Kürzlich ist ein sieben Jahre alter Junge aus dem Ort Maitenbach, der im Landkreis Mühldorf am Inn in Bayern liegt, an dem seltenen Bornavirus gestorben. Bereits 2019 ist laut Medienberichten ein Kind aus dem gleichen Ort an dem Virus gestorben. Mitte August meldete auch der benachbarte Kreis Rotall-Inn eine Infektion mit dem Bornavirus. Die erkrankte Person werde derzeit im Krankenhaus behandelt, heißt es in der Mitteilung. Die sogenannte Borna'sche Krankheit ist aber äußerst selten. Bundesweit sind bisher rund 40 Fälle der Erkrankung nachgewiesen worden. Laut Bayerischem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) erkrankten deutschlandweit 2021 sieben Menschen an der Borna'schen Krankheit, fünf davon in Bayern. Was man bisher über die Erkrankung weiß, wie sie übertragen wird und wo das Virus vorkommt: die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.
Was ist das Bornavirus?
Das "Borna Disease Virus 1" (BoDV-1) ist laut Robert Koch-Institut schon lange als Erreger der Borna’schen Krankheit bei Pferden, Schafen und anderen Säugetieren in Mitteleuropa bekannt. Dass sich auch Menschen mit dem Virus infizieren und erkranken können, weiß man allerdings erst seit wenigen Jahren. Das Virus wurde erstmals 2018 als Ursache für eine schwere Gehirnhautentzündung beim Menschen nachgewiesen.
In einer Studie, die 2020 im Fachblatt "The Lancet Infectious Diseases" veröffentlicht wurde, haben Forschende Hirnproben von 56 Patient:innen untersucht. Diese waren zwischen 1995 und 2019 an einer Hirnentzündung erkrankt. In sieben Fällen konnten sie BoDV-1 nachweisen.
Der Erreger muss vom sogenannten Bunthörnchen-Bornavirus (Variegated squirrel bornavirus) abgegrenzt werden, teilt das LGL mit. Dieses sei ebenfalls auf den Menschen übertragbar und könne schwere Hirnhautentzündungen auslösen.
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Welche Symptome löst das Bornavirus beim Menschen aus?
Die meisten der bisherigen Patient:innen hatten zu Beginn der Infektion Fieber, Kopfschmerzen und fühlten sich allgemein krank. Laut RKI kam es bei allen Erkrankungsfällen im weiteren Krankheitsverlauf zu neurologischen Symptomen, darunter Verhaltensauffälligkeiten sowie Sprach- und Gangstörungen. Innerhalb von wenigen Tagen bis Wochen können Infizierte durch eine schwere Hirnhautentzündung ins Koma fallen. "Die wenigen bekannten Erkrankungsfälle verliefen mit nur einer Ausnahme tödlich", heißt es beim RKI.
Ist die Erkrankung heilbar?
Bisher gibt es noch keine spezielle Therapie gegen das Bornavirus. Laut Bundesinstitut für Bildung und Forschung (BMBF) werden derzeit in dem Projekt "ZooBoCo" Therapiemöglichkeiten untersucht und antivirale Substanzen getestet. Die Behandlung der Erkrankung werde dadurch erschwert, dass nicht das Virus selbst den Körper zerstöre. Vielmehr bekämpfe der Körper die infizierten Zellen im Gehirn und zerstöre diese, informiert das BMBF.
Wie wird BoDV-1 auf den Menschen übertragen?
Die Feldspitzmaus ist derzeit das einzig bekannte natürliche Reservoir. Die Viren werden vermutlich über Speichel, Urin und Kot der Feldspitzmaus ausgeschieden. Der Übertragungsweg von Feldspitzmaus zu Mensch ist bisher noch nicht vollständig geklärt. Es sind aber verschiedene Übertragungswege denkbar. Am wahrscheinlichsten ist laut RKI, dass sich Menschen über die Ausscheidungen von Spitzmäusen infizieren. Das LGL weist darauf hin, dass eine Infektion durch kontaminierte Lebensmittel oder Wasser, oder durch das Einatmen von Staub, der mit dem Virus kontaminiert ist, möglich sei. Auch durch den Biss einer Feldspitzmaus sei eine Übertragung denkbar.
Außerdem kann es möglich sein, dass das Virus über einen sogenannten Intermediärwirt übertragen wird. Das können zum Beispiel Hauskatzen sein, die Spitzmäuse jagen. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch (außerhalb des medizinischen Kontext z.B. bei Transplantationen) sei extrem unwahrscheinlich und bisher nicht bekannt. Andere infizierte Tiere als die Spitzmaus – zum Beispiel Pferde und Schafe gelten nicht als infektiös für andere Tiere und den Menschen.
Wo kommt das Virus vor?
Laut Friedrich-Loeffler-Institut ist das Virus weitgehend auf Gebiete im Osten und Süden Deutschlands sowie Österreichs, Liechtensteins und der Schweiz beschränkt. Auf einer Karte sind die Risikogebiete eingezeichnet. Weil im westlichen Teil des Landkreises Mühldorf am Inn drei Fälle des Bornavirus beim Menschen aufgetreten sind, sollen mehrere Studien im Landkreis neue Erkenntnisse über die Infektion und mögliche Ansteckungswege bringen.
Was kann man tun, um sich vor einer Infektion zu schützen?
Das Risiko einer Infektion kann nur durch die Vermeidung des Kontakts zu Spitzmäusen und deren Kot sowie Urin reduziert werden. Das LGL rät dazu, bei einer Spitzmaus im Haus oder Garten zuerst die Nahrungsquelle ausfindig zu machen und diese zu entfernen. Das kann zum Beispiel im Außenbereich aufgestelltes Hunde- oder Katzenfutter sein. Wer eine tote Spitzmaus, die zum Beispiel die Katze angeschleppt hat, entsorgen muss, sollte dies nie mit der bloßen Hand machen. Es sollten Gummihandschuhe getragen werden, bei Staubentwicklung sollte möglichst eine FFP-2-Maske getragen werden, informiert das LGL. Wichtig: Bevor die tote Maus und deren Ausscheidungen entfernt werden, sollte sie erst mit Reinigungsmittel besprüht werden – so verhindere man die Aufwirbelung von virushaltigem Staub. Die tote Maus sollte in einem gut verschlossenen Plastikbeutel im Hausmüll entsorgt werden. Danach sollte man sich duschen und die getragene Kleidung vorsichtshalber waschen.
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Woran erkenne ich eine Spitzmaus?
Spitzmäuse sind Insektenfresser und keine Nagetiere. Im Gegensatz zur grauen Hausmaus ist ihre Nase sehr viel spitzer. Sie haben kleine Ohren und Augen. Laut RKI sondern die Spitzmäuse einen stechenden Geruch ab. Am Bauch hat die Feldspitzmaus ein weißes Fell, während sie oben braun und grau sind. Begegnungen zwischen Feldspitzmaus und Mensch seien selten. Sie leben in Brachgebieten.
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