„Unsere Ziele erreichen wir einzig solidarisch, im Schulterschluss und gemeinsam“

Für den November hat die ABDA eine neue Protestwelle angekündigt. Der Hessische Apothekerverband (HAV) hat bereits am 2. Oktober einen Protesttag in dem Bundesland abgehalten, inklusive Apothekenschließungen. Aber wie waren die Reaktionen auf den erneuten Protest? Und vor allem: Wie soll es weitergehen? Die DAZ sprach mit HAV-Sprecher und dem Organisator des Protesttags, Alexander Schopbach.

DAZ: Ist der Hessische Apothekerverband zufrieden mit den Protestaktionen am 2. Oktober?

Alexander Schopbach: Wir sind überwältigt von der Resonanz auf unseren Protestaufruf, die uns eindrucksvoll bestätigt hat, dass der 2. Oktober 2023 – wenige Tage nach Karl Lauterbachs inhaltlich absehbarem Auftritt beim DAT und kurz vor den Landtagswahlen in Hessen und Bayern – genau der richtige Zeitpunkt für einen weiteren Protesttag war. An unserer zentralen Kundgebung vor der Alten Oper in Frankfurt am Main nahmen über 1.000 Apotheker mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus Hessen und benachbarten Bundesländern teil. Über 80 Prozent der hessischen Apotheken beteiligten sich zudem kreativ vor Ort an den Protesten. Alle relevanten hessischen Medien haben berichtet. Sämtliche demokratischen Parteien stellten sich mit Vertretern aus Bundestag oder Landtag unseren Forderungen und Fragen. Ministerpräsident Boris Rhein hat uns im Vorfeld in einer Solidaritätsnote seine volle Unterstützung versichert. Besser konnte es nicht laufen.

Hätten Sie sich gewünscht, dass auch weitere Verbände zu Protesten aufrufen?

Die Landesverbände sind unabhängig in ihren Entscheidungen. Dass Sachsen nach Bekanntwerden der destruktiven Lauterbach’schen Pläne ebenfalls kurzfristig zu einem Protesttag aufgerufen hat, zeigt genau das. Wir haben von Frankfurt am Main aus solidarische Grüße nach Sachsen gesendet und deutlich gemacht, dass wir gemeinsam den Auftakt eines bundesweiten heißen Apothekenherbstes gesetzt haben. Dafür sind die Weichen gestellt, bereits am 1. November geht es in Thüringen weiter. Und das ist richtig so! Flankiert wurde dieser Auftakt von einer weiteren unabhängigen Aktion: Verband und Kammer Nordrhein haben mit ihrer BILD-Kampagne zu den Lieferengpässen ebenfalls einen wichtigen weiteren Aufschlag gemacht. So bringt jeder Verband seinen Beitrag zur nachhaltigen Sicherstellung der wohnortnahen Arzneimittelversorgung und Stärkung der Apotheken vor Ort.

Haben Sie schon Rückmeldungen zum Protest bekommen? Vielleicht auch Beschwerden von Patientinnen und Patienten?

Die Rückmeldungen aus Apothekerschaft, Politik und Medien, die uns bis heute erreicht haben, fallen allesamt positiv aus. Gerade die vielen gefrusteten Kollegen zwischen Bergstraße und der Landesgrenze nach Niedersachsen würden am liebsten morgen die nächsten Proteste ausrufen, auch mehrtägig. Zu tief steckt der Frust über die Beratungsresistenz im Bundesgesundheitsministerium und die wöchentlich neuen Demütigungen, wie uns viele berichten. Wir werden alle weiteren Aktionen jetzt aber wie eh und je mit Weitblick planen und zunächst das Spitzentreffen zwischen ABDA und Karl Lauterbach Mitte Oktober abwarten. Beschwerden von Patienten haben uns bislang noch nicht erreicht, unserer Mitglieder wissen aber, dass sie uns darüber jederzeit informieren sollen und wir ihnen da mit voller Unterstützung zur Seite stehen. Mit Blick auf die Umfrage zum ersten Protesttag am 14. Juni 2023, laut der rund 80 Prozent der Patienten hinter unseren Forderungen stehen, umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit und Patienteninformationen, die jede Apotheke ausgegeben hat, sind wir sicher, dass die Menschen weiterhin hinter uns stehen und unsere Anliegen mit großer Mehrheit unterstützen.

Welchen Eindruck haben Sie von der Berichterstattung der Medien von den Protesten? Haben diese genügend Aufmerksamkeit erfahren?

Das Interesse der Medien in Hessen an den Herausforderungen, vor denen die Apotheken vor Ort stehen, ist generell sehr hoch. Lieferengpässe, Apothekensterben… dafür sind die Kolleginnen und Kollegen sensibilisiert, darüber tauschen wir uns regelmäßig aus. Das ist auch der Grund, warum in den Tagen vor unserem Protesttag nahezu in jeder Lokalzeitung Beiträge über die Probleme und Forderungen der Apothekerschaft erschienen sind. Über den eigentlichen Protesttag haben wie am 14. Juni ebenfalls alle relevanten Zeitungen, Radio- und Fernsehsender berichtet. Besser hätte es kaum laufen können. Auch Befürchtungen, dass der Hausärztestreik alles überlagert, haben sich nicht bestätigt. Diese Befürchtungen haben wir aber nicht geteilt, da wir wussten, dass die Hausärzte in Hessen keine größeren Aktionen planen.

Wie geht es nun für Sie weiter? Die ABDA hat für den November wieder Proteste angekündigt. Planen Sie, sich daran zu beteiligen?

Der HAV hat mit seinem Protesttag den Auftakt für die weiteren bundesweiten Proteste in den kommenden Wochen und Monaten gemacht. Natürlich beteiligen wir uns auch an allen Aktionen der ABDA. In dieser herausfordernden Zeit geht es einzig um die nachhaltige Sicherstellung der wohnortnahen Arzneimittelversorgung und Stärkung der Apotheken vor Ort. Unsere Ziele erreichen wir einzig solidarisch, im Schulterschluss und gemeinsam. Dazu gehören freilich auch die Expertise, die Perspektive und die Einschätzungen der Praktiker vor Ort, nämlich der Landesverbände.

Vielen Dank für das Gespräch!


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