In Frankreich sind in den vergangenen 24 Stunden mehr als 7000 Corona-Neuinfektionen registriert worden – so viele wie seit Mai nicht mehr. Die Fallzahlen schießen in die Höhe, obwohl das Land rigorose Schutzmaßnahmen ergreift. Warum kommt es dennoch zu einem erneuten Covid-19-Ausbruch, der den der anderen europäischer Länder übertrifft?
Die Corona-Zahlen in Frankreich sind zurück im "exponentiellen" Wachstum. Alleine am Freitag vermeldeten die Gesundheitsbehörden 7379 Neuinfektionen. Das ist der höchste Stand seit Ende des Lockdowns am 11. Mai. Am Vortag waren es bereits mehr als 6000 neue Fälle, und am Tag davor wiederum mehr als 5000.
Angesichts des Anstiegs der Fallzahlen befinden sich 21 von hundert Departements in von der Regierung als „rote Zonen“ markierten Gebieten. Dazu gehören neben dem Pariser Großraum unter anderem weite Teile der Mittelmeerküste. Deutschland hat eine Reisewarnung für die Pariser Region sowie die Côte Azur und die Provence ausgesprochen.
In Frankreich gilt jetzt auch Maskenpflicht auf der Straße
Frankreich ist mit mehr als 30.500 Todesfällen eines der am schwersten von der Corona-Pandemie betroffenen Länder Europas. Laut Johns-Hopkins-Institut sind bisher mehr als 297.000 Menschen bestätigt mit dem Coronavirus infiziert.
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Deswegen stärkt die französische Regierung die Maßnahmen auch wieder. In Paris gilt die Maskenpflicht nun im gesamten Stadtgebiet: Seit Freitagmorgen müssen Fußgänger in der französischen Hauptstadt sowie den drei umliegenden Verwaltungsbezirken einen Mund-Nasen-Schutz im Freien tragen. Bei Verstößen droht ein Bußgeld von 135 Euro.
Ab kommender Woche ist der Mund-Nasen-Schutz in Frankreich zudem in Unternehmen sowie für die meisten Schüler Pflicht. Zudem sollen in Kürze bis zu eine Million Tests pro Woche zur Verfügung stehen, wie Gesundheitsminister Olivier Véran versprach.
Premierminister will neuen Lockdown unbedingt vermeiden
Premierminister Jean Castex betonte auch, dass Frankreich trotz des Wiederaufflammens der Coronavirus-Pandemie eine neue landesweite Ausgangssperre vermeiden will. Das sei zu schaffen, wenn alle mitarbeiten würden. „Je mehr Aktivitäten eingestellt werden, je mehr sich die wirtschaftliche und soziale Krise vertieft, desto dramatischer werden die menschlichen Folgen sein.“ Zwischenzeitlich sprach Staatspräsident Emmanuel Macron schon von „Krieg“, wenn es um die Corona-Krise ging. Our World In Data/Screenshot
Das Krankenhaussystem sei bereit für eine mögliche neue Welle, was Betten, Masken, Medikamente und Beatmungsgeräte betrifft, so Castex. Eine Situation wie im Frühjahr solle jedoch unbedingt verhindert werden. Frankreichs Regierung hatte sich in der Vergangenheit bereits für regionale Beschränkungen ausgesprochen. So müssen etwa Bars und Restaurants in Marseille, das schwer getroffen ist, um 23 Uhr schließen.
Mehrere Gründe für das Corona-Comeback
Doch warum steigen die Zahlen überhaupt so in die Höhe? Es haben sich hunderte Infektionsherde im ganzen Land gebildet. Besserung der Situation ist nicht in Sicht, die Zahlen steigen immer weiter. Mit den Lockerungen der harten Maßnahmen im Mai nahm das Infektionsgeschehen wieder seinen Lauf. Die Bevölkerung zeigte wenig Disziplin bei den Abstandregeln. Dazu sind öffentliche Einrichtungen wie Museen oder Kinos offen. Zurück zur Normalität bedeutet in Frankreich zurück in die Krise. Our World In Data/Screenshot In dieser Grafik ist die Anzahl aller bestätigten Corona-Fälle im Vergleich zu den Todesfällen zu sehen.
Der Anstieg fällt mit der traditionellen Urlaubszeit des Landes zusammen, in der Millionen von Menschen aufs Land oder an die Küste fahren oder ihre Familien besuchen, aber die Gesundheitsbehörden befürchten, dass sich die Situation nächste Woche noch verschlimmern wird, wenn die Menschen wieder arbeiten und die Kinder wieder zur Schule gehen.
Mehr als 300 Cluster, Infektionsherde können nicht ausgemacht werden
Was die Bekämpfung erschwert, ist die Tatsache, dass die Gesundheitsbehörden nicht mehr nachvollziehen können, woher die Neuinfektionen eingeschleppt werden. Mehr als 300 Cluster werden von den Behörden derzeit konkret nachverfolgt, schreibt „The Local“. Allein 32 Prozent davon hängen mit dem Infektionsherd Arbeitsplatz zusammen. Was bedenklich ist: Zwischen dem 18. und 24. August brachten 3,8 Prozent der Tests ein positives Ergebnis – das ist ein großer Sprung von etwa 1,8 Prozent zum Beginn des Monats. Our World In Data/Screenshot
Die jüngere Generation feiert und steckt sich an
Ein weiterer Grund: Auch in Frankreich wird über illegale Partys diskutiert, die dort Überhand nehmen. Laut der „New York Times“ trifft es vor allem die junge Generation. Am meisten betroffen sei die Altersgruppe zwischen 15 und 44 Jahren. Ebenfalls eine Parallele zu Deutschland: Relativ wenige Menschen müssen tatsächlich in Krankenhäusern behandelt werden, weil eben das Durchschnittsalter der Erkrankten deutlich gesunken ist. Rund 5000 Patienten werden derzeit in den Krankhäusern wegen einer Corona-Infektion behandelt.
Auch die bald eine Million Tests pro Woche spielen eine Rolle, in der Hochzeit der Corona-Krise im März waren es nur rund 100.000. Mehr Tests, mehr erkannte Fälle. Die Zunahme der Tests allein sei aber nicht für die Geschwindigkeit des Anstiegs verantwortlich, heißt es von den französischen Gesundheitsbehörden.
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