Seit 2019 ist mit Spravato ein Esketamin-Nasenspray zum Einsatz bei therapieresistenten Depressionen in der EU zugelassen. In einem ersten Nutzenbewertungsverfahren bescheinigte der Gemeinsame Bundesausschuss dem Wirkstoff 2021 keinen Zusatznutzen gegenüber einer Vergleichstherapie. Nun gab es einen neuen Anlauf.
Menschen, die an Depressionen erkrankt sind, stehen Wirkstoffe mit unterschiedlichen Wirkmechanismen zur Verfügung. Ein Teil der Patient:innen spricht jedoch auf gleich mehrere Wirkstoffe nicht an. Unter anderem für diese Patient:innengruppe wurde im Dezember 2019 das Esketamin-Nasenspray Spravato® in der EU zugelassen. Indiziert ist es laut Fachinformation unter anderem in Kombination mit einem SSRI oder SNRI bei Erwachsenen mit therapieresistenter Major Depression, die in der aktuellen mittelgradigen bis schweren depressiven Episode auf mindestens zwei unterschiedliche Therapien mit Antidepressiva nicht angesprochen haben. Hoffnung ruhte auf dem Präparat insbesondere, da es anders als andere Antidepressiva nicht über Einflussnahme auf das Monoamin-System, sondern über einen NMDA-Rezeptor-Antagonismus wirkt.
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Nach einem ersten Nutzenbewertungsverfahren im Jahr 2021 bescheinigte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) dem Arzneimittel jedoch keinen Zusatznutzen. Kritisiert hatte der G-BA unter anderem, dass in den vorgelegten Daten kein Vergleich mit einer vom G-BA festgelegten zweckmäßigen Vergleichstherapie stattgefunden habe. Weiterhin hätten die vorgelegten Studien einen mit vier Wochen zu kurzen Zeitraum untersucht. Der Beschluss dieses Nutzenbewertungsverfahrens war bis zum 15. Juni 2023 befristet.
In die erneute Nutzenbewertung floss nun mit ESCAPE-TRD eine Studie ein, die diesen beiden Ansprüchen offenbar Rechnung tragen konnte. In der randomisiert, aber offen durchgeführten Untersuchung erhielten die Patient:innen zusätzlich zu einer Therapie mit SSRI bzw. SNRI Esketamin (N = 334) oder retardiertes Quetiapin (N = 336). Während sich die Mortalität in beiden Gruppen nicht unterschied, erwies sich die Esketamin-Therapie in den Kategorien Morbidität, gesundheitsbezogene Lebensqualität und Nebenwirkungen als vorteilhaft.
So lag das Therapieansprechen nach 32 Wochen in der Esketamin-Gruppe bei 69,1 %, in der Quetiapin-Gruppe bei 53,2 %. Eine Remission hatten zum gleichen Zeitpunkt 60,7 % (Esketamin-Gruppe) vs. 45 % (Quetiapin-Gruppe) erreicht. Unter Esketamin traten zwar insgesamt häufiger unerwünschte Ereignisse auf (91,9 vs. 78,0 %), ein Therapieabbruch aufgrund unerwünschter Ereignisse, war dennoch in der Quetiapin-Gruppe häufiger (4,2 vs. 11 %).
Diese Ergebnisse veranlassten den G-BA am vergangenen Donnerstag dazu, Esketamin einen „beträchtlichen Zusatznutzen“ zu bescheinigen. Wie das „Ärzteblatt“ schreibt, ist dies der erste Fall überhaupt, in dem einem Wirkstoff zur Behandlung einer psychischen Erkrankung „ein deutlicher Vorteil“ bescheinigt wird. Der Beschluss des G-BA dient nun als Grundlage für Preisverhandlungen zwischen dem pharmazeutischen Unternehmer und den gesetzlichen Krankenversicherungen.
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Laut Angaben des G-BA kommt eine Behandlung mit Spravato® für ca. 317 000 bis 505 000 Patient:innen infrage. Besonders hierbei ist, dass eine Anwendung des Präparates unter der Aufsicht von medizinischem Fachpersonal vorgesehen ist. In Hinblick auf das empfohlene Dosierschema mit zwei wöchentlichen Anwendungen in der Induktionsphase und einer Anwendung alle ein bis zwei Wochen in der Erhaltungsphase, ist das in der Umsetzung nicht trivial.
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