Kunststoff und seine Auswirkungen auf die Fortpflanzung von Tieren
Vieles weist darauf hin, dass wir Menschen durch die Produktion und Verwendung von Kunststoffen ungeahnte Auswirkungen auf die gesamte Umwelt und das Tierleben haben. Ein britisches Forschungsteam fand jetzt heraus, dass tatsächlich Chemikalien aus Kunststoffen die Hormone von Wildtieren stören und so das Wachstum und den Fortpflanzungserfolg beeinträchtigen.
Die Wissenschaftler der international anerkannten University of Oxford stellten bei ihrer aktuellen Untersuchung fest, dass Chemikalien aus Kunststoffen große Auswirkungen auf den Fortpflanzungserfolg von Wildtieren haben. Die Mediziner veröffentlichten die Ergebnisse ihrer Studie in dem englischsprachigen Fachblatt „Proceedings der Royal Society B: Biological Sciences“.
Abbau von Plastikmüll ist ein Problem für unser Ökosystem
Die wild lebenden Tiere in unseren Ozeanen und an Land sind einem wahren Cocktail aus verschiedenen Schadstoffen ausgesetzt, welche auch als endokrin wirkende Chemikalien (EDCs) bezeichnet werden. Bisher ist trotz jahrelanger Forschung immer noch relativ wenig darüber bekannt, wie diese häufigen Substanzen in der Umwelt interagieren. Das zunehmende Problem des Abbaus von Plastikmüll in fragilen Ökosystemen ist heute einer der Schlüsselbereiche der Forschung für Wissenschaftler.
PCB wirkt sich negativ auf die Fortpflanzung von Walen aus
Bei Killerwalen wurde in der Vergangenheit beispielsweise bereits einer hoher Schadstoffgehalt von polychlorierten Biphenylen (PCB) festgestellt, welche in vielen Kunststoffen verwendet wurden, bevor PCB im Jahr 2004 weltweit verboten wurde. Scheinbar führen die Schadstoffe bei den Meerestieren zu Problemen mit der Fortpflanzung. Ein Herde der Wale vor der Westküste Schottlands, von der bekannt ist, dass sie über einen hohen PCB-Gehalt verfügt, hat seit 25 Jahren kein einziges Kalb mehr zur Welt gebracht. Dies zeigt die starke Gefährdung von Wildtieren durch unseren Plastikmüll. Bei einem voll ausgewaschenen Orca, dem die Forscher den Namen Lulu gaben, sammelten sich 957 mg/kg PCB im Lipidgewebe an, ein Wert, der 100-fach über der sogenannten Toxizitätsschwelle liegt. Obwohl Lulu im gebärfähigen Alter war, wurde festgestellt, dass sie nicht kalben konnte. Lulu war unfruchtbar, als wäre sie noch im jugendlichen Alter, aber das Tier hätte bereits voll entwickelt sein müssen, sagen die Wissenschaftler.
Wird sich die Population von Killerwalen halbieren?
Ein Model prognostizierte kürzlich, dass die Anzahl der Orkas innerhalb eines Jahrhunderts aufgrund von PCBs (auf die Meeressäuger besonders anfällig reagieren) und der Anhäufung fettlöslicher EDCs in ihren Geweben halbiert werden könnte. Die fettreiche Milch der Meerestiere und ihre langen Laktationszeiten bewirken, dass Mütter mehr Giftstoffe an ihre Nachkommen weitergeben. Trotz des Verbots von PCB scheint sich die Präsenz von PCB in Europa seit dem Jahr 1998 eher stabilisiert zu haben, als weiter zu sinken, möglicherweise aufgrund des Auswaschens von Chemikalien auf Deponien aus Kunststoff und anderen Produkten, in denen sie früher üblich waren, erläutern die Wissenschaftler.
Wechselwirkungen zwischen Chemikalien sind weitgehend unbekannt
Die Experten prüften die mögliche Exposition des Meereslebens und es zeigen sich noch weitere Hinweise auf Toxizität. Während es viele Seevögel, Säugetiere und Fische mit Plastik im Magen gibt, sind viele der möglichen Auswirkungen von PCBs leider noch völlig unbekannt. Obwohl gezeigt wurde, dass die Freisetzung von EDCs schädliche Auswirkungen auf Wildtierpopulationen hat, sind die Wechselwirkungen zwischen Chemikalien noch weitgehend unbekannt, erklären die Wissenschaftler. Es gebe einen sehr großen Anteil an Chemikalien, die wir jeden Tag verwenden, über die trotzdem aber nur sehr wenig bekannt ist. Dies ist eine große Wissenslücke, da auch Experten nicht wissen, welche Auswirkungen die Stoffe haben können.
Weitere Forschung ist notwendig
Weitere Studien sind nötig, um vorherzusagen, wie Chemikalien in der Umwelt interagieren, da die derzeitigen Methoden zum Testen von Chemikalien nach deren Herstellung zu langsam sind und die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Chemikalien in der Umgebung schwer zu untersuchen sind. Es ist schwer vorherzusagen, welche Auswirkungen solche und ähnliche Chemikalien auf die Umwelt haben werden, erläutern die Mediziner. Es müsse ein besseres Verständnis der Struktur von Chemikalien entwickelt werden, um so mögliche Schäden an der Umwelt vorherzusehen.
Chemikalien können sogar Feminisierung männlicher Fische bewirken
Das endokrine System ist die Ansammlung von Drüsen, die Hormone produzieren, und spielt bei fast allen biologischen Funktionen, einschließlich Wachstum, Entwicklung und Fortpflanzung, eine entscheidende Rolle. Einige der bekannten Quellen von EDC, wie beispielsweise PCB, wurden zwar verboten, andere sind jedoch noch in Betrieb. Dazu gehören synthetische Hormone wie jene, die in der Antibabypille verwendet werden. Von diesen Hormonen wurde bereits festgestellt, dass sie Auswirkungen auf die Tierwelt haben, einschließlich der Feminisierung bestimmter männlicher Fische, selbst bei nur sehr geringen Konzentrationen. (as)
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