Gematik-Gesellschafter wollen E-Rezept-Start verschieben

Ist das E-Rezept fit für den Versorgungsalltag? Daran äußern jetzt einige der Gesellschafter der Gematik – darunter der Deutsche Apothekerverband – erhebliche Zweifel. Bisher seien in der Fokusregion lediglich 42 elektronische Verordnungen ausgestellt und abgerechnet worden – viel zu wenig, finden Ärzte, Apotheker, Zahnärzte und Krankenhausvertreter. Sie bitten den Gesetzgeber, das E-Rezept erst ausreichend zu testen, bevor es in die Regelversorgung gelangt. Auch ABDA-Präsidentin Overwiening findet deutliche Worte.

Die Gesellschafter der Gematik begehren auf: Aus ihrer Sicht ist das E-Rezept noch nicht ausreichend erprobt, um als Pflichtanwendung in die Regelversorgung integriert zu werden. Sie appellieren dringend an den Gesetzgeber, die Anwendung „erst nach einer ausreichenden Testphase und erwiesener Praxistauglichkeit für den Regelbetrieb in den Praxen vorzusehen“.

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Nach aktuellem Stand wird die Nutzung des E-Rezepts zum Jahreswechsel Pflicht – zumindest für alle, die technisch dazu in der Lage sind. Der Deutsche Apothekerverband (DAV), die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), die Bundesärztekammer (BÄK), die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV), die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) halten davon nicht viel. Sie zweifeln an der Aussage der Gematik, die bisherige Testphase sei „erfolgreich“ verlaufen. „Das Gegenteil ist der Fall: Tatsächlich sind die Tests in der Fokusregion Berlin-Brandenburg nicht aussagekräftig“, schreiben die Standesvertretungen in einer gemeinsamen Pressemitteilung.

In der ursprünglichen Testphase sollten demnach sogenannte Mengengerüste, die als Qualitätskriterien dienen, bis Ende September erreicht werden. „Aber selbst nach einer Verlängerung bis Ende November wurden diese noch immer nicht erreicht“, bemängeln Ärzte, Zahnärzte, Apotheker und Krankenhäuser. „So sollten für einen bundesweiten Rollout mindestens 1.000 E-Rezepte ausgestellt und erfolgreich abgerechnet werden – aktuell sind es lediglich 42.“ Zudem sei es nicht gelungen, eine ausreichende Anzahl der teilnehmenden Systeme in den Arzt-, Zahnarztpraxen beziehungsweise Apotheken sowie die Anzahl der teilnehmenden Krankenkassen im Test zu erreichen. Ein Krankenhaus sei an den Tests bisher nicht beteiligt gewesen.

„Ob alle Anwendungen uneingeschränkt funktionieren, ist aufgrund des niedriger ausgefallenen Testvolumens zweifelhaft und daher noch nicht abschließend zu beurteilen“, konstatieren die Gesellschafter. „Täglich werden in Arzt- und Zahnarztpraxen etwa zwei Millionen Rezepte ausgestellt. Fehlerhaft übermittelte E-Rezepte sind nicht nur eine Belastung für Ärzte, Zahnärzte und Apotheken, sie stellen insbesondere eine Gefährdung der Patientensicherheit dar.“

Der durch die Stimmmehrheit des Bundesgesundheitsministeriums herbeigeführte Beschluss der Gematik-Gesellschafterversammlung, das E-Rezept ab dem heutigen 1. Dezember bundesweit in ausgewählten Pilotpraxen und -apotheken der Softwarehersteller zu testen, sei vor diesem Hintergrund „nicht sinnvoll“, halten DAV, KBV, BÄK, KZBV, BZÄK und DKG fest. Der Vorschlag der Leistungserbringer und Kostenträger, die Beendigung der erfolgreichen Testung an transparente Qualitätskriterien anzubinden, die jeder Anbieter zu erfüllen hat, sei abgelehnt worden. Nun stellen die Gesellschafter den Start zum Jahreswechsel infrage: Sie appellieren dringend an den Gesetzgeber, die Anwendung des E-Rezepts erst nach einer ausreichenden Testphase und erwiesener Praxistauglichkeit für den Regelbetrieb in den Praxen vorzusehen.

Das öffentliche Aufbegehren der anderen Gesellschafter ist ein herber Schlag für die mehrheitlich vom Bundesgesundheitsministerium kontrollierte Gematik – wohl aber auch ein Stück weit selbst verschuldet. Sie hatte trotz aller Pannen stets unbeirrt am Starttermin 1. Januar 2022 festgehalten. Gleichzeitig mangelte es an Transparenz: Bisher war nicht einmal klar, wie viele E-Rezepte den gesamten Verordnungs- und Abrechnungsprozess durchlaufen haben. Die Zweifel daran, ob die elektronischen Verschreibungen wirklich schon reif für die Praxis sind, konnte die Gematik nicht zerstreuen.

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