Werden künftig ganze Gruppen von Chemikalien verboten?

Apotheker:innen haben meist – neben der Pharmakologie – auch einen gewissen Sinn für die Toxikologie. Zumindest haben die letzten Jahre und Monate den Sinn dafür geschärft: Man denke an die Nitrosamin-Verunreinigungen seit dem Sommer 2018 in Arzneimitteln, die Diskussion um Titandioxid, aber auch an die Kosmetik-Rückrufe dieses Jahr aufgrund von Lilial und Zink-Pyrithion. Mittlerweile ist die EU zu dem Schluss gekommen, dass der bisherige Ansatz zur Regulierung von (giftigen) Chemikalien nicht mehr schnell genug ist.

Wie die Nachrichtenagentur dpa berichtet, könnten in der Europäischen Union künftig gleich ganze Gruppen gesundheitsgefährdender und umweltschädlicher Chemikalien verboten werden. Ein entsprechender Fahrplan ist am Montag von der EU-Kommission in Brüssel veröffentlicht worden. Das Vorhaben sei Teil der vor rund eineinhalb Jahren von der EU-Kommission vorgestellten Chemikalien-Strategie: Schädliche Chemikalien sollen in Europa aus Alltagsprodukten wie Spielzeug, Kosmetik, Waschmitteln oder Textilien verbannt werden. Die EU hat bereits seit 2007 ein umfassendes System zur Registrierung von Chemikalien, genannt „REACH“. Es soll nun überarbeitet und besser durchgesetzt werden, heißt es.

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Mit der Pharmazie kommen solche Regelungen zwar nicht direkt in Berührung, doch beispielsweise der Fall Titandioxid hat deutlich gemacht, dass auch Hersteller von Medizinprodukten und Arzneimitteln ihren Fokus darauf wenden müssen – auch wenn Arzneimittel prinzipiell aus der REACH-Verordnung ausgenommen sind. REACH steht dabei für „Regulation concerning the Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals“, die Verordnung regelt also die Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe – und folgt dem Grundsatz, dass Hersteller, Importeure und nachgeschaltete Anwender die Verantwortung für ihre Chemikalien übernehmen. Ohne Registrierung und entsprechende Sicherheitsdaten dürfen Chemikalien seit 2007 nicht mehr auf den Markt gebracht werden.

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Die Umweltorganisation EEB begrüßte jetzt den Plan der EU. Er sei eine politische Verpflichtung, bestehende Gesetze zu nutzen, um Stoffe, die häufig mit Krebs in Verbindung gebracht werden, zu verbieten, teilte das Europäische Umweltbüro mit. Dies gelte auch für sogenannte Bisphenole, die häufig in Kunststoffen verwendet würden, aber die menschlichen Hormone störten. Außerdem seien alle Formen von PVC, dem am wenigsten recycelbaren Kunststoff, der große Mengen giftiger Zusatzstoffe enthalte, betroffen. 

Der Verbotsprozess für die Chemikalien werde innerhalb von zwei Jahren beginnen. Bis 2030 werden den Angaben der Umweltorganisation zufolge alle Stoffe auf der Liste verschwunden sein. Eigentlich würden Chemikalien auf EU-Ebene einzeln reguliert, jedoch sei dieser Ansatz nicht mehr schnell genug, da bereits 2016 weltweit alle 1,4 Sekunden eine neue Chemikalie entwickelt worden sei.

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