Das Digitalgesetz, dessen Entwurf diese Woche abschließend im Bundestag beraten wird, soll insbesondere das E-Rezept und die elektronische Patientenakte (ePA) in Schwung bringen. Zudem sollen Apotheken künftig „Maßnahmen der assistierten Telemedizin“ anbieten können. Ein Änderungsantrag sieht nun vor, dass Apotheken in diesem Rahmen auch Versicherten zur Seite stehen sollen, wenn es darum geht, in deren ePA Einsicht zu nehmen oder daraus Daten zu löschen.
Kommenden Donnerstag stehen das Digitalgesetz und das Gesundheitsdatennutzungsgesetz erneut auf der Tagesordnung des Bundestages. Zuvor wird der Gesundheitsausschuss noch einen ganzen Stapel Änderungsanträge beschließen. Nach der öffentlichen Anhörung zeigte sich noch einiger Nachbesserungsbedarf.
Eine ganze Reihe Nachjustierungen gibt es rund um die elektronische Patientenakte (ePA): So soll es für Versicherte zum Beispiel leichter werden, Betroffenenrechte auszuüben, insbesondere ihr Widerspruchsrecht wahrzunehmen. Denn erst einmal gibt es die ePA künftig für alle Versicherten – sie können jedoch einzelnen Anwendungsfällen widersprechen. Wenn sie dies machen, hat dies die gesamthafte Löschung des entsprechenden Anwendungsfalls, einschließlich der mit ihm gespeicherten Daten zur Folge.
Erster Anwendungsfall der ePA ist der elektronische Medikationsplan. Bei einem Widerspruch würden also die Medikationsdaten verschwinden. Von der Löschung ausgenommen sind aber medizinische Daten, die automatisiert über die Telematikinfrastruktur (TI) in die ePA übermittelt und dort gespeichert werden, beispielsweise Daten des E-Rezept-Fachdienstes. Bei dieser Wahrnehmung von „Betroffenenrechten“ sollen künftig auch die Apotheken eine Rolle spielen könne.
Assistierte Telemedizin in Apotheken
Schon im Referentenentwurf fürs Digitalgesetz ist vorgesehen, dass Apotheken künftig (freiwillig) Maßnahmen der „assistierten Telemedizin“ anbieten können. Das kann etwa eine Beratung zu telemedizinischen Leistungen sein oder auch die Durchführung einfacher medizinischer Routineaufgaben, um eine ärztliche telemedizinische Untersuchung zu unterstützen. Dieser Katalog mit exemplarischen Maßnahmen soll nun ergänzt werden um die „Beratung zur Wahrnehmung der Betroffenenrechte nach den §§ 336 und 337, die Ermöglichung der Einsichtnahme in die elektronische Patientenakte sowie die Durchführung der Löschung von Daten auf Verlangen des Versicherten.“
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Denn Versicherte sind berechtigt, auf verschiedene Weise und barrierefrei auf ihre ePA-Daten zuzugreifen, sie auszulesen und zu übermitteln – nachdem sie sich „durch ein geeignetes technisches Verfahren authentifiziert“ haben. Dass Apotheken dieses Authentifizierungsverfahren künftig ebenfalls anbieten können, sollen, wurde schon vor rund einem Jahr beschlossen. Im Laufe des Jahres 2024 soll es auch tatsächlich möglich werden.
Der Änderungsantrag sieht entsprechend flankierend vor, dass Apotheken, soweit es erforderlich ist, einen Zugriff erhalten, der das Auslesen, die Speicherung, die Verwendung und das Löschen von Daten auf der ePA ermöglicht. Die Maßnahmen rund um die Betroffenenrechte sind spätestens ab dem Zeitpunkt anzubieten, ab dem die elektronische Patientenakte zur Verfügung steht – also Mitte Januar 2025. Wer die Leistung anbietet, muss dann also auch bereit sein.
Gestärkte Rolle der Apotheken
In der Begründung des Änderungsantrags wird ausgeführt, dass Apotheken, die Versicherten diese Leistung anbieten, umfassend zu beraten und auch auf die Folgen einer Löschung von Daten hinzuweisen haben. „Zugleich soll mit der neuen Aufgabe die Rolle der Apotheken im Rahmen der Digitalisierung gestärkt werden“, heißt es weiter.
Wie auch bei den sonstigen Maßnahmen rund um die assistierte Telemedizin gilt auch hier: Das Nähere zum Verfahren und zur Vergütung vereinbaren Deutscher Apothekerverband und GKV-Spitzenverband. Die Gematik ist dafür verantwortlich, die technischen Voraussetzungen für den Zugriff durch die Apotheken zu schaffen.
Und was steckt sonst noch im Paket?
Das Paket der fachlichen Änderungsanträge zum Digitalgesetz umfasst mehr als 80 Seiten und enthält auch zahlreiche weitere Nachjustierungen. Beispielsweise soll klargestellt werden, dass die E-Rezept-Pflicht im kommenden Jahr nicht alle trifft, die Arzneimittel verordnen: Arztpraxen, die generell keine Verordnungen für Patienten ausstellen, werden von der geplanten Sanktionierung ausgenommen. Denn grundsätzlich gilt künftig: Ärzten, die ihrer Kasse(zahn)ärztlichen Vereinigung nicht nachweisen, dass sie in der Lage sind, E-Rezepte auszustellen, wird Vergütung pauschal um ein Prozent gekürzt. Zudem bleiben Klinikärzte noch eine Weile verschont: Da es hier noch an einer flächendeckenden technischen Ausrüstung hapert, könnten sie der E-Rezept-Pflicht, auch im Fall des Entlassmanagements, nicht nachkommen. Ermächtigte Ärzte und Kliniken sollen daher bis 1. Januar 2025 von der Sanktionierung ausgenommen sein.
Weiterhin sieht einer der Änderungsanträge vor, dass analog zu den gesetzlichen Krankenkassen auch für Privatversicherer die Möglichkeit geschaffen wird, ihren Versicherten eine App anzubieten, über die diese auf E-Rezepte zugreifen, diese verwalten und einlösen können.
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Interessant ist zudem ein Änderungsantrag, mit dem die missbräuchliche Nutzung des TI-Nachrichtendienstes KIM unterbunden werden soll. So wird nochmals klargestellt, dass die sicheren Übermittlungsverfahren (zurzeit Kommunikation im Medizinwesen und TI-Messenger) der Übermittlung medizinischer Daten dienen – und nicht der Verbreitung anderer Nachrichten. Um insbesondere Nachrichten zu verhindern, die Werbebotschaften enthalten, rechtswidrig sind, die Arbeitsprozesse der Empfänger stören oder die betriebliche Stabilität der Verfahren beeinträchtigen, kann die Gematik verbindliche Vorgaben für die Endnutzer der Verfahren festlegen.
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