, wie ich in Zukunft nicht nach Schweiß rieche, aber gleichzeitig meine Haut nicht endgültig ruiniere, traf ich für ein Interview die Hautärztin und Bestsellerautorin Yael Adler. Im Gespräch sagte sie: "20 Prozent der Hautkrankheiten sind selbst gemacht. Gereizte Gesichtshaut, trockene Hände oder Juckreiz am Po. Gerade da denken die Leute, dort müssten sie noch gründlicher waschen. Damit schaden sie aber der Haut, weil Seife auf Dauer stark reizt."

Wer seift, stinkt!

Yael Adler hatte einen radikalen Vorschlag für mich. "Man muss wissen, dass auf unserer Haut Bakterien sitzen, die davon leben, die Bestandteile unserer Haut und Schweißpartikel zu zersetzen. Daraus entsteht der Körpergeruch. Ich rate deswegen dazu, eine möglichst steinzeitliche Hautbarriere wiederherzustellen." Und wie das funktioniert, erklärte sie mir dann auch gleich noch: "Zum Waschen könnte man auch Essigwasser nehmen. Also einen Liter Wasser mit ein bis zwei Löffeln Apfelessig versehen und damit dann die entsprechenden Stellen abreiben. Mehr braucht man nicht." Die Theorie dahinter: Der pH-Wert des Essigs ist gut für unsere Haut und lässt vor allem die wichtigen Bakterien überleben. Das sogenannte Mikrobiom kann so gedeihen und die Haut bleibt gesund.

Ich tat mir wirklich schwer mit dem Gedanken, auf Seife und Co. zu verzichten. Aber meine Verzweiflung war groß genug, um es doch auszuprobieren. Meinen Einwand: Da stinkt man doch nach zwei Tagen, konterte Adler mit: "Nein, das ist ein Irrglaube. Wir Menschen haben von Natur aus einen dezenten, fast nicht wahrnehmbaren Geruch. Zumindest wenn die Bakterienbesiedlung stimmt."

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Also ging ich ins Reformhaus, kaufte naturtrüben Bio-Apfelessig. Hergestellt aus ganzen Äpfeln, wie auf der braunen Flasche stand. Mischte zu Hause Wasser und Essig zusammen und duschte mich damit. Seit fast drei Monaten mache ich das. Meine Haare wasche ich ebenfalls so, Duschgel und Shampoo habe ich nicht mehr.

Ausgerechnet als ich mit dem Experiment begann, war es in Hamburg richtig warm. Ich fürchtete also bald schlimm zu stinken. Aber es passierte nicht. Mit der Zeit konnte ich sogar auf Deo verzichten. Und sogar nach einer Runde Laufen roch ich nicht mehr als sonst auch. Einen Rückfall gab es allerdings. Plötzlich juckte wieder alles, vor allem im Gesicht. Ich konnte es mir gar nicht erklären. Dann schaute ich mir die Flasche des neu gekauften Apfelessigs genauer an. Klein gedruckt stand unten auf dem Etikett: Enthält Konservierungsstoffe. Weil ich mir den zusätzlichen Weg ins Reformhaus sparen wollte, hatte ich beim letzten Einkauf einfach im Supermarkt ins Regal gegriffen. Nun weiß ich, dass konventionell hergestellter Apfelessig Zusatzstoffe haben darf – und dass meine Haut die überhaupt nicht mag.

Auch feste Shampoos sind sehr hautfreundlich

Inzwischen geht es ihr auch wieder so gut, dass ich ab und zu mit festem Shampoo und Seife aus dem Reformhaus duschen kann. Denn die sind auch sehr mild und enthalten wenig Konservierungs- und Zusatzstoffe. Yael Adler war nun auch zu Gast in unserem Podcast "Sie läuft. Er rennt". Den Link zur Folge finden Sie am Anfang des Artikels. Sie erklärt noch einmal, wie gesunde Hautpflege auch für Läuferinnen und Läufer funktioniert.

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