Ungeimpfter Pfleger plant Verzweiflungstat: „Würde mich gern mit Corona anstecken!“

Henning Lachmann arbeitet als Pfleger im Klinikum Itzehoe – aber wohl nicht mehr lange. Als Ungeimpften droht ihm die Kündigung. Das Gesundheitsamt hat dem 29-Jährigen bereits ein saftiges Bußgeld sowie ein Hausverbot angedroht. Lachmann ist verzweifelt. Auf FOCUS Online erzählt er, wie es ihm derzeit auf der Station geht und warum er sich am liebsten mit Covid-19 infizieren würde.

Inhaltsverzeichnis

Post vom Gesundheitsamt: Bußgeld und Klinik-Verbot

Henning Lachmann: „Unfassbar wütend und traurig“

Gegen Impfpflicht: Zehntausende Pfleger überall im Land

„Ich vertraue dem Impfstoff nicht. Ich habe Angst davor“

Um Job zu behalten, würde er sich mit Corona infizieren

Kein Ärger mit Patienten: „Sind froh, wenn sie mich sehen“

Lachmann: „Personalausfälle und ausgebrannte Kollegen“

Krankenpfleger: „Ich kämpfe bis zum bitteren Ende!“

Der Schlag traf ihn hart. Seit über zwei Monaten war Henning Lachmann immer mit einem mulmigen Gefühl zum Briefkasten gegangen. „Jeden Tag hatte ich Herzrasen.“ Vergangene Woche nun klemmte etwas in der Post, das der 29-Jährige zwar erwartet, vor dem er sich aber gefürchtet hatte wie vor einer Horrornachricht: Ein Schreiben des Gesundheitsamtes Itzehohe, drei engbedruckte Seiten.

Gleich zu Beginn kam die Mitarbeiterin der Behörde zur Sache: „Mir wurde von Ihrem Arbeitgeber mitgeteilt, dass Sie keinen Nachweis über die vollständige Impfung gegen Covid-19, einen Genesungsnachweis oder ein ärztliches Zeugnis über die Impfunfähigkeit gegen Covid-19 vorgelegt haben“.

Post vom Gesundheitsamt: Bußgeld und Klinik-Verbot

Noch bis 20. Juni könne er einen der Nachweise vorlegen, erklärte die Dame vom Amt. Wenn er dies nicht tue, begehe er eine Ordnungswidrigkeit. Dann müsse er ein Bußgeld „von bis zu 2500 Euro“ zahlen. „Weiterhin wird beabsichtigt, das Betreten oder die berufliche Tätigkeit in der Einrichtung Klinikum Itzehoe zu untersagen“.

Im Originalbrief des Gesundheitsamtes ist das Wort „untersagen“ extra fett gedruckt und dazu noch unterstrichen. Damit soll dem Empfänger deutlich gemacht werden, dass es die Behörde ernst meint. Sehr ernst.

Henning Lachmann: „Unfassbar wütend und traurig“

Bußgeld, Hausverbot, Job weg, Existenz in Gefahr – Henning Lachmann musste schlucken, als er die Zeilen las. „Ich bin sehr wütend“, sagt er im Gespräch mit FOCUS Online. „Ich bin wirklich unfassbar wütend und traurig“. Nachdem er den Brief studiert hatte, habe er sich „wertlos und abgestempelt“ gefühlt. „Weggeworfen von unserem Staat“.

Natürlich war ihm klar, dass es so weit kommen würde. Er hatte es immer wieder im Radio gehört, im TV gesehen, in den Online-Portalen gelesen. Und spätestens ab dem 10. Dezember 2021 – damals beschloss der Bundestag die Impfpflicht für Mitarbeiter in der Gesundheits- und Pflegebranche – wusste Lachmann, dass es ihn früher oder später erwischen würde.

Für ihn stand zweifelsfrei fest: „Ich lasse mich nicht impfen!“

Gegen Impfpflicht: Zehntausende Pfleger überall im Land

Mit dieser Einstellung ist Lachmann nicht allein. Zehntausende Pfleger, Krankenschwestern, Ärzte, Sanitäter, Hebammen und Behinderten-Betreuer in ganz Deutschland denken genauso, allein in Sachsen sind es 25.000, in Nordrhein-Westfalen rund 20.000. Ganz bewusst haben sie entschieden, sich nicht gegen Covid-19 impfen zu lassen. Damit verstoßen sie gegen die seit Mitte März 2022 gültige „einrichtungsbezogene Impfpflicht“, die das Bundesverfassungsgericht erst kürzlich für rechtens erklärt hat. Und sie riskieren ihren Job.

Henning Lachmann liebt seinen Job. Seit fast zehn Jahren arbeitet er im Klinikum Itzehohe in Schleswig-Holstein, Abteilung „Allgemein-, Gefäß- und Viszeralchirurgie“. Jeden Tag pendelt er 40 Kilometer zur Arbeit, kümmert sich im Schichtdienst um Patienten, wäscht sie, versorgt ihre Wunden, gibt ihnen Medikamente und Essen, wechselt Verbände, begleitet sie zur Toilette. Monatslohn: 2200 Euro. „Ich bin mit Herz dabei“, sagte er bereits im Februar zu FOCUS Online.

„Ich vertraue dem Impfstoff nicht. Ich habe Angst davor“

Lachmann ist kein Corona-Leugner, auch kein Querdenker. Er gehört einfach zu jenen Menschen, die massive Vorbehalte gegen eine Impfung haben. „Ich vertraue dem Impfstoff nicht. Ich habe Angst davor“. Zwar weiß er, dass Hunderte Millionen Menschen auf der ganzen Welt sich gegen das gefährliche Virus haben impfen lassen, ohne dabei Schaden zu nehmen. Und er weiß auch, dass bislang nur in sehr wenigen Fällen schwere Nebenwirkungen aufgetreten sind, Herzmuskelentzündungen zum Beispiel, Thrombosen, allergische Reaktionen und Nervenschäden.

Dennoch ist er skeptisch.

Dass er für seine Haltung nun höchstwahrscheinlich seinen Arbeitsplatz im Krankenhaus verlieren wird, kann Lachmann nicht begreifen. Er verwendet das Wort „Skandal“ und berichtet, viele andere Menschen würden das genauso sehen. Der Staat stufe ungeimpfte Pflegekräfte als so gefährlich ein, dass er sie auf die Straße setzt. „Aber wenn es darum ging, rund um die Uhr für Patienten da zu sein und bei Ausfällen von Kollegen einzuspringen, waren wir immer gut genug“. Lachmann resümiert: „Mein Vertrauen in den Rechtsstaat ist erschüttert – ähnlich wie das Vertrauen in den Impfstoff“.

Um Job zu behalten, würde er sich mit Corona infizieren

In seiner Not ist Henning Lachmann auf einen Gedanken gekommen, der ihn anfangs selbst erschreckt hat: „Ich denke immer mal wieder daran, mich absichtlich mit dem Corona-Virus anzustecken. Eigentlich würde ich das gern tun.“ Der Grund ist klar: Wenn er die Krankheit überwunden hat, gilt er als genesen. Mit dem entsprechenden Nachweis wäre er vor Sanktionen des Gesundheitsamtes sicher – und könnte seinem Beruf erstmal weiter nachgehen.

Der Pfleger räumt ein, dass dieses Szenario „verstörend“ klingt, sowohl für Außenstehende als auch für ihn selbst. Wohl auch deshalb hat er den Plan bislang nicht in die Realität umgesetzt. Dass Lachmann bereits Corona hatte, ohne es zu merken, gilt als unwahrscheinlich. Im Februar ließ er sich auf Coronavirus-Antikörper testen. „Das Ergebnis lag bei Null“.

Kein Ärger mit Patienten: „Sind froh, wenn sie mich sehen“

Seine Arbeit verrichtet Henning Lachmann unterdessen ganz normal weiter, wenn man das in diesen unnormalen Zeiten überhaupt so sagen darf. Bis vor kurzem musste er vor jedem Dienst auf Station einen Corona-Test machen. „Seit einigen Tagen gilt eine neue Regelung, wonach nur noch zwei Tests pro Woche verpflichtend sind“, sagt Lachmann.

Ärger mit Patienten habe es bisher nicht gegeben, erklärt der Pfleger. „Eher im Gegenteil: Die sind immer froh, wenn sie mich sehen“. Lachmann berichtet, einige Patienten habe er bereits darauf hingewiesen, dass er nicht gegen Corona geimpft ist. Niemand habe sich aufgeregt oder den Kontakt zu ihm abgelehnt. „Die wissen natürlich um den Personalmangel in der Pflege und haben sich vermutlich so etwas gedacht wie 'Gott sei Dank ist überhaupt jemand hier'“.

Lachmann: „Personalausfälle und ausgebrannte Kollegen“

Vielleicht liegen sie damit gar nicht so falsch. Lachmann jedenfalls erlebt eigener Aussage zufolge Tag für Tag „etliche Personalausfälle“ und trifft „ausgebrannte Kollegen“. Er weiß, „dass sich immer weniger Menschen noch für diesen Beruf aufopfern wollen“. Sollte man ihn aus der Klinik schmeißen, sei er gespannt, „wer dann meine Arbeit macht“, sagt Lachmann. „Niemand von außerhalb kann sich auch nur annähernd vorstellen, wie die Lage auf der Station wirklich ist. Kein Politiker, kein Behördenmitarbeiter, niemand“.

Freiwillig seinen Platz zu räumen, das kommt für Henning Lachmann nicht infrage. „Ich biete der Klinik stets meine Arbeitskraft an. Das war schon immer so. Und das wird auch so bleiben“. Sollte das Gesundheitsamt ihn persönlich anhören, werde er den Leuten dort nicht nur erzählen, wie gern er seinen schweren Beruf ausübt. Er wird ihnen auch erklären, dass er auf seiner Station unabkömmlich ist. „Denn wir können auf niemanden verzichten“.

 

Krankenpfleger: „Ich kämpfe bis zum bitteren Ende!“

Eines steht für Lachmann schon jetzt fest: „Ein Bußgeld werde ich sicherlich nicht zahlen. Eher würde ich dagegen klagen.“ Ähnliche Schritte kündigt er für den Fall an, dass ihm das Betreten der Klinik verboten wird. Der Pfleger zu FOCUS Online: „Ich kämpfe bis zum bitteren Ende!“

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