Dieses Urteil des Bundesgerichtshofes könnte noch für Nachwehen sorgen. Ein Wettbewerbsverein hatte einen Händler verklagt, der bei Amazon Kinesiologie-Tapes anbietet. Kunden hatten sich in Rezensionen über die schmerzlindernde Wirkung der Pflaster ausgetauscht. Der Wettbewerbsverein hielt dies für unlauter und sah darin einen Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz. Er forderte den Händler auf, die jeweiligen Kundenmeinungen zu löschen. Am heutigen Donnerstag urteilte der Bundesgerichtshof, dass Händler grundsätzlich keine Haftung für die Bewertungen ihrer Produkte durch Kunden übernehmen müssen.
Dass sich Patienten online über gesundheitsrelevante Themen informieren und in Foren über Erfahrungen austauschen, gehört mittlerweile zur Lebenswirklichkeit wie der Besuch beim Arzt oder in der Apotheke. Verhindern möchte das auch niemand. Rechtlich kompliziert wird es allerdings, wenn in solchen Beiträgen konkrete Bezüge zu Arzneimitteln, Medizinprodukten und anderen Therapieoptionen hergestellt werden. Denn die Anpreisung von Wirksamkeit und die Angabe von Bezugsquellen könnten eine Art von Werbung darstellen, die unter Umständen gegen das Heilmittelwerbegesetz (HWG) verstößt. Vor allem dann, wenn tatsächlich ein direkter Bezug zwischen Kundenmeinung und Anbieter besteht. Im Zeitalter des Influencer-Marketings ein gar nicht so abwegiges Szenario.
Deshalb versuchen seriöse Hersteller oder Anbieter diese Bereiche auch strikt zu trennen. Sie werben für ihre medizinische Produkte und Dienstleistungen in dem Rahmen, den ihnen der Gesetzgeber vorgibt, und distanzieren sich gleichzeitig von Kundenrezensionen, die gegen die einschlägigen Gesetze und Verordnungen verstoßen würden. So preisen ästhetische Chirurgen beispielsweise ihre Dienste in der Öffentlichkeit nicht mit Vorher-Nachher-Fotos von verkleinerten Nasen oder vergrößerten Brüsten an.
Doch wie verhält es sich, wenn der jeweilige Händler oder Anbieter auf einer Internetplattform wie beispielsweise Amazon auftaucht und keinen direkten Einfluss auf die Kundenrezensionen nehmen kann? Im Fall, der heute zu einem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) führte, ging es um einen Händler, der mehrere Jahre lang Kinesiologie-Tapes auf Amazon angeboten hatte. Unter diesem Angebot waren Kundenrezensionen abrufbar, die unter anderem die Hinweise „schmerzlinderndes Tape!“, „This product is perfect for pain …“, „Schnell lässt der Schmerz nach“, „Linderung der Schmerzen ist spürbar“, „Die Schmerzen gehen durch das Bekleben weg“ und „Schmerzen lindern“ enthielten.
Einem Wettbewerbsverein war das ein Dorn im Auge. Er sah darin einen Verstoß gegen das Lauterkeitsrecht, speziell das Heilmittelwerberecht, vor allem deshalb, weil es keinen medizinisch gesicherten Nachweis gebe, dass die angebotenen Kinesiologie-Tapes tatsächlich für eine Schmerzbehandlung geeignet seien. Schon im November 2013 gab der Händler gegenüber dem Wettbewerbsverein eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Er verpflichtete sich dazu, für das Produkt „Kinesiologie Tapes“ – insbesondere für „Gitter Tape“ – zukünftig nicht mehr mit Werbeaussagen wie „Kleben Sie den Schmerz einfach weg“, „Schmerzlinderung“, „Schmerzen können ohne Medikamente gelindert bis geheilt werden“ und „Perfekt für Schmerz“ zu werben.
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