Inzidenz erstmals über 1000: Darum ist Rottal-Inn Deutschlands Corona-Hotspot

Die Corona-Lage in Deutschland eskaliert. Erstmals seit Pandemiebeginn überschritt nun ein Landkreis die 1000er-Marke: In Rottal-Inn in Bayern liegt die Inzidenz aktuell bei 1104,3. Die genauen Ursachen sind zwar noch nicht bekannt. Es gibt aber ein paar Anhaltspunkte, warum sich die Lage dort so zuspitzen konnte.

Die Corona-Lage in Deutschland ist beängstigend. Trotz einer Impfquote von aktuell 67,3 Prozent schnellen die Fallzahlen in Rekordhöhen. Am Mittwoch vermeldete das Robert-Koch-Institut 39.676 Neuinfektionen. Besonders schlimm ist die Lage in einigen bayerischen Landkreisen. In Rottal-Inn, das etwas mehr als 100 Kilometer östlich von München liegt, stieg die 7-Tage-Inzidenz auf 1104,3. Das ist die höchste Inzidenz, die es in Deutschland seit Pandemie-Beginn gab.

Weitere bayerische Landkreise bundesweit am schlimmsten betroffen

Auch einige andere bayerische Landkreise gehören zu den am stärksten betroffenen Landkreisen der Republik:

  • In Traunstein liegt die 7-Tage-Inzidenz bei 948,8
  • In Dingolfing-Landau liegt die 7-Tage-Inzidenz bei 894,7
  • In Miesbach liegt die 7-Tage-Inzidenz bei 875,4
  • Landkreis Regen liegt die 7-Tage-Inzidenz bei 867,9

Ansteckungsgründe zu ermitteln ist nicht mehr machbar

Über die Gründe, warum die Zahlen gerade im Südosten der Republik so nach oben schießen, lässt sich momentan nur spekulieren. Michael Fahmüller, Landrat in Rottal-Inn, der sich mit einem emotionalen Statement an die Bevölkerung wandte, sagte darin: „Woran dies liegt, vermögen wir derzeit nicht zu sagen, denn Ursachen und Ansteckungsgründe zu ermitteln, ist derzeit nicht mehr machbar.“ Die Kontaktermittlung laufe auf Hochtouren und arbeite täglich bis spät in die Nacht hinein, um wenigstens Kontaktpersonen in den vulnerablen Gruppen zu erreichen. Doch selbst das sei angesichts der Lage kaum mehr leistbar.

Ein Sprecher des Landratsamtes hatte im Vorfeld gegenüber „BR24“ gesagt, dass das Infektionsgeschehen vor Ort „diffus“ und nicht auf große Ausbrüche, sondern eher auf kleine Cluster wie Schulklassen, Feiergesellschaften und Geburtstage zurückzuführen sei.

Laut Wochenbericht des Robert-Koch-Instituts vom 4. November sei aber bundesweit zu beobachten, dass es wieder zunehmend zu Ausbrüchen in Alten-und Pflegeheimen sowie Krankenhäusern käme, wovon auch geimpfte Personen betroffen seien.

Auslastung der Intensivbetten bei 90,2 Prozent

Aufgrund der Impfkampagne, die letzten Dezember in Deutschland begonnen hat, war die Hoffnung groß, dass Deutschland eine solche Welle nicht mehr überrollen würde. Deswegen gelten auch die 7-Tage-Inzidenzen nicht als alleiniger Maßstab zur Beurteilung des Infektionsgeschehens. Viel wichtiger ist die Auslastung der Krankenhäuser, die mittlerweile aber vielerorts bedenklich angespannt ist.

Laut „BR24“ werden aktuell über 40 Corona-Patienten in den Kliniken in Rottal-Inn behandelt. Laut Divi-Intensivregister sind zehn davon auf der Intensivstation, sieben müssten sogar invasiv beatmet werden. Laut zuständigem Leitstellenbereich Passau läge die Auslastung der verfügbaren Intensivbetten bei 90,2 Prozent. Um einen Eintrag beziehungsweise Ansteckungen in den Krankenhäusern zu verhindern, herrscht seit Dienstag ein Besuchsverbot. Ausnahmen gelten nur bei Geburten und für Angehörige von Sterbenden.

Deutschlandweit liegen derzeit 2739 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, knapp über die Hälfte davon muss invasiv beatmet werden. Der Höchststand an Corona-Patienten auf der Intensivstation wurde vergangenen Dezember erreicht als sich insgesamt 5762 Fälle deutschlandweit intensivmedinisch betreut werden mussten.

Bayern ruft erneut Katastrophenfall aus

Landrat Fahmüller zeigt sich deshalb betroffen: „Ich habe eine solche Situation noch nie erlebt“, heißt es in seinem Statement. In ganz Bayern sei die Lage auf den Intensivstationen besorgniserregend. „Das Personal ist am Ende seiner Leistungsfähigkeit“, die Mitarbeiter seien „zermürbt, müde und frustriert“, heißt es weiter. Aus diesem Grund forderte Fahmüller am Mittwoch zusammen mit seinen Landrats-Kollegen, erneut einen landesweiten Katastrophenfall auszurufen. Diesem Vorschlag kam Ministerpräsident Markus Söder nach. Er ordnete ab Donnerstag den Katastrophenfall in ganz Bayern an.

Die Landesregierung begründete den Katastrophenfall mit dem erhöhten Koordinierungsbedarf bei der Belegung der Intensivbetten und der Verlegung von Patienten aus überlasteten Kliniken. Die Corona-Pandemie gefährde Leben und Gesundheit "einer Vielzahl von Menschen im gesamten Staatsgebiet Bayerns". Durch den Katastrophenfall können die am Katastrophenschutz beteiligten Behörden zentral koordiniert werden

Viel zu niedrige Impfquote in Rottal-Inn

Auch an die Bürger richtet Fahmüller einen wichtigen und emotionalen Appell: "Bitte verhalten Sie sich – auch ohne staatlich verordneten Lockdown und Kontaktsperre – vernünftig und gehen Sie keine unnötigen Risiken ein", heißt es weiter auf den Seiten des Landratsamts in Pfarrkirchen. Dabei richtet er sich auch an die ungeimpfte Bevölkerung: "Falls Sie noch nicht geimpft sind, gehen Sie noch einmal in sich und denken Sie darüber nach, ob Sie sich nicht doch impfen lassen wollen." Denn obwohl es derzeit viele Impfdurchbrüche gäbe, sei die Zahl der Infektionen unter der ungeimpften Bevölkerung deutlich höher. Insbesondere schwere Verläufe fänden zu 90 Prozent in der ungeimpften Bevölkerung statt.

Tatsächlich trifft Fahnmüller damit einen wunden Punkt. Denn laut Landratsamt sind im Landkreis lediglich 53,2 Prozent aller Bürger geimpft. "Das ist natürlich eine relativ schlechte Impfquote" kommentierte ein Sprecher die Lage bei "BR24". Dennoch sei es auch möglich, dass vielleicht doch mehr Menschen geimpft seien, da sich viele Bürger außerhalb des Landkreises haben impfen lassen. Dies erscheine dann eben nicht in der Statistik.

Laut letztem Wochenbericht des RKI vom 4.11. liegt die Zahl der Impfdurchbrüche bundesweit seit KW 5 bei 145.185. Bei diesen Fällen traten also trotz abgeschlossener Impfung klinische Corona-Symptome auf.

Landkreis Miesbach nennt weitere Gründe als mögliche Ursachen

Auch ein Nachlässigkeit bei den Menschen nach eineinhalb Jahren Pandemie steht als mögliche weitere Ursache im Raum. "Natürlich sind die Menschen nach eineinhalb Jahren Pandemie auch mürbe und an der ein oder anderen Stelle hat vielleicht die Vorsicht nachgelassen", zitiert "BR24" einen Sprecher des Landratsamtes weiter.

Zu dieser Annahme kam auch der Landkreis Miesbach, der in den vergangenen Wochen häufig auf Platz eins unter den Landkreisen mit den meisten Corona-Fällen lag. Der Landkreise nannte neben Nachlässigkeit gegenüber den Corona-Regeln und einer zu niedrigen Impfquote noch fünf weitere Gründe, die das Infektionsgeschehen befeuert haben könnten:

1. Aufgrund der späten Sommerferien, die erst im August begannen und Mitte September endeten, kam die Welle an positiven Reiserückkehrern so spät, dass es vor dem Herbst keine wirklich Erholungsphase mehr gab.

2. Auch wenn Schulen keine Infektionstreiber seien, infizierten sich Schüler dennoch hauptsächlich bei privaten Treffen.

3. Aufgrund der ansteckenderen Delta-Variante, die in Deutschland dominiert, stecken sich nun alle Familienmitglieder an und nicht nur Einzelpersonen.

4. Zu kurze Quarantänezeiten für Kontaktpersonen, die schon ab dem 5. Tag mit negativem Test beendet werden kann. Viele seien erst später positiv und verbreiteten so das Virus weiter.

5. Auch eine falsche Einschätzung der Krankheitssymptome könne zur Ausbreitung beitragen. Corona-Symptome würden häufig als Erkältungs- oder Grippesymptome eingestuft. Deshalb sollten sich Betroffene mit Kranheitszeichen auf jeden Fall isolieren und testen lassen. Zu den typischen und häufigsten Corona-Symptomen gehören:

  • Atemnot
  • neu auftretender Husten
  • Fieber
  • Geruchs- oder Geschmacksverlust

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