Brian Jahnke erkrankte an Brustkrebs, so wie zuvor schon seine Schwester und seine Großmutter – über ein schweres Erbe

Der Krebs hat mein Leben verbessert. Naja, vielleicht nicht der Krebs, aber alles, was ich tun musste, um gesund zu werden. Dafür bin ich dankbar. Früher war mein Kalender bis oben hin voll. Ich bin in der internationalen Hotel- und Gastronomie tätig als Lieferant für Großküchen und reise viel. Vor der Diagnose wusste ich mindestens, wo ich in den nächsten sechs Wochen sein werde, wen ich treffe. Das hat sich geändert. Ich bin zwar immer noch viel unterwegs, gerade war ich in Bangkok, Wien, Singapur, aber ich lebe viel mehr im Moment, nehme mir mehr Zeit für meine Familie – auch spontan. Manchmal habe ich Angst, dass ich vielleicht sogar ein bisschen zu viel im Moment lebe.

Zwei Jahre ist es her, es war an einem Familienabend, wir schauten gemeinsam einen Film, als mir die Brust juckte. Beim Kratzen spürte ich dann eine kleine Verhärtung. Eine Entzündung, dachte ich. Als ich ein paar Tage später sowieso beim Hausarzt war, zeigte ich ihm den Knoten. Besorgt war er nicht. Trotzdem einigten wir uns darauf, der Sache auf den Grund zu gehen – sicher ist sicher. Das war gar nicht so einfach. Es dauerte, bis er eine Praxis fand, die eine Ultraschall-Untersuchung beim Mann durchführen wollte. Die ersten hätten, erzählte er mir später, alle abgelehnt. Der Radiologe schickte mich dann zur Biopsie, obwohl auch er nicht daran glaubte, dass es etwas Bösartiges ist.

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Lange glaubte keiner, dass es Krebs ist

Einige Tage nach der Entnahme, ich war gerade auf dem Weg zur Straßenbahn, kam der Anruf. Sie hatten doch Krebszellen gefunden, weitere Tests seien nötig, ich solle mich noch gedulden. Diese Zeit des Wartens war die schlimmste während der ganzen Geschichte. Mich trieben vor allem zwei Fragen um: Was ist jetzt los? Was wird aus mir? Ich hatte mich erst Anfang des Jahres selbstständig gemacht und mein ganzes Geld in das Unternehmen gesteckt, dann kam Corona. Es stand finanziell alles auf wackligen Säulen in den ersten Monaten. Und ich dachte nur: Erst Corona und jetzt auch noch Krebs? Ich habe eine fünfköpfige Familie zu ernähren, ein Haus.

Fakten über Brustkrebs

Jedes Jahr erkranken laut Schätzungen des Robert-Koch-Instituts etwa 66.800 Frauen neu an Brustkrebs. Für Frauen ist es die häufigste Krebsart. Zunehmend sind auch Jüngere betroffen. Die Deutsche Krebsgesellschaft spricht von über 18.000 Frauen, die jährlich an Brustkrebs sterben. Auch Männer können an Brustkrebs erkranken, bei ihnen sind es jährlich etwa 770 Neuerkrankungen. Der Brustkrebsmonat Oktober macht auf die Situation von Erkrankten aufmerksam.

Es dauerte drei Wochen, dann war endlich klar, was die nächsten Schritte sein würden. Mein Fall war ein Grenzfall, ich hätte Chemo- und Bestrahlung nach der Operation nicht unbedingt machen müssen, aber es wurde mir empfohlen. Bevor die Chemotherapie losging, war ich noch bei der Friseurin, damit sie mir die Haare ganz kurz schneidet und es nicht so schlimm aussieht, wenn sie ausfallen. Tatsächlich habe ich nur etwa jedes zweite Haar verloren und Augenbrauen und Wimpern, ja, aber ich denke, wer von meiner Krankheit nichts wusste, hat sie mir nicht angesehen. Ich hatte auch nicht diese ungesunde graue Gesichtsfarbe.

Dünner bin ich aber geworden. Etwa zehn Kilo habe ich abgenommen, weil ich wegen der Chemo nichts mehr schmecken konnte. Ich wusste nicht, ob das, was ich esse, tatsächlich Essen ist oder der Karton in dem das Essen kam. Also aß ich nur noch das Nötigste. Dennoch war die Chemo nicht so schlimm für mich. Normalerweise war ich fit genug, um mindestens vier Stunden am Tag zu arbeiten. Das lag sicher auch daran, dass ich schon zuvor viel Sport getrieben habe und es dann in Absprache mit Experten umso mehr tat. Nordic Walking war genau das Richtige, danach ging es mir eigentlich immer besser. Ich konnte fast spüren, wie die Giftstoffe rausgefiltert wurden. Im Anschluss an die Chemo folgten dann noch zweieinhalb Monate Bestrahlung.

Peter Jurmeister

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Brustkrebs beim Mann ist selten

Ein Jahr nach der Diagnose war ich zu 100 Prozent zurück im Job. Es überraschte selbst meine Ärzte, wie gut ich die Erkrankung weggesteckt habe. Die Menschen im Brustzentrum Südbaden haben sich super um mich gekümmert. Das sind Superhelden. Das hat alles leichter gemacht. Und ich bin kurz nach der Diagnose in die Supportgruppe "Männer mit Brustkrebs" eingetreten und bin da immer noch aktiv. Da habe ich viele praktische Antworten zu den tausenden Fragen bekommen. Es war auch eine große Hilfe zu erleben, dass Brustkrebs beim Mann zwar selten ist, aber ich war auf keinen Fall allein.

Als ich damals den Knoten ertastete, dachte ich nicht an Krebs, obwohl nicht nur meine Großmutter sehr jung an Brustkrebs verstorben, sondern auch meine Schwester betroffen ist. Bei ihr wurde der Krebs zwei Jahre vor mir entdeckt. Damals ergab ein Test, dass es sich um einen erblichen bedingten Brustkrebs handelt. Auch bei mir stand damals im Raum, ob ich mich auf das Gen testen lasse. Ich habe mich letztlich dagegen entschieden. Was nützt es mir zu wissen, dass ich das Gen habe? Die Wahrscheinlichkeit als Mann an Brustkrebs zu erkranken ist selbst mit dem Gen sehr gering. Daher war es gut, dass ich ohnehin einen Termin bei meinem Hausarzt hatte. Ich weiß nicht, wann ich wegen des Knotens zu ihm gegangen wäre. Ich habe drei Kinder, es würde mir richtig leidtun, wenn ich ihnen das Brustkrebsgen weitergegeben hätte. Wir überlassen es ihnen, ob sie sich testen lassen oder nicht. Immerhin haben sie durch meine Erkrankung erlebt, dass Krebs nicht gleich ein Todesurteil ist.

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Seit Juli vergangenen Jahres ist meine Krebstherapie abgeschlossen. Am Anfang musste ich noch alle drei Monate bei meinen Ärzten antanzen. Ich habe vier, die sich um mich kümmern: Einen Gynäkologen – nicht viele Männer können das von sich sagen, einen Onkologen, einen Radiologen und eine Krebsbegleitärztin. Inzwischen bin ich beim Gynäkologen und Radiologen nur noch einmal im Jahr, so gut geht’s mir. Ich mache mir keine Sorgen darum, dass der Krebs zurückkommen könnte. Die Chance ist genauso hoch wie vom Auto überfahren zu werden und darum mache ich mir auch keine Sorgen. Ich passe auf, wenn ich über die Straße gehe, aber ich denke nicht immer, wenn ich das Haus verlasse, heute werde ich überfahren. Ich achte auf mich, mache Sport und schaue noch intensiver darauf, was ich esse und trinke. Statt jede Woche einen Sauerbraten zu essen, esse ich lieber nur alle sechs Wochen ein richtiges T-Bone-Steak vom Grill. Ich bin zuversichtlich. Das liegt an zwei Dingen: Ich bin ein ganz typischer Amerikaner. Ich kann alles schaffen – nichts ist für mich unmöglich. Und ich bin praktizierender Christ. Mein Glaube hat sich durch die Krankheit sogar noch bestätigt. Das Leben geht weiter und es geht gut. Wenn ich ehrlich bin, stehe ich jetzt sogar besser da als vor dem Krebs.

Brian Jahnke ist seit seiner Erkrankung Mitglied beim Netzwerk "Männer mit Brustkrebs". Die Hilfe, die ihm dort geboten wurde, möchte er nun auch anderen anbieten. Wer sich austauschen möchte, kann sich bei ihm melden: [email protected]

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