Im Zusammenhang mit Covid-19 wird oft über zwei Gruppen von Infizierten gesprochen: Auf der einen Seite die schweren Verläufe – in aller Regel die Alten und schwer Vorerkrankten – bei denen die Krankheit lebensbedrohlich werden kann. Auf der anderen Seite die symptomlosen Virusträger, die nicht einmal merken, dass sie infiziert sind. Doch zwischen diesen Polen gibt es Graubereiche. So zum Beispiel die Covid-Patienten, denen es zwar noch zu gut geht fürs Krankenhaus, aber trotzdem richtig schlecht. Diese Menschen berichten von einem Gefühl des Krankseins, wie sie es zuvor noch nie erlebt hätten – und vor allem davon, dass sie die Krankheit über Wochen begleitet.
Die US-Amerikanerin Kate Porter etwa erzählt NBC News, dass sie die vergangenen 50 Tage nahezu jeden Tag Fieber gehabt habe. Sie habe sich im März mit dem Coronavirus infiziert und kämpfe seitdem mit den Symptomen. „Einen Nachmittag fühle ich mich großartig und denke: Heute kann ich lesen, ich werde die Wäsche machen“, wird die 35-Jährige zitiert. Doch die Müdigkeit und das Fieber würden immer wieder zurückkommen. Porter wurde dem Bericht zufolge vor knapp zwei Monaten positiv auf das Virus getestet, mittlerweile würden die Tests zwar negativ ausfallen, ihre Symptome aber blieben.
Covid-19-Patienten mit wochenlangen Symptomen
Ein ähnliches Bild beschreibt Andrew Dumont aus Seattle im Bundesstat Washington. Knapp zwei Monate nach den ersten Symptomen fühle sich der 32-Jährige noch immer schlapp und leide unter Kurzatmigkeit. Er sei in der vergangenen Woche zweimal in der Notaufnahme gewesen. Bei CT und Röntgen der Lunge hätten die Ärzte aber keine zusätzlichen Entzündungsherde gefunden und so habe man ihn auch nicht im Krankenhaus behalten. „Es ist furchteinflößend, weil man mehr oder minder zu Hause alleine gelassen wird und versucht, sich zu therapieren“, wird Dumont von NBC zitiert.
Corona-Wissen
Gar nichts merken oder Beatmung – warum sind die Verläufe bei Covid-19 so unterschiedlich?
Manche bemerken kaum, dass sie sich mit Sars-CoV-2 angesteckt haben. Bei anderen aber versagt nach Tagen die Lunge und am Ende der gesamte Organismus. Ein Blick auf die Phasen der Krankheit.
Auch Lauren Nichols aus Boston, Massachusetts, ist 32 Jahre alt, sportlich und weit entfernt davon, zur Corona-Risikogruppe zu gehören. Dennoch hat auch sie einen ungewöhnlichen Krankheitsverlauf hinter sich. Bereits im März wurde sie nach ersten Symptomen positiv auf Corona getestet. Seit mehr als 50 Tagen kämpft sie nun schon mit Fieber, Glieder- und Kopfschmerzen. Nicht ein Tag sei vergangen, an dem sie kein Durchfall gehabt habe, sagt sie.
„Man will die Gesundheitsbehörden ja nicht belästigen“
Auch die britische BBC hat ähnliche Fälle gefunden: David Harris, ein Architekt aus Bristol, berichtet dort, wie er seit nunmehr sieben Wochen mit wiederkehrenden Wellen der Krankheit kämpft. „Die zweite Welle war die schlimmste“, sagt der 42-Jährige Vater einer kleinen Tochter. Da sei zu den üblichen Grippe-Symptomen die Kurzatmigkeit hinzugekommen. Daraufhin habe er sich zwei Wochen besser gefühlt, nur weiterhin sehr müde. „Und dann in Woche sieben hat es mich wieder erwischt, zwar etwas weniger heftig, aber noch immer signifikant.“
Um seine kleine Familie nicht unnötig zu gefährden, lebe Harris seit Wochen in der Selbstisolation in einem Teil der Wohnung. Seine zehn Monate alte Tochter sehe er nur, wenn seine Frau ihm diese vor die Fensterscheibe des Vorraums halte. Er beschreibt, wie er sich anfänglich damit schwer tat, Hilfe in Anspruch zu nehmen. „Man will die Gesundheitsbehörden ja auch nicht belästigen, denn es gibt zweifelsfrei Menschen, denen es viel schlechter geht als mir“, sagt Harris.
Covid-Erkrankung dauert im Schnitt zwölf Tage
Für die 49-jährige Londonerin Felicity – ihren Nachnamen nennt die BBC nicht – ist das schlimmste das Auf und Ab. „Wenn man die ersten zehn Tage überstanden hat und denkt, jetzt werde es besser und dann wird es nochmal viel, viel schlechter.“ In ihrer fünften Krankheitswoche habe ihr Partner den Rettungsdienst rufen müssen. Sie habe über massive Schmerzen im Bauchraum geklagt. „Es ist schwierig zu sagen, war das das Werk des Virus? Ist es die Reaktion des Immunsystems? Ist es eine chronische Entzündung?“, sagt sie. Sie habe einen Großteil der vergangenen Wochen im Bett verbracht.
Die beiden Patienten bei der BBC wurden nie auf das Coronavirus getestet, ihre Ärzte hätten ihnen beiden jedoch anhand der Symptome mitgeteilt, dass sie höchstwahrscheinlich infiziert seien.
Da das neuartige Coronavirus und die Erkrankung Covid-19 erst wenige Wochen alt sind, ist noch vieles unklar, auch warum Patienten so unterschiedlich auf das Virus reagieren. „Manche haben durchgehend Husten und wir entdecken immer mehr, deren tiefe Müdigkeit und Erschöpfung sich über drei, vier, fünf, sechs Wochen hinziehen“, sagt Dr. Philip Gothard von Londons Krankenhaus für Tropenkrankheiten.
Dem stimmt gegenüber der BBC auch Tim Spector vom King’s College zu. Zwar zeigten die Daten bis hierhin, dass es im Durchschnitt zwölf Tage brauche, um sich von Covid-19 zu erhohlen. „Wir bekommen jedoch immer mehr Berichte von Menschen, bei denen die Symptome viel länger halten, teils 30 Tage oder mehr.“ Je solider die Datenlage werde, desto besser könne man verstehen, welche Faktoren dazu führten. Spector glaubt: Bald schön wird man sagen können, welche Kombination aus Symptomen und Risikofaktoren einen solch langen Verlauf der Covid-Erkrankung begünstigen.
Quellen: NBC / BBC / „Businessinsider“
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