Arbeitsmarktforscher: Personalmangel wird „noch richtig heftig“

Zum Programm des Zukunftskongresses Öffentliche Apotheke gehörten zwei Vorträge, die kaum unterschiedlicher sein konnten. Bestseller-Autor Frank Schätzing vermittelte technologische Ideen zur Bewältigung des Klimawandels. Dagegen verdeutlichte der Arbeitsmarktforscher Prof. Dr. Stefan Sell die massiven Folgen des demografischen Wandels, insbesondere für die Gesundheitsberufe. Er folgerte: „Es wird noch richtig heftig werden.“

Am 19. Februar veranstaltete der Apothekerverband Nordrhein seinen 14. Zukunftskongress Öffentliche Apotheke, wie im Vorjahr wieder als Online-Format. Neben dem berufspolitischen Programm gab es zwei Vorträge mit sehr unterschiedlichen Themen und Konsequenzen.

Zuversicht beim Klimawandel

Weit weg von der aktuellen Berufspolitik führte der Keynote-Vortrag von Bestseller-Autor Frank Schätzing. Mit Blick auf die Herausforderungen durch den Klimawandel beschrieb Schätzing ein hoch-technologisches Szenario für das Jahr 2050 mit solargetriebenen Schiffen, Autos und Flugzeugen, fliegenden Windkraftwerken, kohlendioxidabsorbierenden Bioreaktoren, biotechnologisch erzeugtem Fleisch, Kleidung mit Solarmodulen, allgegenwärtigem Internet ohne Hardware, platzsparenden Wohnformen, Städten, die mehr Energie erzeugen als sie verbrauchen, und einer weltweiten Künstlichen Intelligenz zur Problemlösung. In diesem Szenario habe die Menschheit den Klimawandel unter Kontrolle bekommen. Damit machte Schätzing Mut, eine Krise als Chance zu begreifen und neue Wege zu gehen. Möglicherweise wollten die Veranstalter dies auf die Herausforderungen des Gesundheitswesens übertragen.

Demografie verstärkt Nachwuchsmangel noch lange

Denn das Gesundheitswesen leidet an den enormen Problemen der Nachwuchsgewinnung, wie der nächste Vortrag zeigte. Prof. Dr. Stefan Sell, Direktor des Instituts für Sozialpolitik und Arbeitsmarktforschung, Hochschule Koblenz, bezeichnete sich selbst als „Überbringer einer schlechten Botschaft“. Sell zeigte zunächst die enormen wirtschaftlichen Folgen der Pandemie auf, die zugleich eine Nachfrage- und eine Angebotskrise ausgelöst habe. In der Pandemie seien vom Staat und von der Arbeitslosenversicherung allein 43 Milliarden Euro für die Kurzarbeit ausgegeben worden.

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Außerdem habe die Pandemie Entwicklungen deutlicher gemacht und verschärft, die schon lange vorher begonnen hätten, insbesondere den zunehmenden Mangel an Arbeitskräften, erklärte Sell. Einflussfaktoren seien der Wertewandel mit einer viel größeren Bedeutung der Work-Life-Balance und die Feminisierung des Gesundheitswesens mit viel Teilzeitarbeit. Doch entscheidend sei der demografische Wandel. Er führe zu einer fundamentalen Veränderung der Angebots-Nachfrage-Entwicklung im gesamten Arbeitsmarkt. Diese werde in ihrer tiefen Bedeutung noch gar nicht wahrgenommen, mahnte Sell. Über die Babyboomer, zu denen er selbst gehört, sagte Sell: „Wir waren immer zu viele, schon im Kindergarten.“ Damit habe es überall Konkurrenz gegeben und die Arbeitgeber hätten auswählen können. Diese vielen Menschen verlassen in den nächsten Jahren den Arbeitsmarkt. 

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