Ist ein „evolutionärer Überlebensinstinkt“ die Ursache für Alzheimer? Forschende aus Colorado kommen in einer neuen Untersuchung zu dieser Erkenntnis. Dabei spielt Fruktose eine entscheidende Rolle. Was dahintersteckt und wie eine Expertin die neue Studie einordnet.
Mehr als 1,8 Millionen Menschen in Deutschland leiden an Demenz, die meisten an der speziellen Form Alzheimer. Die Krankheit gilt als unheilbar. In zahlreichen Studien wird deshalb an Ursachen und Behandlungen geforscht.
In einer aktuellen Untersuchung der University of Colorado betrachten die Forschenden Alzheimer als potentielle „Fehlanpassung eines evolutionär begründeten Überlebenswegs“.
Alzheimer als potentielle „Fehlanpassung eines evolutionär begründeten Überlebenswegs“
Unsere Vorfahren mussten demnach immer wieder gegen Hungersnot ankämpfen. Dabei wurde eine Art Überlebensreaktion im Gehirn aktiviert. Für eine erfolgreiche Nahrungssuche wurden durch Fruktose bestimmte Gehirnareale blockiert, die als „Störfaktoren“ galten. Dazu zählt etwa das Schwelgen in Erinnerungen oder ein Fokus auf Zeit. Die für die Nahrungssuche wichtigeren Hirnareale zum Beispiel für Konzentration, schnelle Entscheidungsfindung oder Risikobereitschaft blieben demnach unberührt.
Der Überlebensschalter sei „angeschaltet“ worden – und verharre bis heute in dieser Position, schreiben die Forschenden.
„In Gehirnen von Menschen mit Alzheimer findet man hohe Fruktosekonzentration“
Das Problem: Das heutige Überangebot an fetthaltiger, zuckerhaltiger und salziger Nahrung führt zu einer ständigen Überproduktion von Fruktose im Gehirn. „Eine chronische und anhaltende Verringerung des zerebralen Stoffwechsels durch wiederkehrenden Fruktosestoffwechsel führt zu fortschreitender Hirnatrophie und Neuronenverlust mit allen Merkmalen der Alzheimer-Krankheit“, erklärte der Hauptautor der Studie, Dr. Richard Johnson in einer Pressemitteilung der Universität.
Zusammengefasst: Eine Ernährung mit einem hohen Anteil an Zucker, Salz und glykämischen Kohlenhydraten rege die Fruktoseproduktion im Gehirn an. Diese könne wiederum zu Entzündungen führen und über die Jahre schließlich zu Alzheimer.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler berufen sich auch auf mehrere Studien. So zeigte eine, dass Tiere, denen Fruktose verabreicht wurde, Gedächtnislücken aufwiesen, einen Verlust der Fähigkeit, sich in einem Labyrinth zurechtzufinden und eine Entzündung der Neuronen. Eine weitere Studie ergab, dass Laborratten, die längerfristig Fruktose erhielten, Alzheimer-typische Proteine (Beta-Amyloid- und Tau-Proteine) im Gehirn bildeten. „Auch in den Gehirnen von Menschen mit Alzheimer findet man hohe Fruktosekonzentrationen“, so Johnson.
Expertin: „Unwahrscheinlich, dass Ernährung alleinige Alzheimer-Ursache darstellt“
Was bedeutet diese Erkenntnis nun konkret? Wir haben bei der Alzheimer Forschung Initiative nachgefragt.
„Hierbei handelt es sich um Forschungsergebnisse aus dem Grundlagenbereich untersucht an Mäusen. Da die Ursachen dieser Krankheit noch nicht vollständig verstanden sind, wird in der Grundlagenforschung sehr breit geforscht“, erklärt Wissenschaftsleiterin Dr. Linda Thienpont. Der Fruktose-Metabolismus sei dabei ein Bereich von sehr vielen.
„Dazu passen bereits Ergebnisse aus der Forschung, die zeigen, dass zum Beispiel die mediterrane Ernährung eine vorbeugende Wirkung auf die Alzheimer-Krankheit hat und dass Diabetes Typ2 ein Risiko-Faktor darstellt.“
Ihr Fazit: „Die Ergebnisse in der Publikation werden also von anderen Forschungsergebnissen gestützt. Dennoch ist es unwahrscheinlich, dass die Ernährung die alleinige Ursache von Alzheimer darstellt. Man geht viel mehr davon aus, dass es sich um eine multifaktoriell bedingte Krankheit handelt.“
- Lesen Sie hier von der Alzheimer Forschung Initiative: Ernährung zur Alzheimer-Vorbeugung sowie Alzheimer-Risikofaktoren
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