Was sind eigentlich Schlafphasen?

Vor etwa hundert Jahren war die Geburtsstunde der modernen Schlafforschung und so auch die Entdeckung der verschiedenen Schlafphasen. Der deutsche Neurologe und Psychiater Hans Berger arbeitete an einer Möglichkeit, um die elektrische Gehirnaktivität sichtbar zu machen. Heute ist die Elektroenzephalographie (EEG) eine etablierte Methode zur Untersuchung verschiedenster Krankheitsbilder.

Dabei werden feine Elektroden am Kopf des Schlafenden angebracht, die seine Gehirnströme aufzeichnen. Anhand dieser Aufzeichnungen wurde schnell deutlich, dass unser Schlaf in verschiedenen Phasen abläuft. Die heutige Wissenschaft unterteilt unseren Schlafrhythmus in fünf Schlafphasen, die Experte Dr. Hans Günter Weeß erläutert. (Lesen Sie auch: Gesunder Schlaf: Das sind die besten Tipps vom Experten)

1. Schlafstadium W

Die Wachphase ist ein fester Bestandteil der Schlafforschung. Immerhin etwa fünf Prozent des Schlafes (das Einschlafen nicht eingerechnet) verbringen wir pro Nacht im Wachzustand, wenn auch meist unbewusst. Schließen wir die Augen und sind dabei wach, verlangsamt sich unsere Gehirnaktivität, es werden Schwingungen zwischen 8 und 13 Hz gemessen, so genannte Alpha-Wellen – nun sind wir tiefenentspannt und bereit einzuschlafen. Genau diese Schwingungen beobachten Forscher übrigens auch, wenn wir Meditieren oder andere Entspannungstechniken anwenden.

2. Schlafstadium N1

Wir driften in den Schlaf, unser Gehirn schwingt vermehrt in den noch langsameren Theta-Wellen zwischen 4 und 7 Hz. Dies ist ein Zustand zwischen wachen sein und schlafen, also eine Übergangsphase. In dieser Phase verbringen wir in der Regel ebenfalls etwa fünf Prozent unseres Schlafes. Wir können schon etwas träumen, sind aber noch sehr leicht zu wecken. (Auch interessant: Experten raten: So viel Schlaf brauchen Sie für ein langes Leben)

3. Schlafstadium N2

Nun schlafen wir wirklich, die Hälfte unserer Schlafzeit verbringen wir in diesem Stadium. Wir sind nicht mehr leicht zu wecken und werden ärgerlich, wenn es trotzdem jemand tut.

4. Schlafstadium N3 (Tiefschlaf)

In der Tiefschlafphase zeigt unsere Gehirnaktivität die langsamsten, sogenannten Delta-Wellen von 0,5 bis 2 Hz. Die Weckschwelle ist jetzt am höchsten. Im Tiefschlaf laufen alle wichtigen Regenerations- und Reparaturprozesse im Körper ab, das Gehirn merkt sich vor allem Faktenwissen, unwichtige Dinge werden verworfen. Etwa 90 Minuten verbringen wir pro Nacht bei einem Schlafbedarf von 7 bis 8 Stunden in diesem Stadium, die Dauer unseres Tiefschlafes beträgt also nur etwa 1,5 Stunden – viel weniger, als die meisten Menschen glauben. (Lesen Sie auch: Abnehmen im Schlaf – ein Experte erklärt, wie es funktioniert)

5. REM-Schlaf

Nun steigt unsere Gehirnaktivität deutlich an, wir wirken zwar, als ob wir ruhig schlafen, unser Körper läuft aber auf Hochtouren, das Gehirn zeigt eine Mischung aus Theta-, Alpha- und Beta-Wellen, wir verbrauchen jetzt fast so viel Energie wie im Wachszustand – trotzdem sind wir nur schwer weckbar – daher wird diese REM-Phase auch paradoxer Schlaf genannt. Im REM-Schlaf träumen wir besonders emotional, wir speichern neue Bewegungsabläufe ab, verarbeiten und regulieren Emotionen. „REM“ steht übrigens für Rapid Eye Movement, da sich in dieser Schlafphase unsere Augen hinter den geschlossenen Lidern sehr schnell hin- und herbewegen. Unsere Skelettmuskeln hingegen sind in dieser Schlafphase gelähmt, und das ist gut so, denn sonst würden wir unsere Bewegungen, die wir in unseren Träumen machen, in die Tat umsetzen. (Auch interessant: 3 Fehler, die (fast) Jeder beim Schlafen macht)

So beeinflussen Schlafphasen unser Wohlbefinden

„Diese fünf Schlafphasen lassen sich in Schlafzyklen zusammenfassen, die im Schnitt jeweils etwa 90 Minuten dauern. Je nach genetischem Schlafbedürfnis haben wir pro Nacht zwischen vier und sechs solcher Schlafzyklen“, erklärt Dr. Weeß. Am angenehmsten aufzuwachen oder geweckt zu werden ist es am Ende des REM-Schlafes, denn dann ist unser Gehirn fast so aktiv wie im Wachzustand. Der Motor läuft sozusagen schon, dann muss man nur noch den Gang einlegen und kann losfahren. Sowohl zu viel Schlaf, als auch eine zu spät angesetzte Schlafenszeit können diesen von der Natur vorgegebenen Rhythmus aus Schlafphasen und Schlafzyklen durcheinander bringen und dazu führen, dass wir nicht ausgeruht und fit, sondern müde und gereizt aufwachen.

Sollte man sich zu bestimmten Schlafphasen wecken lassen?

Von Schlafphasenweckern und anderen Apps und Wearables hält unser Experte nicht viel: „Sie sind nicht in der Lage, unseren Schlaf wirklich abzubilden, daher kann ich solche Geräte nicht empfehlen. Sie arbeiten sozusagen mit Steinzeitmethoden der Schlafforschung. Ich halte sie sogar für kontraproduktiv, da man in Versuchung gerät sich viel zu sehr auf seinen Schlaf zu fixieren – und dann nicht gut zu schlafen“ erklärt er. Er empfiehlt stattdessen so zeitig ins Bett zu gehen, dass man morgens in der Regel ohne Wecker aufwacht – unser Körper merkt nämlich ganz von alleine, wann dafür der ideale Zeitpunkt gekommen ist. (Alles rund um das Thema gesunder Schlaf finden Sie hier)

Dieser Artikel wurde verfasst von (Eva Stammberger)

*Der Beitrag „Was sind eigentlich Schlafphasen?“ wird veröffentlicht von GQ. Kontakt zum Verantwortlichen hier.

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