Die Totgeburtenrate in Deutschland steigt und übertrifft den europäischen Durchschnitt. Die Forscherin Maxi Kniffka vom Max-Planck-Institut spricht in einem Interview über mögliche Ursachen und entkräftet gängige Theorien.
3247 Geburten, die nicht Freude und Glück, sondern Trauer und Fassungslosigkeit auslösten: So viele Kinder wurden 2022 tot geboren. Der Anteil der Totgeburten hierzulande steigt stetig und liegt mittlerweile über dem europäischen Durchschnitt. Über mögliche Gründe hat die renommierte Wissenschaftlerin Maxi Kniffka vom Max-Planck-Institut mit dem „Stern“ gesprochen.
Kniffka und ihr Team setzten sich demnach intensiv mit Daten auseinander und überprüften einige gängige Hypothesen. Eine dieser Hypothesen, die insbesondere von Impfgegnern und AfD-Politikern verbreitet wird, ist, dass die Corona-Impfung für den Anstieg der Totgeburten verantwortlich sei.
Doch Kniffka stellte klar: „An der Corona-Impfung liegt die hohe Rate sehr wahrscheinlich nicht.“ Sie fügte hinzu, dass die Totgeburtenrate bereits vor der Pandemie stieg und dass die Impfung gegen das Virus tatsächlich vor Totgeburten schützen könnte.
Hohe Totgeburtenrate wegen steigendem Alter der Mütter?
Ein weiterer oft genannter Grund für den Anstieg der Totgeburtenrate sei das steigende Alter der Mütter in Deutschland. Es wird angenommen, dass ältere Mütter ein höheres Risiko für Totgeburten haben könnten. Doch Kniffka überraschte mit ihrer Erkenntnis: „Durch die veränderte Altersstruktur der Mütter war die Rate der Totgeburten sogar gesunken!“
Sie erklärte, dass, obwohl das Alter der Mütter ein Faktor für mehr Totgeburten sein könnte, es auch weniger junge Mütter gibt, die ebenfalls ein erhöhtes Risiko haben.
Durch Migration lässt sich Sterblichkeits-Effekt nicht erklären
Ein weiterer Aspekt, den Kniffka im Gespräch mit dem „Stern“ erläutert, ist die Frage der Migration. Es wird nämlich vermutet, dass Frauen mit nichtdeutscher Staatsbürgerschaft ein erhöhtes Risiko für eine Totgeburt haben könnten.
Kniffka bestätigte, dass es in Deutschland seit 2015 einen Anstieg von Geburten von Frauen mit Migrationshintergrund gebe, was zu einem leichten Anstieg der Totgeburtenrate beigetragen habe. Sie betonte jedoch, dass der Sterblichkeits-Effekt noch viel größer sei als der allein durch Migration verursachte Effekt.
Zu weiteren möglichen Ursachen gehören Kniffka zufolge der Aspekt der Mehrlingsschwangerschaften und die künstliche Befruchtung in Deutschland. Sie betonte im „Stern“, dass es in Deutschland einen hohen Anteil von Mehrlingsschwangerschaften im Vergleich zum Rest Europas gebe, was ebenfalls zu einem Anstieg der Risikoschwangerschaften und somit zu mehr Totgeburten führen könnte.
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