In den USA herrscht eine regelrechte Opioid-Epidemie. Rund 19 Millionen US-Amerikaner sind süchtig nach Medikamenten, 128 Menschen in dem Land verlieren täglich aufgrund des Missbrauchs von Schmerzmitteln ihr Leben. Ein junger Mann aus Dilliner im Bundesstaat Pennsylvania kämpfte laut eigenen Aussagen 18 Jahre lang gegen die Sucht, bis er sich für einen radikalen Schritt entschied: Er ließ sich am Gehirn operieren.
Die Tiefe Hirnstimulation (THS) ist ein neurochirurgischer Eingriff in das Gehirn, der für die Behandlung bestimmter neurologischer Erkrankungen wie Parkinson, Tremor und Epilepsie zugelassen ist. In den frühen 1990er Jahren wurde eine ähnliche Operation bei dem Schauspieler Michael J. Fox aufgrund dessen Parkinson-Erkrankung durchgeführt. Als Hilfe gegen eine Suchterkrankung ist der Eingriff allerdings noch ein Novum.
Schaltzentrale im Kopf
Ich denke, also bin ich – so funktioniert unser Gedächtnis
Die Tiefe Hirnstimulation konfiguriert das Gehirn neu
Der US-Amerikaner war der erste, der sich dieser Operation aufgrund seiner Drogensucht unterzog – und auch nur, weil er seinen Angaben nach bisher alles versucht hatte, um von dieser loszukommen. Zuvor habe er durch Therapien, Selbsthilfegruppen und Substitutionsmittel versucht, von seiner Sucht loszukommen. Er habe es aber nie geschafft, länger als ein paar Monate mit den Drogen aufzuhören.
Die Schmerzmittelabhängigkeit des Mannes habe kurz nach einer Schulterverletzung begonnen, die er sich beim Football-Training an der Highschool zugezogen hatte. Schon kurze Zeit später habe er eine Monatspackung an Opioiden binnen fünf Tagen verbraucht – bis er seinen Job verlor und auf das günstigere Heroin umgestiegen sei.
Nachdem die Ärzte am Rockefeller Neuroscience Institute der West Virginia University ihm eine Art "Hirnschrittmacher" eingesetzt und eingeschaltet haben, sollen seine Gelüste nach dem Rausch nun tatsächlich gestillt worden sein. Doch wie soll das funktionieren?
Elektroden kontrollieren Verlangen
Ali Rezai, der operierende Neurochirurg, begann damit, dem Mann Bilder von verschiedenen Drogen zu zeigen und dokumentierte die Signale, mit denen sein Gehirn reagiert hatte. Danach wurden dem Patienten zwei Löcher in den Hinterkopf gebohrt und Elektroden eingesetzt, die mit einer Art Herzschrittmacher unter seinem Schlüsselbein verbunden waren. Dieser sendet Signale an sein Gehirn.
"Wir sind in der Lage, das Verlangen aus seinem Gehirn zu stimulieren und zu blockieren", sagte Rezai kurz vor der Operation zu "Business Insider". Der Patient war während des Eingriffs wach.
Seit fast zwei Jahren clean
Heute soll der Mann seit knapp zwei Jahren clean sein. Er ist damit zum Vorreiter für eine experimentelle Behandlung geworden, die im Kampf gegen die Opioid-Epidemie eingesetzt werden könnte. Kürzlich wurde dem Patienten ein weiteres Gerät eingesetzt, das elektrische Signale in seinem Gehirn aufzeichnet und den Neurowissenschaftlern Live-Daten aus dem Schrittmacher liefert.
"Wir sind von diesem Ergebnis selbst positiv überrascht", sagte Ali Rezai gegenüber "The Times". "Es übertrifft sogar unsere ursprünglichen Erwartungen."
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