Krank machende Stühle: Sitzen ist für viele Krankheiten verantwortlich
Die meisten Menschen in der westlichen Welt verbringen jeden Tag viele Stunden sitzend. Das schadet der Gesundheit, wie auch schon zahlreiche Studien gezeigt haben. Gesundheitsexperten raten daher, langes Sitzen zu vermeiden. Ein bekannter Arzt empfiehlt dies nicht nur, sondern lebt es auch vor: der Mediziner verzichtet weitgehend auf Stühle.
Arbeiten am Schreibtisch
In der westlichen Welt verbringen die meisten Menschen viele Stunden im Sitzen. Etwa jeder Zweite arbeitet heute am Schreibtisch. Doch langes Sitzen macht uns krank, wie auch verschiedene Studien zeigen konnten. Gesundheitsexperten raten daher dazu, immer wieder aufzustehen und sich zu bewegen. Ein bekannter Arzt hat sich für eine andere Methode entschieden: er setzt sich so gut wie nie hin. Der Mediziner hat Stühle weitgehend aus seinem Leben verbannt.
Höhere Sterberate
Vor kurzem wurde im „Journal of Epidemiology & Community Health“ eine Studie nordirischer Wissenschaftler veröffentlicht, die zum Schluss kam, dass uns langes Sitzen früher sterben lässt.
Dies deshalb, weil dadurch das Risiko für Herzkrankheiten, Typ-2-Diabetes und für Darmkrebs erhöht wird.
Auch frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass das ständige Sitzen unsere Lebenserwartung deutlich verringert.
So berichteten US-amerikanische Forscher vor Jahren im „American Journal of Epidemiology“, dass zu viel Zeit im Sitzen dazu führt, dass Männer eine 20 Prozent höhere Sterberate haben. Bei Frauen liege sie sogar 40 Prozent höher.
Das ständige Verweilen auf Stühlen, Sesseln und Sofas hat aber nicht nur zur Folge, dass die Gefahr für schwere Krankheiten und frühen Tod steigt, sondern es führt auch zu zahlreichen Alltagsbeschwerden wie Nackenschmerzen, dicken Beinen und Rückenschmerzen.
Auch der Chirurg Dr. med. Martin Oswald aus Augsburg weiß, wie ungesund Sitzen ist. Er hat daher Stühle weitgehend aus seinem Leben entfernt. In einem Gespräch mit „Focus Online“ erklärt der Mediziner, warum er weder in seiner Praxis noch zu Hause auf Sitzmöbel setzt.
Erhöhtes Risiko für Krampfadern
Im Wartezimmer des Augsburger Chirurgen mit den Schwerpunkten Phlebologie (Venenerkrankungen) und Proktologie (Enddarmerkrankungen) sind kaum Stühle zu finden, in den Behandlungsräumen gar keine.
Dr. Oswald operiert sogar im Stehen. Und auch zu Hause hat er nur wenig Sitzmöbel. Nur beim Autofahren muss er sitzen. Allerdings sitzt er dabei auf einem Holzbrett, damit sein Körper nicht vollständig entlastet und somit geschwächt wird.
Laut dem Bericht des Online-Magazins geht der Arzt bereits seit über zwei Jahrzehnten davon aus, dass Sitzen krank macht und beispielsweise Krampfadern verursacht.
Zu dieser Vermutung trugen damals zwei Beobachtungen bei. Zum einen stellte der Mediziner fest, dass Krampfadern in manchen Regionen der Welt, wie zum Beispiel in Mittelafrika gar nicht auftreten, in Industrieländern hingegen sehr häufig.
Und zum anderen erkannte er, dass Krampfadern in Risikoländern fast jeden treffen können – egal ob Mann oder Frau, dick oder dünn.
Er schloss daraus, dass es einen gemeinsamen Risikofaktor geben muss, der die Patienten mit Krampfadern betrifft. „Und das kann nur der Stuhl, also das Sitzen sein“, so der Chirurg gegenüber „Focus Online“.
Seinen Angaben zufolge konnte er bei mehreren Studienreisen nach Äthiopien – wo die Menschen traditionell nicht auf Stühlen sitzen – zeigen, dass Sitzen der gemeinsame Faktor für solche Krankheiten ist.
Den Angaben zufolge machte er seine Untersuchungen lange bevor andere Wissenschaftler zu Schlüssen wie „Sitzen ist das neue Rauchen“ kamen.
Dr. Oswald geht noch einen Schritt weiter und sagt: „Ich bin sogar davon überzeugt, dass Sitzen noch schädlicher als Rauchen und Alkohol ist.“
Langes Sitzen und Krebsrisiko
Zwar sei noch nicht genau geklärt auf welche Weise Sitzen der Gesundheit schadet, doch Dr. Oswald ist sich sicher, dass uns der Stuhl die Aufgabe der Haltung wegnimmt, was sich negativ auf Muskeln, Sehnen und Knochen auswirkt.
Dem Experten zufolge überlaste Sitzen nicht nur die unteren Blutgefäße und den Enddarm und führt zu Hämorrhoiden und Krampfadern, sondern habe auch gesundheitliche Auswirkungen auf Unterleibsorgane, wie beim Mann die Prostata und bei der Frau Beckenboden, Blase und Gebärmutter.
In dem Beitrag wird zwar auch darauf hingewiesen, dass durch langes Sitzen das Risiko für einige Krebsarten steige, allerdings gebe es dazu bislang kaum fundierte Studien.
Bewegung kann Haltungsveränderungen nicht rückgängig machen
Dr. Oswald tut der Verzicht aufs Sitzen offenbar gut. Der schlanke und sportliche 67-Jährige kenne keine altersbedingten Wehwehchen. Dies habe wohl auch mit seinem Lebensstil zu tun.
„Vielleicht ist es das, was mich von manchen anderen Medizinern und Forschern unterscheidet – ich sage nicht nur, sitzen schadet, ich lebe auch danach“, sagt der Mediziner laut „Focus Online“.
Allerdings können längst nicht alle Menschen nach diesem Prinzip leben. Ein großer Teil der Bevölkerung sitzt beruflich täglich stundenlang am Schreibtisch.
Dem Arzt zufolge sei Bewegung als Ausgleich zwar wichtig, doch die durchs Sitzen ausgelösten negativen Veränderungen an der Haltung ließen sich dadurch nicht rückgängig machen.
Seine Schlussfolgerung: „Einer, der wenig sitzt, wird wahrscheinlich wenig krank, aber wer ganz gesund bleiben möchte, dürfte gar nicht auf dem Stuhl sitzen.“ (ad)
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