Friedemann Schmidt tritt aus der FDP aus

Die Wahl zum Ministerpräsidenten Thüringens am vergangenen Mittwoch hat zu einem politischen Beben weit über die Grenzen des Bundeslandes hinaus geführt. Auch im Apothekerlager wurden am Tag danach erste Reaktionen bekannt. Nach Informationen von DAZ.online soll der amtierende ABDA-Präsident Friedemann Schmidt seine langjährige FDP-Mitgliedschaft gekündigt haben.

Thomas Kemmerich hat seinen Rücktritt als Thüringer Ministerpräsident zwar inzwischen bekannt gegeben, doch die gestrigen Vorgänge im Landtag werden sicherlich noch längere Zeit nachwirken. FDP-Mann Kemmerich war bei der Abstimmung über den neuen Regierungschef im dritten Wahlgang mit den Stimmen seiner eigenen Fraktion, der CDU und der AfD zum Ministerpräsidenten gewählt worden. Damit setzte er sich gegen den bisherigen Regierungschef Bodo Ramelow (Linke) mit nur einer Stimme Mehrheit durch. 

Die historische Zäsur: Erstmals wurde mit Hilfe der rechtspopulistischen, in Teilen rechtsextremen AfD einem Ministerpräsident ins Amt geholfen. Es folgte eine Welle der Empörung – vor der FDP-Bundeszentrale in Berlin und in weiteren Städten kam es noch am Abend spontan zu Demonstrationen tausender Menschen gegen die Ernennung Kemmerichs. Während die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer unmittelbar mitteilte, dass es „keine CDU-Minister in einem ‚Kabinett Kemmerich’“ und „keine Zusammenarbeit mit der AfD“ gebe, war die Reaktion der Bundes-FDP zunächst zurückhaltender. Der stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Alexander Graf Lambsdorff, forderte den Rücktritt Kemmerichs und rasche Neuwahlen: „Man kann, ja soll in einer demokratischen Wahl antreten. Aber man lässt sich nicht von AfD-Faschisten wählen.“ 

Vom Bundesvorsitzenden der Liberalen, Christian Lindner, hingegen gab es weniger eindeutige Signale. Lindner schloss zwar eine Zusammenarbeit mit der AfD aus – den Wahlvorgang selbst kritisierte er jedoch nicht. Dagegen appellierte er an CDU, SPD und Grüne die Gespräche mit dem neu gewählten FDP-Ministerpräsidenten aufzunehmen. Erst, wenn diese scheitern würden, wären Neuwahlen aus seiner Sicht nötig. Die Liberalen stehen vor einer Zerreißprobe. Inzwischen hat Lindner bekannt gegeben, im Rahmen einer heute stattfindenden Sondersitzung die Vertrauensfrage zu stellen zu wollen.

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Rund 20 Jahre bestand Schmidts Parteimitgliedschaft

Der Politskandal in Thüringen hat auch zu Reaktionen innerhalb der Apothekerschaft geführt. Der amtierende ABDA-Präsident Friedemann Schmidt soll nach Informationen von DAZ.online seinen Austritt aus der FDP erklärt haben. Rund 20 Jahre bestand Schmidts Parteimitgliedschaft, für die er in letzter Zeit immer wieder kritisiert wurde. Unter Christian Lindner kam es nämlich zu ideologischen und programmatischen Veränderungen, die viele Apotheker zum Austritt bewogen. Vor allem nach dem EuGH-Urteil zur Arzneimittelpreisbindung im Jahr 2016 stellte sich Parteichef Lindner mehrfach gegen die Forderung der Apotheker nach einem Rx-Versandverbot. Ein Jahr später, zur Bundestagswahl, beschlossen die Liberalen sogar, die Abschaffung des Fremdbesitzverbotes ins Wahlprogramm aufzunehmen. Ein Beschluss, der jedoch auch innerhalb der FDP umstritten war: So musste sich der Ombudsmann einschalten, weil es parteiinterne Kritik an den Deregulierungsplänen gab.

In einem „Cicero“-Interview mit ABDA-Präsident Friedemann Schmidt vom Februar 2019 erklärte dieser: „Man benutzt uns Apotheker als Nachweis dafür, angeblich keine Klientelpolitik mehr zu betreiben.“ Das Verhältnis zu den Liberalen beschrieb Schmidt als „weitgehend zerstört“. Das schmerze ihn, weil die Partei lange Zeit „der verlässliche Partner aller freien Berufe“ gewesen sei. Sollte sich das zerrüttete Verhältnis irgendwann wieder ändern, dann „sicherlich nicht in nächster Zeit“, so Schmidt. 

Die Vorgänge in Thüringen haben das Fass nun offenbar zum Überlaufen gebracht. Der Austritt Schmidts aus der Partei gleicht dem Ende einer in den letzten Jahren immer unerträglicher gewordenen Hassliebe. Der für ihn zuständige FDP-Landesverband in Sachsen wollte sich aus Datenschutzgründen nicht zu den Vorgängen äußern.

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