Freie Apothekerschaft warnt vor Verlust tausender Arbeitsplätze

Am kommenden Donnerstag soll das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz im Bundestag verabschiedet werden. Bleibt es dabei, dass der Kassenabschlag auf 2 Euro erhöht wird, droht der Verlust tausender Arbeitsplätze in den Apotheken, warnt die Freie Apothekerschaft. Derweil stellen sich auch Kammer und Verband aus Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt sowie die ABDA hinter die geplante Protestaktion am morgigen Mittwoch.

Statt 1,77 Euro sollen die Apotheken künftig – befristet auf zwei Jahre – 2 Euro Kassenabschlag je GKV-Arzneimittel zahlen. So ist es im GKV-Finanzstabilisierungsgesetz vorgesehen, das am kommenden Donnerstag im Bundestag verabschiedet werden soll. Das ist zu viel für den Berufsstand: In den vier Bundesländern Brandenburg, Hamburg, Saarland und Schleswig-Holstein sind die Kolleginnen und Kollegen aufgerufen, am morgigen Mittwochnachmittag aus Protest gegen das Gesetz ihre Betriebe geschlossen zu halten.

Zwar macht sich nun noch einmal die Unionsfraktion im Bundestag dafür stark, dass die Apotheken von den Sparplänen verschont bleiben – viel Aussicht auf Erfolg hat der Änderungsantrag, den CDU und CSU einbringen wollen, allerdings nicht. Auch Daniela Hänel, erste Vorsitzende der Freien Apothekerschaft, geht davon aus, dass der Abschlag wie geplant steigen wird. Das werde Konsequenzen haben: „Mit der Verabschiedung des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes am 20. Oktober 2022 werden die Schließungen von Apotheken weiter forciert“, sagt Hänel laut einer Mitteilung des Vereins. „Damit einhergehend, wird der Verlust von Tausenden von Arbeitsplätzen von der Politik billigend in Kauf genommen!“

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Die Freie Apothekerschaft warnt daher nochmals eindringlich vor einer Welle von Apothekenschließungen. Während die Kassen weitgehend verschont blieben, sollen mit der Erhöhung des Kassenabschlags demnach „wieder einmal“ die Apotheken einen großen Sparbeitrag leisten. Hänel stellt klar: „Bei den Unmengen an von den Krankenkassen nicht bezahlten Leistungen halten wir auch unter dem Gesichtspunkt des jahrzehntelangen Vorenthaltens der Anpassung an die Inflationsrate das weitere Sparen auf dem Rücken der Apotheken für unmoralisch.“

Gesetz ist „eher ideologisch geprägt“

Aus Sicht der Freien Apothekerschaft ist dieses Gesetz „eher ideologisch geprägt“, so die Vorsitzende. „Da hat sich die Ampel mit dem Gesundheits-, Justiz- und Wirtschaftsministerium augenscheinlich den Umbau des Gesundheitswesens überlegt. Dass die Apotheken seit Jahren über das Sozialgesetzbuch erpresst und ausgepresst werden, konnte leider bis heute von unserer eigenen Berufsvertretung weder der Bevölkerung noch den Abgeordneten des Deutschen Bundestages vermittelt werden.“ Die Freie Apothekerschaft empfiehlt daher den Kolleginnen und Kollegen, sich mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den Protestaktionen in den einzelnen Bundesländern anzuschließen und die Versicherten über die aktuelle Situation aufzuklären.

Overwiening: „Die Apotheken brauchen Entlastung“

Auch ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening verurteilt die Sparpläne im Apothekensektor scharf. „Die Apotheken leiden unter der aktuellen Krise genauso wie viele andere. In dieser Situation soll nun noch das Honorar gekürzt werden. Damit läuft das Fass über. Deshalb streiken die Kolleginnen und Kollegen in vier Bundesländern, stellvertretend für den Berufsstand“, sagt sie laut einer ABDA-Pressemitteilung vom heutigen Dienstag. „Die Apotheken brauchen Entlastung, keine weitere Belastung. Die Apothekerschaft sendet ein klares Signal an Bundesregierung und Bundestag, dass auch über das aktuelle Spargesetz hinaus dringend ein Politikwechsel notwendig ist. Die Arzneimittelversorgung in Deutschland muss wieder ein stabiles Fundament bekommen. Wir werden mit vereinten Kräften für diesen Politikwechsel kämpfen.“

Zudem stärken immer mehr Kammern und Verbände aus anderen Bundesländern den streikenden Kolleginnen und Kollegen den Rücken. Die Apothekerorganisationen aus Rheinland-Pfalz etwa „begrüßen und unterstützen“ die Protestaktion ausdrücklich, geben sie gemeinsam bekannt. Natürlich seien die Sonderleistungen der Apothekenteams in der Pandemie vergütet worden – mit Hinweis auf diese Erträge, den Betrieben nun aber ein Sonderopfer abzuverlangen, sei in etwa so, als „würde man den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einer Firma oder einer Behörde zahlreiche bezahlte Überstunden aufbürden und ihnen dann im Folgejahr das Gehalt mit Verweis auf diese Erträge kürzen“. Völlig zu Recht habe der Präsident der Apothekerkammer Schleswig-Holstein, Kai Christiansen, diesen Schritt als „schallende Ohrfeige in die Gesichter der Apothekenmitarbeiterinnen und -mitarbeiter“ bezeichnet.

Arnold: „Das ist eine schwere Belastung“

Kammer und Verband aus Sachsen-Anhalt äußern sich ebenfalls ablehnend zur geplanten Honorarkürzung der Apotheken. Die Politik habe mit den vorgezeichneten Kürzungen in der momentan schwierigen ökonomischen Situation einen völlig falschen Weg eingeschlagen, teilen sie mit. „Das ist eine schwere Belastung“, unterstreicht Mathias Arnold, Vorsitzender des Landesapothekerverbands Sachsen-Anhalt. „Die Aufgaben in den Apotheken nehmen ständig zu, was immer mehr Personal bindet. Darum müssten wir zusätzlich Personal einstellen, um zum Beispiel die bestehenden Lieferengpässe bei Arzneimitteln für unsere Patienten managen zu können. Die geplante Absenkung der Vergütung für die Abgabe von rezeptpflichtigen Arzneimitteln im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung verringert jedoch unseren personellen Spielraum deutlich.“

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