Nirgendwo leben Menschen so lange wie auf den Okinawa-Inseln – das ist der Grund

Zwei Drittel der heute über hundertjährigen Inselbewohner lebten einer Studie zufolge noch mit 97 Jahren unabhängig und ohne Hilfeleistungen. Auch ist die Zahl der von Herzinfarkt, Schlaganfall oder Krebs betroffenen Menschen in Okinawa sehr gering.

Forscher versuchen schon seit Langem herauszufinden, warum die Bewohner Okinawas so ungewöhnlich lange und gesund leben. Inzwischen sind sie fest davon überzeugt, dass ihre Ernährung dabei eine absolute Schlüsselrolle einnimmt.

Eine Ernährung mit viel Gemüse, Soja und Meeresfrüchten

Die traditionelle Küche der Inselgruppe ist reich an Gemüse, Sojaprodukten und Meeresfrüchten. Wissenschaftler derEat-Lancet-Kommission wiesen im Januar darauf hin, dass da im Großen und Ganzen ihrer “Planetary Health”-Musterdiät entspreche. Dahinter steckt eine Ernährungsweise, die sich besonders positiv auf die menschliche Gesundheit auswirkt und zudem auch dabei hilft, die negativen ökologischen Auswirkungen unserer Ernährung zu reduzieren.

In der Küche der Okinawa-Inseln wird unter anderem häufig mit Süßkartoffeln, grünem Blatt- und Wurzelgemüse, bitteren Melonen und bescheidenen Mengen an Fisch und Meeresfrüchten, magerem Fleisch, Obst und Tee gekocht. Eine typische Mahlzeit könnte dabei zum Beispiel aus Miso-Suppe, gebratenem Gemüse mit Seetang und einer Tasse frisch gebrühtem Jasmin-Tees bestehen.

Wenig Kalorien, aber viele Kohlenhydrate

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Allgemein weist diese Ernährungsweise also niedrige Kalorienwerte auf, ist jedoch vor allem aufgrund der Süßkartoffelgerichte reich an Kohlenhydraten. Sie bietet zudem auch eine moderate Proteinzufuhr und viele Nährstoffe, mit geringen Mengen an Fleisch, Weißmehl, Zucker und Milchprodukten.

Dies führt dazu, dass Menschen aus Okinawa für gewöhnlich nicht so groß gewachsen sind und etwas magerer sind als der landesweite Durchschnitt. Eine Studie fand heraus, dass der Anteil von Kohlenhydraten zu Proteinen in der Küche der Okinawa-Inseln nahezu gänzlich dem entspricht, was bei Diäten zur Verlängerung der Lebensdauer vorgeschrieben wird.

Die Ernährungswissenschaftlerin Shelley Maniscalco, Präsidentin der Beratungsfirma Nutrition on Demand, sagt, dass die Essgewohnheiten der Okinawaner viele Vorteile hätten, auch wenn man sie nicht unbedingt selbst ganz nachahmen müsse.

“Dort isst man viel Gemüse und Obst, was, wie wir alle wissen, viele gesundheitliche Vorteile mit sich bringt – wahrscheinlich sogar noch mehr, als wir bisher herausgefunden haben. Zudem ist die örtliche Ernährung auch reich an pflanzlichen Proteinen, Fisch, Meeresfrüchten und Vollkornprodukten. Diese Eigenschaften entsprechen in etwa dem, was wir unter einer die Gesundheit und ein langes Leben fördernden Ernährungsweise verstehen,” erklärt die Wissenschaftlerin.

Aufhören zu essen, wenn man sich zu 80 Prozent gesättigt fühlt

Im Gegensatz mangelt es beispielsweise in der Ernährung eines durchschnittlichen US-Amerikaners für gewöhnlich an Ballaststoffen und einer langen Liste von Nährstoffen. Zudem enthalten viele amerikanische Produkte große Mengen an gesättigten Fetten, Cholesterin, Zucker und Salz.

Während die Inselbewohner von Okinawa sich an die Faustregel hara hachi bu halten, die besagt, dass man mit dem Essen aufhören sollte, wenn man sich zu 80 Prozent gesättigt fühlt, nehmen viele US-Amerikaner und Westeuropäer zu viele Kalorien zu sich. Das erhöht das Risiko für Fettleibigkeit und begünstigt typische Alterskrankheiten wie Herzinfarkt, Krebs und Diabetes.

Um die mit der Ernährung der Menschen von Okinawa verbundenen gesundheitlichen Vorteile zu genießen, muss man die eigenen Kochgewohnheiten aber nicht unbedingt ganz auf Gerichte aus der okinawanischen Küche umstellen.

Reichhaltige Ernährung mit grünem Blattgemüse und mageren Proteinprodukten

“Wir sollten nicht vergessen, dass wir die Grundlagen anderer Esskulturen auch einfach in unsere eigenen Regionalküchen mit einbetten können,” sagt Whitney Linsenmeyer, eine Sprecherin der US-amerikanischen Akademie für Nahrungs- und Ernährungswissenschaften.

“Mit anderen Worten: Jemand, der versucht, zu Hause in Anlehnung an die Okinawa-Küche zu kochen, der aber weit von der Küste entfernt lebt und deswegen nur schwer an frischen Fisch und Gemüsesorten gelangt, kann trotzdem das okinawanische Grundprinzip einer reichhaltigen Ernährung aus grünem Blattgemüse und mageren Proteinprodukten auf die eigene Ernährung anwenden.”

Doch trotz alledem ist es vielen schlicht unmöglich, die eigene Ernährung derart zu gestalten. Dies liege sowohl an mangelnder Motivation und Fachwissen, wie auch an finanziellen Beschränkungen.

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“Das wirkliche Problem dabei, den Menschen zu helfen, ihre Ernährung umzustellen, ist die große Kluft zu schließen zwischen dem, was die Leute über Ernährung wissen und dem, wie sie dieses Wissen dann am Ende in die Praxis umsetzen.”

Die Gründe dafür seien vielfältig und bei jedem Menschen unterschiedlich, typische Probleme seien jedoch hohe Nahrungsmittelkosten, die eingeschränkte Verfügbarkeit bestimmter Zutaten und zahlreiche praktische Schwierigkeiten, wie beispielsweise die scheinbare Schwierigkeit des Kochens oder rivalisierende Prioritäten im Alltag, sagt Linsenmeyer.

Dennoch kann die Okinawa-Diät auch mit einem begrenzten Budget realisiert werden, erklärt Melissa Halas-Liang, Ernährungswissenschaftlerin und Pressesprecherin der kalifornischen Akademie für Nahrungs- und Ernährungswissenschaften.

Wenig Alkohol und viel Bewegung verlängern das Leben – aber auch sozialer Zusammenhalt

“Ich erstelle beispielsweise Ernährungspläne für College-Studenten, die die Kosten pro gegessene Mahlzeit auf bis zu 1,50 US-Dollar reduzieren können,” meint Halas-Liang.

Auch dürfen wir neben der Ernährungsweise auch andere Faktoren, die sich negativ auf die Lebensdauer auswirken, wie beispielsweise zu wenig Bewegung und ein hoher Alkoholkonsum, nicht ganz aus dem Blick verlieren.

Die Menschen in Okinawa führen einen aktiven Lebensstil, und genießen nur selten (und in Maßen) eine vor Ort gebraute Brandysorte.

Weitere Faktoren, die ein langes Leben fördern sind das allgemeine Wohlbefinden und die vielen sinnstiftenden Aktivitäten, denen die Inselbewohner nachgehen.

Es ist schwierig, das genau zu bemessen, doch es scheint fast sicher, dass Menschen mit einem starken sozialen Zusammenhalt, mit starken Freundes- und Familienkreisen und definierten gesellschaftlichen Rollen seltener an Alterskrankheiten leiden, als isolierte oder einsame Menschen,” sagt Professor John Mathers, der Direktor der Institutes für Altern und Altersgesundheit an der Universität Newcastle.

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Ein gutes Sozialleben werde eine gesunde Ernährung aber nicht ersetzen können, sagt Ernährungswissenschaftlerin Halas-Liang.

“Es ist wichtig, mit anderen in Kontakt zu stehen, Teil von etwas Größerem zu sein, einen Unterschied zu machen, Teil einer Gemeinschaft zu sein und sein Leben mit anderen zu teilen und zu wachsen. Doch wer all dies macht, aber dabei einen Liter Coca-Cola pro Tag trinkt, an einem Schreibtisch sitzt und sich danach nicht bewegt, der wird wohl nicht auf lange Zeit die Energie haben, sich gut zu fühlen oder mit anderen in Kontakt zu bleiben,” erklärt sie.

Dieser Artikel ist zuerst in der HuffPost US erschienen und wurde von Lukas Wahden aus dem Englischen übersetzt.

(ujo)

Dieser Artikel wurde verfasst von Tom Levitt

*Der Beitrag „Nirgendwo leben Menschen so lange wie auf den Okinawa-Inseln – das ist der Grund“ stammt von HuffPost. Es gibt keine redaktionelle Prüfung durch FOCUS Online. Kontakt zum Verantwortlichen hier.

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