Wie Italien den Exit aus dem Corona-Lockdown plant – und was Deutschland daraus lernen kann

Noch immer zählt Italien mit rund 140.000 Erkrankten und fast 18.000 Tote zu den am schwersten von der Coronakrise betroffenen Länder. Doch langsam erscheint Licht am Ende des Tunnels: Erste Anzeichen deuten darauf hin, dass das Land den Höhepunkt der Infektionswelle erreicht und möglicherweise sogar schon überwunden hat – auch wenn Experten dabei eher von einem Plateau sprechen und nicht von einem Gipfel.

Auch bei der Regierung hat man die positiven Signale vernommen – und arbeitet bereits an einem Plan, wie man das Land aus dem seit Anfang März andauernden Lockdown führen könnte. Es dürfte bereits nächste Woche losgehen.

Hans-Ulrich Jörges

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Einleitung von „Phase 2“: erst die Wirtschaft, dann das Volk

„Unser Land durchläuft immer noch einen Notfall, aber die Kurve scheint sich stabilisiert zu haben (…). Jetzt können wir an Phase 2 denken“, sagte Gesundheitsminister Roberto Speranza bei einem Treffen der Regierung mit dem Corona-Expertengremium. Dazu sei ein Fünf-Punkte-Plan ausgearbeitet worden. Der Plan sieht für jede Region zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Maßnahmen vor.

Die Einleitung von Phase 2 würde generell „in zwei Schritten erfolgen“, führte Ministerpräsident Giuseppe Conte aus, „zuerst die Unternehmen, dann die Bürger.“ Bis zum 13. April, also nach Ostern, solle sich allerdings zunächst nichts ändern. Bedeutet: Wer nicht zum Einkaufen oder zur Arbeit gehen muss, soll zuhause bleiben. Damit das vor allem auch rund um die Feiertage eingehalten wird, soll es gezielte Kontrollen in den Ferienorten des Landes geben, teilte die Regierung mit. Wer dort nicht gemeldet ist oder lediglich einen Zweitwohnsitz hat, muss mit Strafverfolgung rechnen.

14. April: erste Lockerungen für einzelne Geschäfte

Nach dem Ostermontag sollen dann erste Unternehmen die Genehmigung erhalten, ihre Geschäfte wieder aufzunehmen – sofern sie gewisse Sicherheitsstandards für ihre Mitarbeiter einhalten. In diesem ersten Schwung sollen vor allem Buchhandlungen, Schreibwarengeschäfte und Bäckereien wieder öffnen dürfen. Restaurants, Cafés müssen weiter geschlossen bleiben, sollen jedoch eine Genehmigung erhalten, ihre Waren zu Kunden nach Hause liefern zu dürfen.

Auch einige Firmen aus der Agrar- und Lebensmittelbranche sowie dem Maschinenbau- und Transportsektor dürfen ab 14. April wieder operieren.

26. April: kein Aufheben der Ausgangsbeschränkungen wie in Spanien

Spanien, das zusammen mit Italien von der Coronakrise am schlimmsten betroffene Land, plant offenbar, die strengen Ausgangsbeschränkungen ab dem 26. April aufzuheben. Das schloss Ministerpräsident Conte für sein Land aus: „Nach all den Opfern, die Italien gebracht hat, kann das Land nicht einer möglicherweise zurückkehrenden Infektion ausgesetzt werden“, sagte Conte in einem Interview mit der „Bild“-Zeitung.

4. Mai: richtiger Beginn von „Phase 2“

An diesem Tag, ein Montag, endet ein durch den Tag der Arbeit verursachtes, langes Wochenende. Die italienische Regierung will nach eigenen Angaben verhindern, dass die Bürger dieses schon für Feierlichkeiten mit Freunden oder, noch schlimmer, Ausflüge durchs Land nutzen. Deshalb wird „Phase 2“ erst danach eingeläutet – und auch nur, wenn der R0-Index, also die Infektionsweitergabe-Rate, nahe Null ist. Das würde bedeuten, dass kein infizierte Italiener einen weiteren ansteckt. Deshalb sei es extrem wichtig, bis zu diesem Datum weiter streng die Gebote des „social distancing“ zu befolgen.

Zunächst sollen die Bürger also weiter zuhause bleiben – aber die meisten bis dahin geschlossenen Unternehmen dürfen ab 4. Mai wieder öffnen. Jedoch gilt auch in dieser Phase für alle Firmen, dass sie ihre Mitarbeiter vor Infektionen schützen müssen.

18. Mai: Lockerung der Ausgangsbeschränkungen

Auf diesen Tag dürften die Italiener sehnsüchtig warten: Ab Mitte Mai will die Regierung die strengen Ausgangsbeschränkungen etwas lockern – allerdings nicht in allen Regionen gleichzeitig, sondern erst nach Rücksprache mit den örtlichen Behörden. In Gegenden mit besonders wenigen und besonders vielen Infizierten (Stichwort Immunität) soll es schon ab 18. Mai soweit sein, in anderen Gebieten könnte es bis Ende Mai dauern.

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Zunächst sollen die Reiseverbote und Ausgangssperren etwas entschärft werden – dann wären zum Beispiel Spaziergänge wieder möglich, genauso wie Reisen über Land. Danach sollen erste „kommerzielle Aktivitäten“, wie es aus der Regierung heißt, wieder möglich sein. Bars, Restaurants und öffentliche Veranstaltungsorte stehen den Angaben zufolge am Ende der Wiedereröffnungskette – und auch nur dann, wenn sie es schaffen, zwischen den Tischen einen Abstand von zwei Metern einzuhalten und Schutzmaßnahmen für Kellner und Mitarbeiter zu treffen. Die Schulen könnten sogar bis nach den Sommerferien, also bis September, geschlossen bleiben. 

Darum sind die Pläne auch für Deutschland interessant

Was Italien plant, könnte zum Modell für Deutschland werden. Zwar gelten hierzulande etwas weniger strenge Ausgangsbeschränkungen, doch liegt das öffentliche Leben auch bei uns weitgehend lahm. Experten schätzen, dass Deutschland hinsichtlich des Infektionsgeschehens etwa zwei bis drei Wochen hinter Italien liegt.

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Interessant wird deshalb sein, wie sich die Infektionszahlen in Italien ab nächster Woche entwickeln, wenn bereits die ersten Geschäfte wieder öffnen dürfen – und natürlich vor allem ab Mitte Mai, wenn die Ausgangssperren langsam aufgehoben werden. Die Regierung in Rom hat große Angst vor einer zweiten Ansteckungswelle und behält sich vor, die Pläne diesbezüglich jederzeit abzuändern, sollten die Fallzahlen wieder nach oben schnellen. So oder so dürfte es bis mindestens in den Sommer dauern, bis man in Italien wieder von Normalität sprechen kann. Gesundheitsminister Roberto Speranza warnte bereits: „Die Gefahr ist noch nicht gebannt. Wir haben noch einige schwierige Monate vor uns.“

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnte Italien bereits davor, die Maßnahmen zu früh zu lockern: „Es gibt immer noch keine deutliche Abnahme der Infektionen, sondern nur eine Verlangsamung“, hieß von der WHO. Aus diesem Grund halte man einen verfrühten Exit aus dem Lockdown für „schwierig“. 

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn kündigte am Donnerstag an, es könne in Deutschland frühestens nach den Osterferien über erste Lockerungen der strengen Corona-Schutzmaßnahmen geredet werden – und auch nur dann, wenn die bisherigen Einschränkungen über die Feiertage eingehalten würden. Es sei wichtig, die Dinge über Ostern „konsequent durchzuhalten“, so Spahn. 

Quellen: Nachrichtenagentur ANSA, „Corriere della Sera [1]“, „Corriere della Sera [2]“, Italienisches Datencenter

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