„Jeder kann seinen persönlichen Kampf gegen Krebs heute beginnen“, schreibt Gesundheitsminister Jens Spahn auf Twitter und zählt vier einfache Tipps auf, die Krebs vorbeugen. Für manche Leser klingt das wie: Wer Krebs bekommt, ist selbst schuld! Der Tweet stößt negativ auf, hat aber einen wahren Kern.
Krebs ist ein sehr heikles Thema. Das hat Gesundheitsminister Jens Spahn spätestens in dieser Woche gelernt. Erst hatte er Experten gegen sich aufgebracht, weil er gegenüber der "Rheinischen Post" erklärt hatte, dass er Krebs in zehn bis 20 Jahren für besiegbar halte. Onkologen kritisierten, dass eine solche Aussage falsche Hoffnungen wecke.
Jetzt verärgerte Spahn mit einem Post auf Twitter, in dem er schrieb: "Jeder kann seinen persönlichen Kampf gegen Krebs heute beginnen. Wie? So: Nicht (mehr) rauchen, sich mehr bewegen, gesund ernähren und die Haut vor UV-Strahlung schützen (Sonnencreme)!"
Fast 2000 Menschen kommentieren den Tweet innerhalb der ersten 24 Stunden, viele davon negativ, spöttisch, verärgert.
"Leider macht Krebs vor Menschen, die gesund leben, keinen Stopp", antwortet eine Twitter-Userin. "All das Beschriebene ist nicht falsch. Aber in dem Kontext echt dämlich", schreibt ein anderer.
Natürlich gilt: Nicht jeder Krebs ist selbst verschuldet. Das hat Jens Spahn auch nie behauptet. Seine Worte können aber durchaus in diese Richtung interpretiert werden. Jeder kann Lungenkrebs bekämpfen, wenn er mit dem Rauchen aufhört? Tatsächlich haben rund zehn Prozent der Lungenkrebspatienten noch nie aktiv geraucht.
Spahn rudert einen Tag später zurück und schickt einen zweiten Post hinterher: "Es tut mir leid, wenn mein Tweet missverständlich war. Nichts liegt mir ferner als den Erkrankten eine Mitschuld zu geben oder Krebs zu verharmlosen. Im Gegenteil: Wir sollten durch mehr Prävention, frühere Früherkennung, bessere Therapien schweres Leid zu vermindern versuchen."
Warum Spahn mit seinem Krebs-Tweet recht hat
Ein gesunder Lebensstil kann Krebs in vielen Fällen vorbeugen. Das ist Fakt. In welchem Maß der Lebensstil das Krebsrisiko beeinflusst und in welchem Maß etwa die Gene eine Rolle spielen, ist wissenschaftlich noch nicht geklärt und hängt auch von der jeweiligen Krebsart ab. Trotzdem kommen Studien immer wieder zu dem Ergebnis: Zu einem gewissen Grad haben wir unser Krebsrisiko auch selbst in der Hand.
So etwa eine Studie aus Boston an knapp 140.000 US-Amerikanern. Sie zeigte: 40 bis 70 Prozent aller Krebsfälle und rund die Hälfte der Todesfälle durch Krebs könnten verhindert werden, wenn wir uns an vier einfache Tipps halten:
Die Studie wurde in dem renommierten Fachmagazin „Jama Oncology“ veröffentlicht. Drei der vier Tipps finden sich auch in Spahns Tweet.
Was ist dran an Spahns Tipps?
Warum Spahns Tweet auf heftige Kritik stößt
Trotzdem ist auch die Kritik vieler Twitter-Nutzer in gewisser Weise berechtigt. Was Spahns Post nicht thematisiert, sind die vielen erblich bedingten Krebsformen. So können etwa Darmkrebs, Brust- oder Eierstockkrebs ihre Ursache in einer genetischen Veränderung haben, die Tumore entstehen lässt.
Auch für Leukämie können einige seltene genetische Veränderungen das Erkrankungsrisiko erhöhen. Hierzu schreibt ein sarkastischer Twitter-User als Antwort auf Spahns ersten Post: "- hab noch nie geraucht – laufe jeden Tag mind. eine Stunde – ernähre mich ausgewogen und trotzdem hab ich Leukämie. Irgendwas mache ich wohl falsch."
Tatsächlich kommen auch Rauchen und Übergewicht als Ursachen für Leukämie in Frage, aber sicher belegt ist ein Zusammenhang bislang nicht. Experten vermuten, dass es bei den meisten Leukämiepatienten keine eindeutige Ursache gibt. Vermutlich müssen viele verschiedene Faktoren zusammenwirken, damit der Krebs entsteht.
So ist es auch bei den meisten anderen Krebsarten. Krebs ist viel zu komplex, als dass er mit nur vier Tipps vermeidbar wäre. Trotzdem können viele Menschen ihr Krebsrisiko enorm senken, wenn sie die von Spahn genannten Tipps berücksichtigen.
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