Leuko, Thrombo, Hb? So versteht ihr endlich die Werte in eurem Blutbild

Ein zu hoher Cholesterinwert und zu viele Leukozyten – was bedeutet das eigentlich? Viele Patienten verunsichern die Werte ihres Blutbilds. Das muss nicht sein. FOCUS Online erklärt, was die Werte des kleinen und großen Blutbilds bedeuten.

  • Zu viele weiße Blutkörperchen deuten auf eine Infektion hin.
  • Darum nimmt der Arzt ein zweites Röhrchen Blut ab.
  • Die Blutprobe ersetzt keine Untersuchung beim Arzt.

Fühlen Sie sich schwach oder weist Ihr Nachbar Sie daraufhin, dass Sie in letzter Zeit ziemlich blass sind? Dann ist der Weg zum Hausarzt in der Regel der erste. Meist nimmt er Ihnen Blut ab. Denn das gibt wichtige Informationen über mögliche Erkrankungen preis.

Wie oft und wann sollten Sie ein Blutbild machen lassen?

Auch vor einer Operation und bei manchen Routineuntersuchungen ist es wichtig zu wissen, wie sich das Blut des Patienten zusammensetzt. Clemens Wendtner, Chefarzt der Klinik für Hämatologie, Onkologie, Immunologie, Palliativmedizin, Infektiologie und Tropenmedizin am Klinikum Schwabing in München, weist jedoch darauf hin, dass es „keine Pauschalregel oder strikte Empfehlungen“ einer regelmäßigen Blutuntersuchung gibt.

Blutuntersuchung: Diese drei Arten gibt es

Welches Blutbild gemacht wird, entscheidet der Arzt. Es gibt das kleine, große und das fachspezifische Blutbild.

Kleines Blutbild

Das kleine Blutbild untersucht nur die drei Parameter, aus denen sich das Blut zusammensetzt:

  • Leuko oder WBC (white blood cells): Leukozyten

Die weißen Blutkörperchen sind Teil der Immunabwehr. Schon bei leichten bakteriellen Infektionen ist ihr Wert erhöht. Die Leukozyten schnellen auch bei Allergien und Gichtanfällen in die Höhe.

Ist der Wert über einen längeren Zeitraum sehr stark erhöht, kann das jedoch auch ein Anzeichen einer Leukämie sein. „Wichtig sind hier unbedingt weitere Abklärungen mit einem Differentialblutbild und anderen Untersuchungen“, sagt Clemens Wendtner. Zu wenig weiße Blutkörperchen geben einen Hinweis auf Vergiftungen oder Virusinfektionen.

  • Thrombo: Thrombozyten

Die Blutplättchen kümmern sich um die Blutstillung. Nach einer Operation oder hohem Blutverlust haben Patienten höhere Werte. Bei einer zu geringen Zahl an Blutplättchen besteht die Gefahr von Blutungen. Plötzliches Zahnfleischbluten oder auch pünktchenförmige Einblutungen, zum Beispiel im Bereich der Unterschenkel, können hier einen Hinweis auf zu geringe Thrombozyten geben.

Neben der Blutstillung gibt es Medikamente, die auf die Blutgerinnung einen wichtigen Einfluss haben. Patienten, die blutverdünnende Medikamente wie Marcumar nehmen, gerinnt das Blut langsamer. Um gefährliche Blutungen zu vermeiden, ist eine regelmäßige ärztliche Kontrolle sehr wichtig. Der Mediziner stellt bei der Untersuchung fest, ob sich die Gerinnungswerte noch im Normalbereich befinden.

  • Ery oder RBC (red blood cells): Erythrozyten

Die roten Blutkörperchen sind für den Sauerstofftransport im Körper zuständig. Nach einer langen Wanderung im hohen Gebirge, ausgeprägtem Stress über mehrere Tage hinweg und auch bei Rauchern ist der Wert typischerweise erhöht.

Ein Mangel an roten Blutkörperchen tritt zum Beispiel bei einer Blutarmut (Anämie) oder während einer Schwangerschaft auf.

Weitere Werte

Die weiteren Werte des kleinen Blutbilds geben genauere Informationen über die Beschaffenheit der roten Blutkörperchen:

  • Hb: Hämoglobin

Der rote Blutfarbstoff bindet den Sauerstoff an die roten Blutkörperchen. Er sinkt, sobald die Anzahl der roten Blutkörperchen zurückgeht, weil diese Parameter zusammenhängen. Rauchen und ein Aufenthalt in der Höhe führen zu hohen Werten. Niedrige Werte weisen auf eine Nierenerkrankung oder entzündliche Magen-Darm-Erkrankung hin.

  • Hkt/Hct: Hämatokrit

Der Wert gibt Auskunft über den Volumenanteil der roten Blutkörperchen. Je höher er ist, desto leichter entstehen Blutgerinnsel. Denn dann ist das Blut dicker. Ist das der Fall, besteht ein erhöhtes Risiko eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls.

 

Niedrige Werte können Blutarmut oder hohen Blutverlust aufgrund eines Unfalls zur Ursache haben.

Weitere Informationen über rote Blutkörperchen

Die folgenden drei Werte ergänzen die Informationen zu möglichen Abweichungen der Normwerte der roten Blutkörperchen:

  • MCV: Mittleres zelluläres Erythrozytenvolumen (Hämatokrit/Erythrozytenanzahl)

Der Parameter zeigt, wie groß die roten Blutkörperchen sind. Mit weiteren Messungen können verschiedene Arten der Blutarmut, zum Beispiel ein Eisen- oder Folsäuremangel, unterschieden werden.

  • MCH: Mittleres zelluläres Hämoglobin (Hämoglobinmenge/Erythrozytenanzahl)

Diese Größe sagt dem Arzt, wie viel roten Blutfarbstoff das einzelne rote Blutkörperchen enthält. Alkoholiker haben meist erhöhte MCH-Werte. Niedriges MCH deutet möglicherweise auf einen Eisenmangel hin.

  • MCHC: Mittlerer zellulärer Hämoglobinkonzentration (Hämoglobinkonzentration/Hämatokrit)

Der Wert gibt die Hämoglobin-Konzentration am Gesamtvolumen der roten Blutkörperchen an. Ist das MCHC zu hoch, liegt möglicherweise eine Erkrankung der roten Blutkörperchen (Sphärozytose) vor. Zu niedrige Werte kommen oft von einem Eisenmangel.

Konventionelle Referenzwerte des kleinen Blutbilds

Wert Referenzbereich Mann Referenzbereich Frau
Leuko 3.5-9.8/nl 3.5-9.8/nl
Ery 4.5-5.9/pl 4.1-5.1/pl
Hb 13.5-17.5 g/dl 12.0-16.0 g/dl
Hkt 40.0-53.0% 36.0-48.0%
MCV 80.0-96.0 fl 80.0-96.0 fl
MCH 28.0-33.0 pg 28.0-33.0 pg
MCHC 32.0-36.0 g/dl 32.0-36.0 g/dl
Thrombo 140-360/nl 140-360/nl

Das müssen Sie über Referenzwerte wissen

Die Blutwerte haben Normbereiche, in denen sie sich bewegen sollten. Sie unterscheiden sich zwischen Frauen und Männern. Für den roten Blutfarbstoff etwa liegt der Referenzwert von Frauen fast zwei Prozentpunkte unter dem der Männer. Vernachlässigt der Arzt diese Unterschiede, diagnostiziert er fälschlicherweise eine Blutarmut, obwohl gar keine vorliegt.

Das Alter ist ein weiterer Faktor, das den Referenzbereich bestimmt. Die Werte von Säuglingen sind abhängig von Größe und Gewicht und meist höher als bei Erwachsenen.

Differenzierung beachten

Es ist wichtig zu wissen, dass es zwei verschiedene Einheiten gibt, die die Blutwerte darstellen

  • Konventionelle Einheit: Vor allem die alten Bundesländer benutzen traditionellerweise diese Maßeinheit.
  • SI-Einheiten (Système International d'unités): Diese Größe ist besonders in den neuen Bundesländern und dem internationalen Raum gebräuchlich. Auch in Studien ist sie eine gängige Einheit, da sie zu einer besseren internationalen Vergleichbarkeit führt.

Missverständnisse und Falschdiagnosen

Laut Clemens Wendtner ist es sehr wichtig, dass Ärzte die Messeinheit beachten, um Missverständnisse und Falschdiagnosen zu vermeiden. Liegt ein Wert außerhalb des Referenzbereichs, ist dies noch lange kein Zeichen einer schwerwiegenden Erkrankung. Er sollte aber unbedingt vom Arzt abgeklärt werden.

Großes Blutbild

Das große Blutbild ergänzt das kleine Blutbild um das sogenannte Differentialblutbild. Das Differentialblutbild nimmt die Unterbestandteile der Leukozyten, die für die Immunabwehr zuständig sind, genauer unter die Lupe.

Die Leukozyten (weiße Blutkörperchen) bestehen aus Monozyten, Granulozyten und Lymphozyten. Sie werden im Blutbild jeweils in absoluten und relativen (Prozentwerten) Häufigkeiten angegeben und sind für erwachsene Männer und Frauen gleich.

Differentialblutbild

  • Mono (abs)/Mono%: Monozyten

Die Monozyten schützen das Immunsystem, indem sie Krankheitserreger aufnehmen und weitere Abwehrzellen aktivieren. Überwindet der Körper gerade bakterielle Infekte oder regeneriert sich von diversen Erkrankungen, ist der Wert erhöht.

  • Lympho (abs)/Lympho%: Lymphozyten

Der Nachweis zu vieler Lymphozyten im Blut deutet ebenalls auf eine Immunreaktion des Körpers hin. Dabei werden viele Arten unterschieden. Leidet ein Patient an HIV, sind die CD4-positiven T-Lymphozyten , auch Helfer-T-Zellen genannt, vermindert.

  • Granulozyten

Granulozyten werden in drei Arten aufgeteilt, die alle im Blutbild erscheinen:

1. Neutro (abs)/Neutro%: Neutrophile (Granulozyten)

Diese Granulozyten sind sehr wertvoll, da sie die erste Keimabwehr sind. Die Neutrophilen steigen bei Verbrennungen und Vergiftungen. Leukämie oder Vitamin-B12-Mangel sind Erkrankungen, bei denen sich zu wenig Neutrophile im Körper befinden.

2. Eosino (abs)/Eosino%: Eosinophile (Granulozyten)

Zu viele Eosinophile treten bei allergischen Reaktionen durch Lebensmittel oder Asthma auf. Auch bei Hauterkrankungen und Autoimmunerkrankungen sind sie keine Seltenheit. Ein geringer Wert weist möglicherweise auf einen Burn-out hin.

 

3. Baso (abs)/Baso%: Basophile (Granulozyten)

Hohe Werte der basophilen Granulozyten lassen auf Allergien oder auf eine Begleiterscheinung einer Leukämieart schließen. Niedrige Werte deuten auf eine heftige Infektion hin.

Konventionelle Referenzwerte des Differentialblutbilds

Wert absolut relativ
Neutro 1.70-6.80/nl 43-75%
Lympho 0.90-2.60/nl 16-45%
Mono 0.20-0.50/nl 3-8%
Eosino 0.03-0.38/nl <7%
Baso 0.02-0.08/nl <1%

Fachspezifisches Blutbild

Bei Verdacht einer bestimmten Organerkrankung klären Mediziner Leber-, Nieren- oder Herzwerte sowie Elektrolyte ab. Für Laien gehören diese Parameter zum Blutbild. Streng genommen sind sie jedoch Bestandteil weiterer Kategorien, wie der Serumchemie oder Gerinnung.  

Serumchemie

Wenn der Arzt zwei Röhrchen Blut abnimmt, ist das zweite meist für die Serumchemie bestimmt. Je nach Patient und vermuteter Krankheit unterscheiden sich die untersuchten Werte. Zum Beispiel weisen manche Werte auf die Volkskrankheiten Herzinfarkt, Fettstoffwechselstörung oder Diabetes hin.

  • Herzinfarkt

Zum Nachweis eines Herzinfarkts werden die Werte Troponin (Trop) und Creatinkinase (CK) untersucht. Sie geben Hinweise auf Schäden am Herzen. Die Blutwerte alleine lassen aber keine Diagnose eines Herzinfarkts zu. Um eine eindeutige Diagnose zu treffen, müssen typische Symptome wie die Brustenge (Angina Pectoris) und eine EKG-Untersuchung hinzukommen.

  • Fettstoffwechselstörung

Viele Patienten schockiert ein zu hoher Cholesterinwert. Prinzipiell gibt er Aufschluss über die Stabilität der Zellmembran. Er sollte bei Gesunden keinesfalls höher als 240 mg/dl liegen, um Schäden an den Gefäßen zu vermeiden.

Doch es gibt auch "gutes" Cholesterin, das HDL-Cholesterin. Es schützt sogar vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Es sollte mindestens höher als 40 mg/dl liegen.

Schlecht ist hingegen das LDL-Cholesterin, das "böse" Cholesterin. Gesunde Personen sollten davon weniger als 160 mg/dl in ihrem Blut besitzen.

  • Diabetes

Um die Zuckererkrankung Diabetes zu diagnostizieren, messen Ärzte den Glukose-Wert im nüchternen Zustand. Der Idealwert liegt zwischen 70-100 mg/dl. Ab 125 mg/dl besteht der Verdacht auf Diabetes.

Der erhöhte Zucker muss aber über einen längeren Zeitraum kontrolliert werden. Dazu erlaubt der HbA1c-Wert Aussagen. Er zeigt den durchschnittlichen Glukose-Wert der vergangenen drei Monate auf. Normalerweise sollte er zwischen drei und sechs Prozent betragen. Bei höheren Werten wird es kritisch.

Fazit

Prinzipiell gibt das Blutbild einen ersten Einblick, was mit dem Patienten nicht stimmen könnte. Viele Erkrankungen, wie zum Beispiel der Dickdarmkrebs, werden aber nicht durch eine einfache Blutprobe diagnostiziert.

„Man sollte immer aus mehreren Bereichen diagnostische Schritte zusammenführen“, erklärt Clemens Wendtner. Nur ein ganzheitliches Bild des Patienten erlaubt eine sichere Diagnose.

Da das Blutbild sehr komplex ist, sollte der Patient seine Werte immer mit seinem Arzt besprechen und bei Unsicherheiten nachfragen. Einen Zettel in die Hand zu drücken und damit nach Hause zu schicken, ist wohl eher der falsche Weg.

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