BAH: Im Handelsabkommen „fehlen wichtige praxisgerechte Lösungen“

Seit Januar dieses Jahres gilt das vorläufige Handelsabkommen zwischen der EU und Großbritannien. Die derzeit geltenden Regelungen seien aber nur Momentaufnahmen und in einigen wichtigen Bereichen fehlten praxisgerechte Lösungen, erklärte Hubertus Cranz, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH). Eine Broschüre des BAH informiert nun über die Folgen des Brexits für die Arzneimittelindustrie und was zu beachten ist.

Am 23. Juni 2016 entschied sich eine knappe Mehrheit der Bevölkerung in Großbritannien und Nordirland für einen Austritt aus der Europäischen Union. Schon früh zeichnete sich ab, dass der sogenannte „Brexit“ auch im Hinblick auf die künftigen Handelsbeziehungen zwischen der EU und Großbritannien schwierig wird – mit regulatorischen Folgen für die Arzneimittelindustrie. Seit dem 1. Januar 2021 gilt nun zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich ein vorläufiges Handels- und Kooperationsabkommen. Die Ratifizierung des Abkommens wird im April 2021 erwartet.

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Das Handelsabkommen sei in zentralen Bereichen lückenhaft und stelle nur eine Momentaufnahme dar, so die Einschätzung von Hubertus Cranz, Hauptgeschäftsführer des BAH. „In einigen wichtigen Bereichen fehlen praxisgerechte Lösungen, beispielsweise zur vollen Anerkennung behördlicher Inspektionen der jeweils anderen Seite“, wird Cranz in einer Pressemitteilung des BAH zum Erscheinen der hauseigenen Brexit-Broschüre zitiert. „Diese und viele weitere Punkte könnten – und sollten – in einem künftigen Mutual Recognition Agreement (MRA) geregelt werden.“ Demnach sollte das MRA die gegenseitige Anerkennung von Chargen- und Importtests, amtlichen Arzneimittel-Kontrolllaboren, GMP-Inspektionen und CE-Kennzeichnungen von Medizinprodukten beinhalten.

Beobachtung der Brexit-Entwicklung

Der BAH beobachtet seit Jahren aufmerksam die Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Brexit und hat dazu vor kurzem eine neue Broschüre mit dem Titel „Der Brexit und seine Folgen für die deutsche Arzneimittelindustrie“ herausgegeben. Das Papier soll vor allem der Orientierung dienen und informieren, worauf sich die pharmazeutischen Unternehmen einstellen müssen. In der Broschüre werden unter anderem die Besonderheiten zur Geltung des europäischen Rechtsbestands in Großbritannien, neue Übergangsfristen, Forschung, Zulassung, Herstellung und Prüfung von Arzneimitteln, Pharmakovigilanz, Fälschungs-, Patent-, Marken- und Datenschutz sowie Regelungen rund um die Medizinprodukte erläutert. 

Weil das Post-Brexit-Handelsabkommen noch nicht ratifiziert wurde, empfiehlt der BAH seinen Mitgliedern, sich auf unterschiedliche Situationen einzustellen. So weist der Verband zum Beispiel daraufhin, dass möglicherweise die Regelung, wonach ein Zulassungsinhaber, der Arzneimittel im Vereinigten Königreich vertreibt, weiterhin seinen Sitz in der EU beziehungsweise dem EWR haben kann, zeitlich begrenzt sein wird. Allerdings wurden in diesem Zusammenhang bislang noch keine Fristen kommuniziert. Dennoch empfiehlt der BAH, sich darauf zeitnah vorzubereiten.

Anpassung der Datenverarbeitungsverträge

Im Bereich des Datenschutzes rät der BAH allen Unternehmen, ihre Datenverarbeitungsverträge und Datenschutz-Governance in Bezug auf ihren Datenverkehr mit dem Vereinigten Königreich zu überprüfen und im Bedarfsfalle anzupassen. Wegen der bereits gestarteten Umsetzung der EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in nationales Recht in Großbritannien rechnet der BAH damit, dass es zu einem Angemessenheitsbeschluss kommt.

Hintergrund: Nach Artikel 45 DSGVO kann die Europäische Kommission feststellen, dass ein Drittland ein angemessenes Datenschutzniveau gewährleistet. Wird eine Datenübermittlung von einem Angemessenheitsbeschluss umfasst, sind keine weiteren Schutzmaßnahmen notwendig. 

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