Kinderarzt meint: „Wer mit Corona nur leicht Husten und Schnupfen hat, kann ruhig zur Arbeit gehen“

Die Isolationspflicht hat nun deutschlandweit ein Ende. Die Regierung appelliert stattdessen an die Eigenverantwortung jedes Einzelnen, mit einer Infektion daheim zu bleiben. Kinderarzt-Sprecher Jakob Maske findet, dass Corona-Infizierte mit Erkältungssymptomen ruhig zur Arbeit gehen können.

Eine breite Bevölkerungsimmunität, niedrige Infektionskrankheiten und milde Krankheitsverläufe haben dem Coronavirus in den vergangenen Wochen und Monaten den Schrecken genommen.

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Nach dem bundesweiten Ende der Maskenpflicht in Bussen und Bahnen und der Abschaffung nahezu aller Corona-Maßnahmen in den Bundesländern, ziehen nun auch Berlin und Brandenburg als letzte Bundesländer nach. Seit Montag fällt die Isolationspflicht auch hier weg – Menschen mit positiven Corona-Test müssen sich entsprechend nicht länger fünf Tage zu Hause isolieren. Während die einen den Neuregelungen mit Erleichterung entgegenblicken, zweifeln die anderen an der Eigenverantwortung der Bevölkerung im Umgang mit dem Virus.

In mehreren Bundesländern war die Isolationspflicht bereits im November weggefallen, unter anderem in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen müssen sich Corona-Infizierte seit Anfang des Monats nicht mehr isolieren. Stattdessen wird auf die Eigenverantwortung der Bevölkerung gesetzt. Betroffenen wird dringlich geraten, weiter zu Hause zu bleiben, den Kontakt zu anderen Menschen zu reduzieren und diese durch Abstandhalten und Maskentragen zu schützen.

Berliner Kinderarzt trifft deutliche Aussage über Corona-Erkrankung

Jakob Maske, Berliner Kinderarzt und Pressesprecher des Berufsverbands für Kinder- und Jugendärzte, sieht das Corona-Thema insgesamt recht entspannt. Im Interview mit rbb erklärt Maske, dass es in Ordnung sei „bei einem einfachen Husten oder Schnupfen (trotz positiven Corona-Test) zur Arbeit zu gehen“.

Lediglich schwer erkrankte Personen sollten „natürlich zuhause bleiben“. Wie Maske erläutert, reihe sich Corona bereits in die Reihe herkömmlicher Erkältungsinfekte ein, wie die Symptomatiken verdeutlichten. Mögliche negative Konsequenzen der Lockerungen sehe er keine. Es sei „in Ordnung, dass man die Isolationspflicht jetzt aufhebt“, sagt Maske.

Mit seiner entspannten Haltung steht der Mediziner nicht allein da. Auch Sven Gläser, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin – Pneumologie und Infektiologie am Vivantes-Klinikum Neukölln, geht von keinen größeren Folgen durch das Auslaufen der Isolationspflicht aus. Der Deutschen Presse-Agentur (dpa) sagt der Mediziner: „Ich erwarte keinen großen Knall. Es wird sich wahrscheinlich nicht so viel ändern.“

Er gehe davon aus, dass bereits in den vergangenen Wochen viele Ansteckungen unentdeckt blieben oder zumindest nicht durch einen Test nachgewiesen wurden. „Wenn sich Menschen kaum mehr testen, isolieren sie sich auch nicht. Die Vorgaben wurden in der jüngsten Zeit also vermutlich ohnehin nicht mehr strikt eingehalten“, erklärt Gläser.

Zu dem Schluss kommt der Mediziner auch in Anbetracht der Daten aus dem Corona-Lagebericht des Senats: Dort hätten sich die Kurven für die Inzidenz, die auf den offiziell gemeldeten Fallzahlen beruht, und die Sars-CoV-2-Werte im Abwasser in den vergangenen Wochen deutlich entkoppelt. „Die Inzidenz blieb niedrig, aber das Abwasser ließ zeitweise ein stärkeres Infektionsgeschehen vermuten.“

Virus nach wie vor ansteckend und für Risikogruppen gefährlich

Wie Gläser weiter ausführt, zeige sich der Effekt der breiten Bevölkerungsimmunität auch im Krankenhaus. „Patientinnen und Patienten mit einer schweren Covid-19-Lungenentzündung sind inzwischen fast eine Rarität. Viele Infizierte können mittlerweile auf Normalstationen versorgt werden“, erklärt der Mediziner.

Dennoch bleibt das Virus aus medizinischer Sicht ansteckend und für Risikogruppen gefährlich. „Auch wenn sich Infizierte nun nicht mehr verpflichtend isolieren müssen, so sollten sie sich doch von Risikogruppen wie älteren Menschen oder Patientinnen und Patienten mit Tumorerkrankungen fernhalten. Man sollte dann unbedingt auf Besuche von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen verzichten“, betont Gläser.

Laut Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit zählen zu den Risikofaktoren nach wie vor:

  • Vorerkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems und der Lunge
  • Lebererkrankungen
  • Diabetes
  • Krebs
  • ein geschwächtes Immunsystem z.B. durch Medikamente wie Kortison
  • starkes Übergewicht und
  • eine durch Rauchen belastete Lunge

Besonders gefährdet für einen schweren Verlauf sind zudem Menschen über 60 Jahre und jene, die bereits von Vorerkrankungen betroffen sind.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisierte die Verkürzung der Schutzmaßnahmen – speziell hinsichtlich Masken- und Testpflichten. „Allein dieses Jahr zählt schon jetzt 4600 Corona-Tote“, sagte Vorstand Eugen Brysch dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Seit Monaten sorgten Bund und Länder dafür, dass das letzte Schutzschild für schwer kranke, pflegebedürftige und hochbetagte Menschen immer schwächer werde.

Menschen sollen vernünftig bleiben

Gläser appelliert an die Eigenverantwortung jedes Einzelnen. So sollten Infizierte immer noch größere Veranstaltungen wie Konzerte meinen. „Ein Spaziergang allein hingegen ist kein Problem.“ Lasse sich Kontakt mit Gesunden nicht vermeiden, so sei für Infizierte das Tragen einer Maske „eine Mindestmaßnahme“, sagt Gläser. „Wenn die Menschen vernünftig sind, findet sich mit der Zeit auch ohne die Pflicht zur Isolation ein Mittelweg.“

Für den Krankenhausbetrieb beim landeseigenen Klinikkonzern Vivantes gelte erst einmal weiter, dass Corona-Infizierte isoliert werden. „Ich halte das auch noch für sinnvoll. Man wird das weitere Vorgehen aber sicherlich kontinuierlich überdenken“

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