Infektion, Impfung oder Booster – wann baut unser Immunsystem den besten Schutz auf? Wissenschaftler aus München haben nun herausgefunden, wieviel Kontakte es mit Omikron und anderen Varianten braucht, bis das Immunsystem eine gute Antikörper-Antwort entwickelt, die schützt.
Obwohl mittlerweile 74 Prozent der Bevölkerung in Deutschland vollständig geimpft sind und 53 Prozent geboostert, treibt Omikron die Zahl der täglichen Neuinfektionen in Rekordhöhen. Da die neue Variante, die mittlerweile in Deutschland und vielen anderen Ländern dominiert, den Impfschutz gut umgehen kann, sind auch Geimpfte und Geboosterte vor einer Infektion nicht gefeit. Auch wenn die Impfstoffe gut gegen eine schweren Verlauf schützen. Der Grund: Omikron weist umfangreiche Mutationen im Spike-Protein auf, was seine außerordentlich schnelle Verbreitung und seine Immunflucht erklärt.
Diese drei Konstellationen schützen am besten gegen Omikron
Nach wie vor stellen sich Wissenschaftler also die große Frage: Wie erzeugen wir die beste Immunität gegen Corona, wenn die Impfung alleine offenbar nicht ausreicht? Wissenschaftler der Ludwig-Maximilians-Universität München, des Helmholtz Munich und der Technischen Universität München haben nun darauf wohl eine Antwort gefunden. Wie sie in "Nature Medicine" berichten, sind insgesamt drei Kontakte zum Spike-Protein als viralem Antigen notwendig, damit neutralisierende Antikörper nicht nur in ausreichender Menge, sondern auch in hoher Qualität gebildet werden. "Solche qualitativ hochwertigen Antikörper binden das Virus stärker und können dadurch auch die Omikron-Variante bekämpfen", heißt es in der Pressemitteilung des Instituts.
Das betrifft drei Personengruppen, die davon profitieren:
- Dreifach Geimpfte
- Genesene, die zwei Impfungen erhalten haben
- Zweifach Geimpfte nach einer Durchbruchsinfektion
171 freiwillige Teilnehmer über zwei Jahre lang regelmäßig untersucht
Um dies herauszufinden, haben die Forscher seit Pandemiebeginn freiwillige Teilnehmer aus dem Kreis der Mitarbeiter am Klinikum rechts der Isar der TUM rekrutiert und im Zeitraum von zwei Jahren regelmäßig untersucht. Es handelte sich dabei um zwei Gruppen: Eine hatte sich in der Pandemie-Welle im Frühjahr 2020 mit Sars-CoV-2 infiziert hatte, und eine zweite Gruppe, die nicht infiziert war.
Später wurden beide Gruppen mit dem mRNA-basierten Covid-19-Impfstoff von BioNTech/Pfizer geimpft. Die Kohorte umfasste 98 Genesene und 73 Personen ohne vorherige Infektion. Beide Gruppen waren hinsichtlich ihres Geschlechts, Alters, hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und hinsichtlich weiterer Risikofaktoren vergleichbar.
"Diese Längsschnitt-Untersuchung ist besonders spannend, weil man die gleichen Menschen über einen langen Zeitraum verfolgt und ihre T-Zell Immunität regelmäßig untersucht", sagt Percy Knolle vom Lehrstuhl für Molekulare Immunologie der TUM, und weist auf eine dazu gerade in "Nature Communications" erschienene Studie des Teams hin.
Mehr zur Omikron-Variante
Bindungsfähigkeit der Antikörper entscheidend für Immunität
In der aktuellen Studie wurden im Blut der Teilnehmer mehrere Parameter bestimmt: die Menge der Antikörper (IgG), die Stärke der Bindung zwischen Virus-Protein und Antikörper sowie die Fähigkeit von Antikörpern, Sars-CoV-2-Varianten in Zellkultur zu neutralisieren. Die beiden letzteren sind besonders wichtig, um das Ausmaß der schützenden Immunität abzuschätzen.
Dabei zeigt sich, dass die Fähigkeit des Immunsystems, das Virus zu neutralisieren, nur teilweise mit dem Antikörper-Titer korreliert. Viel entscheidender ist es, wie effektiv diese Antikörper sich an das Virus binden und es so inaktivieren.
FOCUS Online unterstützt den Impf-Aufruf an dem sich über 2000 Unternehmen beteiligt haben und dafür ihr Logo zu einem Impf-Appell abgeändert haben.Jetzt sollen fundierte Informationen – auch vor dem Hintergrund der sich rasant ausbreitenden Omikron-Virusvariante – die Bereitschaft der Menschen steigern, sich impfen zu lassen.
Impfung und durch Infektion schützen auch vor künftigen Varianten
Dabei zeigte Omikron wie erwartet im Vergleich zu anderen Varianten die am stärksten ausgeprägte Immunflucht gegenüber neutralisierenden Antikörpern. "Hier braucht man deutlich mehr und bessere Antikörper, um das Virus zu neutralisieren", erklärt der beteiligte Forscher Oliver Keppler vom Max von Pettenkofer-Institut und Genzentrum der LMU.
Mit einem neu entwickelten Test konnten dazu viele Serumproben und verschiedene Varianten des Virus in einem Hochsicherheitslabor innerhalb weniger Tage untersucht werden. "In allen Fällen erreichte die Neutralisationsaktivität in unserer Analyse ähnlich hohe Bereiche, und die Bindungsstärke der Antikörper hat sich in allen Konstellationen erhöht", erklärt Keppler weiter. Ein dreimaliger Kontakt mit dem Spike-Protein erwies sich dabei als bester Schutz gegen alle besorgnisserregenden Varianten inklusive Omikron.
Alle beteiligten Forscher sind sich deshalb einig, dass die durch eine Impfung aufgebaute beziehungsweise verstärkte Immunität der Schlüssel zu einem effektiven Schutz vor zukünftigen Varianten des Virus sein werden. Aber auch eine Durchbruchsinfektion, so ärgerlich sie sei, erreicht den Effekt einer zusätzlichen Impfung, heißt weiter in der Pressemitteilung.
Corona-Zeitalter: Was Sie wissen sollten
Bald kommt der Omikron-Impfstoff: Mediziner sagt, ob Sie darauf warten sollen
FOCUS Online/Wochit Bald kommt der Omikron-Impfstoff: Mediziner sagt, ob Sie darauf warten sollen
Quelle: Den ganzen Artikel lesen