„Kammerwahl? Bringt doch eh nichts“

Die baden-württembergischen Apotheker:innen haben kürzlich eine neue Vertreterversammlung gewählt. Oder eher gesagt: Ein Viertel der Apothekerschaft dort hat das getan – die Wahlbeteiligung lag nur bei knapp 25 Prozent und auch in so manch anderer Kammer kam man in den letzten Jahren kaum über 40 Prozent hinaus. Uns hat daher interessiert, warum so viele Kolleg:innen diese Möglichkeit der Mitbestimmung verstreichen lassen. Das Ergebnis unserer nicht repräsentativen Umfrage wirft kein besonders gutes Licht auf die Standespolitik.

„Haben Sie bei der letzten Kammerwahl gewählt und, wenn nein, warum?“ – das wollten wir von unseren Leser:innen wissen. Anlass für diese Frage war die mit 25 Prozent extrem niedrige Wahlbeteiligung bei der letzten Wahl in Baden-Württemberg. Wahlbeteiligungen der vergangenen Jahre aus anderen Kammern sind zwar höher, kommen aber auch selten über 40 Prozent hinaus.

Unserem Aufruf, sich an der Umfrage zu beteiligen, sind 621 Leser:innen gefolgt. Mehr als drei Viertel davon sind in der öffentlichen Apotheke tätig, knapp über 3 Prozent im Krankenhaus und der Rest in der Industrie, an den Universitäten usw.. Von den Kolleg:innen in den öffentlichen Apotheken ist etwas mehr als die Hälfte (53 Prozent) angestellt.

DAZ-Leserschaft hat mehrheitlich gewählt

Die DAZ-Leser:innen haben allerdings entgegen dem landläufigen Trend mehrheitlich ihre Stimme abgegeben (das Ergebnis ist nicht repräsentativ): 55 Prozent gaben an, bei der letzten Kammerwahl gewählt zu haben. Das Verhältnis von Angestellten in öffentlichen Apotheken und Inhaber:innen ist bei denen, die zuletzt mit abstimmten, nahezu ausgeglichen: 38 Prozent Angestellte und 35 Prozent Apothekenleiter:innen. (Die übrigen Stimmen entfallen auf Krankenhausapotheker:innen und in anderen Feldern Beschäftigte, wie Industrie, Universität etc.). Unter denen, die nicht gewählt haben, liegen die Werte weiter auseinander: 44 Prozent Angestellte und 37 Prozent Leiter:innen haben angegeben nicht, an der letzten Wahl teilgenommen zu haben.

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Bei der Frage nach dem Grund war fast ein Drittel der Nichtwähler (32 Prozent) der Meinung, dass Wählen ohnehin nichts bringt. Dazu kommt noch ein erheblicher Anteil (26 Prozent), der angibt, gar nicht zu wissen, was er da wählt. Insgesamt 23 Prozent haben schlicht vergessen zu wählen oder haben gar nicht mitbekommen, das Wahlen sind. Die Übrigen haben andere Gründe. Hier findet sich auch eine Reihe von Antworten, die auf eine gewisse Ernüchterung bzw. Unzufriedenheit mit der Standesvertretung hindeuten, zum Beispiel, dass man sich von der Standesvertretung nicht repräsentiert fühle oder die Standespolitik nichts für den Berufsstand tue. Einige gaben auch an, keine Unterlagen bekommen zu haben, oder dass sie sich eine digitale Wahl gewünscht hätten – tatsächlich wird meist per Brief gewählt. Lediglich manche Kammerbezirke, zum Beispiel Westfalen-Lippe, bieten auch an, online zu wählen. 

Betrachtet man nur die Gruppe der Inhaber:innen, stellt man fest, dass hier der Anteil derer, die meinen, dass eine Beteiligung an der Kammerwahl nichts bringe, größer ist als bei den Angestellten (40 versus 30 Prozent). Bei Letzteren spielte gar nicht zu wissen, was sie wählen, eine ähnlich große Rolle (31 Prozent). 

Strukturelle Probleme leicht behebbar

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass zumindest bei den Teilnehmer:innen dieser Umfrage tatsächlich eine gewisse Ernüchterung und Unzufriedenheit mit ihrer Standesvertretung eine relevante Rolle spielen, nicht zu wählen. Inwiefern das sich in den kommenden Jahren ändert und sich das dann tatsächlich auch auf die Wahlbeteiligung auswirkt, bleibt abzuwarten. 

Strukturelle Probleme, die dazu führen, dass nicht gewählt wird, sollten sich hingegen schneller beheben lassen. So dürfte es keine Kammer vor größere Probleme stellen, die Möglichkeit anzubieten, online abzustimmen (falls erforderlich nach entsprechenden Satzungsänderungen). Zudem sollte man sich vielleicht seitens der Kammern etwas einfallen lassen, um der Apothekerschaft das System, die Kandidierenden und wofür sie stehen etwas näherzubringen.

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