Forscher entdecken Muttermal-Molekül, das gegen Haarausfall hilft

Die meisten Männer bekommen früher oder später eine Glatze – eigentlich ganz normal. Dennoch leiden Betroffene teils schwer darunter. Ein internationales Forscherteam hat nun eine Entdeckung gemacht, die zu einer „Botox-ähnlichen Behandlung“ gegen Haarausfall führen könnte.

Die Geheimratsecken werden auffälliger, der Blick in den Spiegel strenger. Viele Männer vermissen ihre Haare, wenn sie einmal licht werden. Dabei ist Haarausfall weit verbreitet und damit eigentlich normal.

30 Prozent der weißen Männer sind bereits mit 30 Jahren von einer Halbglatze betroffen. Das ist beinahe jeder Dritte. Mit 50 Jahren ist es schon jeder Zweite. Und mit 70 Jahren hat nur noch jeder fünfte Mann keinerlei Anzeichen von Haarausfall ( Studie ). Dennoch leiden einige darunter, manche lassen sich auch behandeln und zum Beispiel Haare transplantieren. Auch Frauen können von Haarausfall betroffen sein, wenn auch deutlich seltener.

Mit Muttermal-Molekülen gegen Haarausfall

Ein internationales Forschungsteam ist nun auf eine neue mögliche Behandlungsstrategie gegen Haarausfall gestoßen. Und zwar ausgerechnet, in dem sie den – oft verhassten – Haarwachstum bei Muttermalen erforschte.

In Experimenten mit Mäusen wiesen die Wissenschaftler nach, dass in haarigen Muttermalen große Mengen an sogenannten seneszenten Pigmentzellen enthalten sind.

Seneszente Zellen

Seneszente Zellen sind Zellen, die sich nicht mehr teilen, aber auch nicht abgestorben sind. Im Alter nimmt die Anzahl seneszenter Zellen im Körper zu. Eine Anhäufung wird deshalb aktuell als Merkmal des Alterns angesehen und mit einer Vielzahl von Krankheiten, einschließlich Krebs, in Verbindung gebracht. Man spricht entsprechend auch von „Zombie-Zellen“.

 

Doch zuletzt gab es mehrere Forschungen, die darauf hindeuten, dass es komplexer ist und seneszente Zellen auch positive Effekte haben können. Sie werden zum Beispiel mit Regeneration oder Wundheilung in Verbindung gebracht (Link zu TU Dresden).

Diese „Zombie-Zellen“ scheinen offenbar auch eine positive Wirkung auf das Haarwachstum zu haben. Hintergrund ist, dass seneszente Zellen offenbar große Mengen des Moleküls Osteopontin produzieren, für das wiederum die Haarstammzellen ein passendes Rezeptormolekül (CD44) aufweisen. „Durch die molekulare Interaktion zwischen Osteopontin und CD44 wurden die Haarstammzellen aktiviert, was zu einem kräftigen Haarwachstum führte“, heißt es in einer begleitenden Pressemitteilung zur „ Nature “-Studie.

Für ihre Untersuchung verpflanzten die Wissenschaftler den Mäusen menschliche Hautproben und injizierten dreimal täglich Osteopontin. Innerhalb weniger Tage wuchsen an der Stelle bis zu ein Zentimeter lange Haare. „Die bereits vorhandenen ’schlafenden‘ Haarfollikel wurden geweckt und auf diese Weise der natürliche Haarwuchs aktiviert“, erklärte Maksim Plikus, Professor für Zellbiologie an der Universität in Kalifornien und Co-Autor der Studie.

Kommt bald die Haarwuchs-Spritze auf den Markt?

Doch was bedeuten diese Erkenntnisse nun konkret? „Unsere Ergebnisse bieten qualitativ neue Einblicke in die Beziehung zwischen alternden Zellen und gewebeeigenen Stammzellen und zeigen positive Auswirkungen von alternden Zellen auf Haarfollikel-Stammzellen“, sagte Xiaojie Wang, ebenfalls Spezialistin und Post-Doktorandin für Entwicklungs- und Zellbiologie an der Universität in Kalifornien. „Wenn wir mehr erfahren, können diese Informationen potenziell genutzt werden, um neue Therapien zu entwickeln, die auf die Eigenschaften alternder Zellen abzielen und eine breite Palette von Regenerationsstörungen, einschließlich des häufigen Haarausfalls, behandeln.“

Plikus gibt sich im Gespräch mit dem „ Business Insider “ zuversichtlicher. Die Methode könne künftig als ambulantes Verfahren ähnlich wie eine Botox-Behandlung durchgeführt werden, hofft er. Das Molekül könne dabei über das sogenannte Microneedling in Form von winzigen Nadeln in die Kopfhaut injiziert werden und so das Haarwachstum anregen.

Dafür muss sich die Technik allerdings erst bewähren. In diesem Sommer sollen die klinischen Studien am Menschen beginnen.

Haarausfall – auf einen Blick

Was ist Haarausfall: Über einen längeren Zeitraum fallen pro Tag deutlich mehr als 100 Haare aus

Ursachen: Je nach Art des Haarausfalls unterschiedlich, z. B. zugrundeliegende Erkrankungen, Medikamenteneinnahme, Alter, Veranlagung, hormonelle Umstellung

Was tun: Das hängt von der Ursache ab. Es gibt einige Hausmittel und auch Vitamine und Mineralien, die den Haarausfall stoppen sollen; ärztlich behandeln lässt er sich medikamentös, per Microneedling oder durch operative Haarverpflanzung

Welcher Arzt: Zunächst zum Hausarzt, der überweist ggfs. an einen Facharzt, zum Beispiel an einen Dermatologen

Wie vorbeugen: Komplett verhindern ist kaum möglich; es lässt sich verlangsamen durch etwa sanftes Trockentupfen statt Rubbeln nach dem Waschen, auf ausgewogene Ernährung achten, Verzicht auf straffe Frisuren (beispielsweise einen straff gebundenen Zopf)

Mehr Infos zu Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten finden Sie bei FOCUS Gesundheit – Haarausfall

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