Der politische Druck auf das Rabattvertragssystem erhöht sich: Sowohl die Unionsfraktion als auch die SPD denken darüber nach, exklusive Ausschreibungen künftig zu verbieten. Für die AOK ist das ein Bedrohungsszenario – im AOK-System sind fast alle Ausschreibungen exklusiv. Das beim AOK-Bundesverband ansässige Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) hat nun Zahlen vorgelegt, nach denen die Exklusivverträge die Versorgung sogar stärken sollen.
Die AOK Baden-Württemberg ist im AOK-System für die Generika-Ausschreibungen verantwortlich. Im Sommer 2018 wurde beispielsweise die 21. Tranche der AOK ausgeschrieben: Darunter waren 121 Wirkstoffe oder Wirkstoffkombinationen – nur drei davon waren im Mehrpartnermodell, der Rest wurde exklusiv ausgeschrieben. Doch mit solchen Verträgen könnte bald Schluss sein: Sowohl die Unions- als auch die SPD-Fraktion im Bundestag diskutieren derzeit über Systemänderungen, um die Lieferbarkeit von Arzneimitteln zu verbessern. Und in beiden Fraktionen ist die Abschaffung exklusiver Rabattverträge ein Thema. Die Union geht sogar noch weiter und schlägt vor, dass Rabattverträge künftig nur noch kassenübergreifend und regional ausgeschrieben werden sollen, um Apothekern von bürokratischem Mehraufwand zu entlasten.
Die AOK will das mit aller Kraft vermeiden. Dr. Christopher Hermann, Chef der AOK Baden-Württemberg, der als der „Erfinder der Rabattverträge“ gilt, mischte sich schon vor einigen Wochen in die Debatte ein, verteidigte seine Exklusivverträge und erklärte, dass Apotheker mit der Suche nach alternativen Wirkstoffen bei Nicht-Lieferbarkeit aus seiner Sicht gar keinen so großen Aufwand hätten.
WIdO: Exklusivverträge helfen Herstellern
Jetzt legt der AOK Bundesverband nach. Das im Verband ansässige WIdO hat nun Zahlen präsentiert, die belegen sollen, dass die Exklusivverträge sogar Vorteile haben sollen. Zunächst weist das Institut darauf hin, dass die AOK-Arzneimittelrabattverträge die Vorgabe enthalten, dass die Vertragspartner die AOK über nicht lieferbare Vertragsprodukte verpflichtend informieren müssen. Außerdem müssen die Vertragspartner einen ausreichenden Arzneimittelbestand vorhalten. Und weiter: „Hilfreich dabei sind exklusive Verträge, da Pharmafirmen so ihre Absatzmengen besser kalkulieren können, als wenn sie bei Mehrpartnerverträgen mit mehreren Anbietern konkurrieren müssen.“
Mehr zum Thema
Reduzierung von Lieferengpässen
AOK: Bestellaufwand der Apotheken hat nichts mit Rabattverträgen zu tun
Arzneimittel-Lieferengpässe
Schmidt: So schlimm war es seit 30 Jahren nicht
Außerdem würden Patienten durch exklusive Verträge auch „stabiler“ versorgt. Laut WIdO haben im vergangenen Jahr mehr als 79 Prozent der Patienten, die einen rabattierten Wirkstoff über einen längeren Zeitraum einnehmen müssen, ihr Medikament dauerhaft von demselben Hersteller erhalten. Das WIdO hat daher die „Profile“ von 2 Millionen Patienten untersucht, die den Wirkstoff Ramipril einnehmen. Ramipril wird, gemessen an den Tagesdosen, GKV-weit am meisten verordnet. Danach erhielten 2006 noch über 35 Prozent der Patienten den Wirkstoff innerhalb des Jahres von mehreren Herstellern. 2018 waren es nur noch 14 Prozent, die auf ein anderes Arzneimittel umstellen mussten. „Rabattverträge tragen dazu bei, unnötige Medikamentenwechsel zu vermeiden. Das fördert die Therapietreue der Patienten und den Erfolg der Therapie“, schlussfolgert WIdO-Chef Helmut Schröder.
Quelle: Den ganzen Artikel lesen