Die Folgen des Astrazeneca-Stopps: „Praxen mussten ihren Impfstoff wegschmeißen“

Nach dem Astrazeneca-Impfstopp müssen sich viele umstellen – Bürger, die einen Impftermin hatten, aber auch die Ärzte. Welche Auswirkungen der Stopp hatte, erzählt nun ein Saarbrücker Allgemeinmediziner in einem Interview.

Wegen möglicher Thrombose-Fälle im Zusammenhang mit dem Astrazeneca-Impfstopp hatte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am vergangenen Montag einen vorübergehenden Impfstopp mit dem Vakzin des schwedisch-britischen Unternehmens angekündigt. Deutschlandweit mussten Impftermine abgesagt werden, viele Bürger sind verunsichert. Doch auch für die Ärzte hatte der Impfstopp Folgen.

Dr. Harald Böttge ist Hausarzt in Saarbrücken und hatte im Rahmen eines Pilotprojekts in seiner Praxis auch Impfungen durchgeführt. „Nach dem Astrazeneca-Stopp haben so viele angerufen, wenn sie denn durchgekommen sind“, sagte Böttge dem „Spiegel“. „Die meisten waren frustriert, dass es im Moment nicht weitergeht.“

„Kollegen in anderen Pilotpraxen mussten ihren Impfstoff wegwerfen"

Seine Praxis hatte offenbar noch Glück. Da montags keine Impfungen stattfinden, hätten erst Termine für Dienstag abgesagt werden müssen. „Die Kollegen in anderen Pilotpraxen, die am Montag geimpft haben, mussten ihren Impfstoff wegwerfen.“ Das Vakzin von Astrazeneca ist ungeöffnet zwar sehr lange – bis zu sechs Monate – haltbar, sobald die Dosen allerdings angebrochen sind, muss der Impfstoff innerhalb von sechs Stunden verabreicht werden.

Die Resonanz auf das Pilotprojekt sei „sehr gut“ gewesen, befindet Böttge – zumindest bis zum Stopp. „In unserer Praxis haben wir einen Vertrauensvorschuss. Die Leute waren sehr froh“, sagte er dem „Spiegel“. Auch der Kontakt zum Hausarzt habe sich positiv ausgewirkt: „Man kann nachfragen, ist schnell in der Praxis. Das ist natürlich sehr beruhigend.“

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„Impfen muss jetzt sein. Und zwar dringend“

Böttge geht davon aus, dass der Impfstopp wieder aufgehoben wird. Alles andere „wäre ziemlich katastrophal“, so der Mediziner. „Astrazeneca hat eine gute Schutzfunktion und ist ein Baustein in der Impfkampagne“, so Böttge gegenüber dem „Spiegel“. „Impfen muss jetzt sein. Und zwar dringend.“ Dennoch habe der Stopp die Impfkampagne „deutlich zurückgeworfen“.

Im Fall der Aufhebung des Impfstopps fordern Hausärzte, das Mittel rasch in ihren Praxen zu verabreichen zu dürfen. „Auch wenn sich zeigt, dass der Impfstoff für die meisten unbedenklich ist, wird es leider nicht gerade leicht werden, das Vertrauen wieder aufzubauen“, sagte der Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Dies wird eines enormen Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient bedürfen.“ Im Impfzentrum werde das nicht möglich sein.

Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern hatten sich darauf geeinigt, Mitte April mit dem Impfen in Praxen zu starten. Endgültige Beschlüsse sollen am Freitag gefasst werden.

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Impfgipfel: Chef der Kassenärze hofft auf „klare Ansagen“

Der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, Frank Bergmann, hält künftig auch eine eingeschränkte Zulassung für den Astrazeneca-Impfstoff für möglich. „Die Experten prüfen, ob es einen Zusammenhang zwischen Einnahme von Verhütungsmitteln, Rauchen und Impfen gibt. Möglicherweise haben sich hier Risiken potenziert. Dann könnte es vielleicht eine Zulassung mit Einschränkungen geben – etwa nur für bestimmte Altersgruppen oder beispielsweise ohne gleichzeitige Nutzung der Pille", sagte Bergmann der „Rheinischen Post“.

Vom „Impfgipfel“ fordert er Klarheit: „Ich hoffe auf klare Ansagen, wie es mit Astrazeneca weitergeht. Zudem hoffe ich auf klare Ansagen der Politik zum Osterurlaub. Ich kann nicht nachvollziehen, wie man angesichts der steigenden Infektionszahlen in den Flieger nach Mallorca steigen kann.“

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