Booster

»Was ist hier los in diesem Land? Überall, im TV, Radio und Presse wird aufgerufen, dass man sich gegen Covid impfen lassen soll. Und ältere Menschen sollen sich schnellstmöglich eine Auffrischungsimpfung geben lassen.

Ich bin Rentner, 71 Jahre alt, Diabetiker und Bluthochdruckpatient. Ich wohne im Landkreis Spree-Neiße in einem kleinen Dorf circa 15 Kilometer von der Kreisstadt Forst entfernt. Meine ersten beiden Impfungen erhielt ich vor über sechs Monaten im Impfzentrum Cottbus.

Montag früh rief ich bei meinem Hausarzt in Forst an, um mir einen Termin für die Auffrischungsimpfung geben zu lassen. Hier teilte man mir mit, dass mein Hausarzt prinzipiell nicht gegen Covid impft. Ich solle mich bitte an das Gesundheitsamt wenden, die könnten mir sagen, wo ich geimpft werden kann.






Am anderen Ende der Nachbar

Ich suchte mir die Nummer vom Gesundheitsamt in Forst im Internet heraus und rief an. Nach kurzem Klingeln meldete sich zu meiner Verblüffung mein Nachbar am Telefon, er arbeitet im Landkreisamt. Er teilte mir mit, dass dies seine Telefonnummer ist und die Nummer vom Gesundheitsamt falsch im Internet steht. Ich bekam von ihm die richtige Telefonnummer und rief an. Nach minutenlangem Klingeln ertönte nur Musik im Hörer. Eine Ansage fand nicht statt.

Wie der Bericht des Lesers zeigt, ist es nicht immer leicht und für manchen vielleicht sogar zu schwierig, an eine Drittimpfung zu kommen. Was haben Sie erlebt? Schreiben Sie uns, wie es Ihnen oder Ihren Angehörigen bei der Suche nach einer Drittimpfung bislang erging: [email protected].

(Mit der Einsendung Ihrer Zuschrift erklären Sie sich bereit, dass wir Ihren Bericht unter Ihrem Namen oder anonymisiert eventuell veröffentlichen.)

Ich fand dann noch eine zweite Telefonnummer und versuchte es damit. Hier kam eine kurze Ansage zu Covid, dann Musik und Abbruch des Telefonats. Im Weiteren war unter dieser Nummer dann nur noch ein Faxgerät mit den typischen Geräuschen zu hören. Ich versuchte dann mit weiteren acht Anrufen, das Gesundheitsamt zu erreichen.

Nach etwa einer Stunde meldete sich dann eine Mitarbeiterin. Zunächst verstand sie mein Anliegen nicht, da sie Schwierigkeiten mit unserer Sprache hatte. Sie konnte mir auch keine Auskunft geben, wo ich einen Impftermin bekommen kann, versprach aber einen Rückruf durch den Amtsarzt.

Eine Frage des Wettbewerbs?



Nach circa fünf Minuten kam dann auch sofort der Rückruf durch die Amtsärztin. Ich schilderte ihr mein Anliegen und bat sie, mir einen Arzt zu benennen, der mich impft. Darauf nannte sie mir vier Orte, wo ich wahrscheinlich geimpft werden könnte, die aber zurzeit nur Zweitimpfungen machen: Burg (im Spreewald etwa 58 Kilometer entfernt), Kolkwitz (etwa 38 Kilometer entfernt), Welzow (53 Kilometer entfernt) und Peitz (38 Kilometer entfernt). Für Peitz konnte sie mir die Telefonnummer geben, für Burg die Straße, Öffnungszeiten konnte sie mir nicht nennen.

Auf meine Frage, warum sie mir keinen Arzt in Forst oder hier in unmittelbarer Umgebung nennen kann, sagte sie, dass sie das aus wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten nicht dürfe. Im Übrigen dürfte es das Gesundheitsamt ja ebenfalls nicht.

Hier verschlug es mir dann fast die Sprache. Ich bedankte mich für ihren Rückruf, der mich aber auch nicht viel weitergebracht hat. Zumindest hatte ich eine Telefonnummer in Peitz.

Eine Praxis nach der anderen abklappern

Meine Frau hatte dann die Idee, ihren Hausarzt in Döbern anzurufen. Sie wusste, dass er auch fremde Patienten geimpft hat. Hier erhielt sie dann die Auskunft, dass er nur Patienten von Ärzten aus Döbern impft.

Also nichts mit einer Auffrischungsimpfung.

Mein Fazit: Impfstoff ist laut Herrn Spahn diesmal ausreichend vorhanden. Aber wer alt ist und nicht mobil, hat Pech gehabt. Für mich bleibt jetzt nur: Ich fahre nach Forst und klappere eine Arztpraxis nach der anderen ab, bis ich geimpft werde. Oder ich fahre in einen der vier weit entfernten Orte, um dort mein Glück zu versuchen. Die Umwelt und ich werden das schon noch aushalten! Aber mir geht es um die Menschen, die nicht mehr so mobil sind und keine Möglichkeit haben, viele Kilometer zur Impfung zu fahren.«

Nachtrag: Böttcher hat sich am Dienstag zusammen mit seiner Frau in Kolkwitz impfen lassen. Er sagt: »Mit öffentlichen Verkehrsmitteln wäre das mindestens ein Tagesausflug.«

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