Laut den Ergebnissen einer DAZ-Umfrage sind drei von vier Apotheker:innen bereits im Notdienst mit obszönen Anrufen belästigt worden. Wie gehen die Kammern mit diesem Problem um? Und was raten sie ihren Mitgliedern zu tun, sollten diese einen solchen Anruf erhalten? Die Redaktion fragte exemplarisch bei einigen Kammern nach.
Obszöne Anrufe im Notdienst sind offenbar ein weit verbreitetes, aber häufig totgeschwiegenes Problem: Laut den Ergebnissen einer DAZ-Umfrage haben 75 Prozent der Apotheker:innen schon mindestens einmal einen solchen Anruf erhalten, unter den Frauen sind es sogar 84 Prozent. Allerdings schalteten demnach nur 7 Prozent der Betroffenen ihre Kammer oder die Polizei ein. Und auch innerhalb der Teams gibt es Luft nach oben: Nur etwa 9 Prozent haben für diese Situation einen Plan entwickelt. Immerhin weitere 40 Prozent haben schon einmal im Team darüber gesprochen, ohne jedoch zu einem konkreten Ergebnis zu kommen.
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Ergebnisse der DAZ-Umfrage
Obszöne Anrufe im Notdienst: 84 Prozent der Apothekerinnen betroffen
Wenn nachts das Telefon klingelt
Obszöne Anrufe im Notdienst – ein unterschätztes Problem? (mit Umfrage)
Die DAZ wollte wissen, ob den Kammern solche Vorfälle bekannt sind und was sie ihren Mitgliedern raten, sollten diese von solchen Anrufen betroffen sein. Die Präsidentin der Apothekerkammer Hessen, Ursula Funke, ist über das Problem offenbar bestens informiert. „Ich habe schon vereinzelt von solchen Anrufen gehört und vor einigen Jahren auch selber erlebt, allerdings gibt es diese nicht nur im Apothekennotdienst, sondern auch in anderen Berufen“, teilt sie auf DAZ-Anfrage mit. In der Tat seien derartige Anrufe bedrückend und könnten eine Belastung – gerade im Notdienst – darstellen. „Ich kann nur empfehlen, solch ‚eindeutige‘ Anrufe sofort zu beenden, sich auf keine Diskussion einzulassen und vor allem zu versuchen, nicht emotional zu reagieren, denn dabei sehe ich die Gefahr, dass der ‚Anrufer‘ sich bestätigt fühlt, zumindest ein Teilziel erreicht zu haben“, warnt die Kammerchefin. Dies ist ihrer Einschätzung nach wichtig, damit der Anrufer sein Interesse verliert.
Anrufer, die „nebulöse Berichte irgendwelcher Geschlechtserkrankungen“ ausführlich vortragen, sollten Apotheker:innen konsequent zum Arzt verweisen und das Gespräch beenden. „Selbst Anrufer, die tatsächlich unter derartigen Problemen leiden – allerdings melden die sich in der Regel nicht nachts – bedürfen einer ärztlichen Untersuchung und hier könnten wir im Nachtdienst nicht helfen“, betont Funke. Sollte sich in einer Apotheke das Problem häufen, sei es ratsam, das weitere Vorgehen und konkrete – auch ermittlungstaktische – Schritte mit der Polizei zu besprechen. „Natürlich können sich betroffene Kolleginnen und Kollegen immer an uns als Kammer wenden, um im Einzelfall Maßnahmen zu erörtern, allerdings können wir das Grundproblem weder lösen noch beseitigen“, erläutert die Präsidentin. „Der Apothekennotdienst gehört zu unserem Beruf als Apothekerin und Apotheker dazu und die große Zahl der Hilfe suchenden Menschen sind froh, dass wir da sind und Ihnen helfen.“
Baden-Württemberg verweist auf kriminalpolizeiliche Beratungsstellen
Die Antwort der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg geht in eine ähnliche Richtung. „Leider haben auch uns vereinzelt schon Mitglieder von solchen Fällen berichtet“, schreibt eine Sprecherin auf Nachfrage. Bisher läge diesbezüglich aber keine schriftliche Beschwerde vor. „Da die Anrufe meist mit Rufnummernunterdrückung eingehen, raten wir den Apotheker:innen bei ‚medizinischen Fragen‘ auf die ärztlichen Notdienste zu verweisen und dies sehr nüchtern und deutlich zu sagen.“ Oft helfe auch der Hinweis auf den Beipackzettel oder der Verweis auf eine persönliche Beratung während den regulären Apothekenöffnungszeiten. „Die kriminalpolizeilichen Beratungsstellen, die es in ganz Deutschland gibt, können hier auch kostenfrei helfen, argumentativ vorzugehen.“
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