Als die Kassenpatientin Bettina Becker mit Schmerzen ihren Hausarzt aufsuchte, konnte sie nicht glauben, was sie zu hören bekam. Er könne sie nicht behandeln, da er seit Jahresbeginn nur noch Privatpatienten behandele. Können Ärzte die Behandlung von Kassenpatienten ablehnen? Und was sind die Gründe dafür?
Diese Fragen stellte sich auch die 59-jährige Bettina Becker. „Ich habe meine Karte auf den Tresen gelegt und gesagt, dass ich nicht gehe und er mich trotzdem behandeln und mir helfen muss,“ sagte Becker gegenüber der „Neuen Westfälischen“. Dies sei nur auf eigene Rechnung möglich gewesen, berichtete sie weiter. „Was blieb mir anderes übrig. Ich hatte so Wahnsinnsschmerzen.“
Nach der Behandlung machte sich Becker sofort auf die Suche nach einem neuen Hausarzt, der sie als Kassenpatientin in Zukunft behandeln könnte. Sie würde fündig. Ihr neuer Arzt „kenne die Problemstellung“ mit den Kassenpatienten. Es wäre nicht unüblich.
Kassensitz – ja oder nein: Jeder Arzt kann selbst entscheiden
Doch können Ärzte sich dazu entschließen, Kassenpatienten nicht mehr zu behandeln? Laut der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL), die für die ärztliche Versorgung und die Niederlassungsmöglichkeiten zuständig ist: Ja. Ärzte mit einer eigenen Praxis können frei entscheiden, ob sie einen Kassensitz beantragen wollen oder nicht. Ein Kassensitz berechtigt die Abrechnung mit den gesetzlichen Krankenkassen.
Die Frau des Hausarztes von Bettina Becker erklärte die Lage ihres Mannes: Mit seinen 64 Jahren wollte der Hausarzt etwas kürzertreten und seine Praxis lediglich bis 12 Uhr geöffnet haben. Hier seien ihm dann die Vorschriften der Kassenärztlichen Vereinigung in die Quere gekommen.
Denn laut dieser seien Kassenärzte dazu verpflichtete auch nachmittags für die ärztliche Versorgung zur Verfügung zu stehen. Es sei ein unflexibles System. „Es gab kein Entgegenkommen“, bemerkte die Gattin des Arztes. „Und so mussten wir den Kassensitz abgeben."
Festgezurrte Sprechstundenzeiten und Bürokratie-Wust seien oftmals die Gründe, warum Ärzte aus dem KV-System aussteigen, sagte Volker Heiliger, Sprecher der Ärztekammer Westfalen-Lippe.
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