Luftverschmutzung im Kindesalter vervierfacht das Risiko für schwere Depressionen

Wie wirkt sich Luftverschmutzung auf Kinder aus?

Wenn Kinder im jüngeren Alter in Gebieten mit erhöhter Luftverschmutzung aufwachsen, führt dies zu einer erheblich verstärkten Wahrscheinlichkeit, dass Betroffene im Alter von 18 Jahren eine schwere Depression entwickeln.

Die Wissenschaftler des Kings College London stellten bei ihrer aktuellen Studie fest, dass jüngere Kinder, die in Gebieten mit starker Luftverschmutzung leben, ein deutlich erhöhtes Risiko für die Entstehung von Depressionen im Alter von 18 Jahren haben. Die Mediziner veröffentlichten die Ergebnisse ihrer Studie in der englischsprachigen Fachzeitschrift „Psychiatry Research“.

Viele psychische Probleme beginnen in der Jugend oder Kindheit

Bei der Analyse, wie übliche Luftschadstoffe die psychische Gesundheit von Jugendlichen beeinflussen, stellten die Forschenden fest, dass junge Menschen drei bis vier Mal häufiger an Depressionen litten, wenn sie im Alter von zwölf Jahren verschmutzter Luft ausgesetzt waren. Die Wissenschaftler erklären, dass ihre Ergebnisse besonders bedeutsam seien, weil 75 Prozent der psychischen Probleme in der Kindheit oder im Jugendalter beginnen. In dieser Zeit entwickle sich das Gehirn noch besonders schnell. Die Forschungsarbeit deutet auch auf einen Zusammenhang zwischen verschmutzter Luft und unsozialem Verhalten hin, aber es bedarf weiterer Forschung, um dies zu bestätigen. Eine größere Studie wird für Ende dieses Jahres erwartet.

Luftverschmutzung ist schlecht für Körper und Geist

Eine hohe Luftverschmutzung ist schlecht für Erwachsene und insbesondere für Kinder, sowohl für die körperliche als auch für die psychische Gesundheit, betont Studienautorin Dr. Helen Fisher vom Kings College London. Es sei sinnvoll, Bereiche mit der höchsten Luftverschmutzung zu meiden. Nationale Regierungen sollten das Problem ernst nehmen und die schädliche Luftverschmutzung senken, fügt die Expertin hinzu.

Risiko für Depression war teilweise vervierfacht

Bei den 284 untersuchten Kindern der Studie, die im Alter von zwölf Jahren in den 25 Prozent der am stärksten verschmutzten Gebiete lebten, war die Wahrscheinlichkeit einer Depression mit 18 Jahren drei- bis viermal höher als bei den 25 Prozent Kindern aus den am wenigsten verschmutzten Gebiete. Im Vergleich dazu haben frühere Studien gezeigt, dass bei Kindern, welche körperlichen Missbrauch erleiden, eineinhalb Mal häufiger depressive Störungen auftreten.

Weitere Faktoren wurden ebenfalls berücksichtigt

Die Forschenden berücksichtigten bei der Untersuchung auch andere Faktoren, welche sich auf die psychische Gesundheit auswirken können, wie zum Beispiel eine Familiengeschichte von psychischen Krankheiten, das Einkommensniveau, Mobbing und Rauchen. Sie untersuchten auch das Auftreten von Angst und ADHS bei den Probanden, fanden jedoch keinen Zusammenhang mit der Luftverschmutzung.

Luftverschmutzung kann die Intelligenz verringern

Das Risiko für unsoziales Verhalten war bei hoher Luftverschmutzung drei- bis fünfmal höher. Im Gegensatz zum Zusammenhang mit Depressionen war das Ergebnis jedoch nicht statistisch signifikant, weil die Anzahl der Jugendlichen, die sich bei der Studie unsozial verhielten, insgesamt nur sehr gering war. Bisher wurde der Einfluss der Luftverschmutzung auf die psychische Gesundheit relativ wenig untersucht – ander als bei der körperlichen Gesundheit. Studien an Erwachsenen haben dabei zu widersprüchlichen Ergebnissen geführt, obwohl es deutliche Belege dafür gibt, dass Luftverschmutzung sogar zu einer erheblichen Verringerung der Intelligenz führen kann.

Entzündung im Gehirn Ursache der Depressionen?

Die Studie war nicht dazu gedacht, die genau Ursache der Depressionen zu untersuchen. Wahrscheinlich trete aber eine Entzündung durch die toxische Verschmutzung auf, sagt Studienautorin Fischer. Schadstoffpartikel seien klein genug, um die sogenannte Blut-Hirn-Schranke zu durchqueren. Es gibt starke Verbindungen zwischen Entzündungen im Gehirn und der Entwicklung depressiver Symptome, erläutert die Medizinerin weiter. Kinder und Jugendliche seien besonders verletzlich. Ihr Gehirn entwickelt sich, es treten enorme hormonelle Veränderungen auf und Kinder und Jugendliche sind vielen stressigen Situationen ausgesetzt, wie zum Beispiel in ihren sozialen Beziehungen, Prüfungen und bei der Ausbildungsplatzsuche.

Weitere Forschung ist nötig

Weitere Untersuchungen sind wichtig, doch lasse sich vermuten, dass die Senkung der Luftverschmutzung weniger schwierig ist als die Vermeidung anderer Faktoren, die psychische Probleme verursachen können, erklärt Fischer. Ein besseres Verständnis ermögliche zudem ein frühzeitigeres Eingreifen und die Einleitung von Gegenmaßnahmen. (as)

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