Der positive Trend setzt sich fort. Nachdem die Infektionszahlen ab November täglich neue Rekorde erreichten, ist die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz wieder rückläufig. Am Donnerstagmorgen lag der Wert bei 280,3, wie das RKI mitteillte. Am Vortag hatte er noch bei 289,0 gelegen, vor einer Woche bei 340,1. Wie das RKI unter Berufung auf Daten der Gesundheitsämter weiter mitteilte, wurden binnen 24 Stunden 44.927 Neuinfektionen verzeichnet. Vor genau einer Woche waren es noch 56.677 Ansteckungen.
Seit Pandemiebeginn haben die Gesundheitsämter insgesamt 6.923.636 Fälle gemeldet. Die Zahl der von einer Erkrankung durch das Coronavirus genesenen Menschen in Deutschland bezifferte das Institut mit rund 5.992.800. Die Gesamtzahl der Corona-Todesfälle in Deutschland stieg um 425 auf 109.749.
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Trotz der Trendumkehr sorgt sich die Regierung vor einer weiteren Infektionswelle durch die Ausbreitung der wesentlich ansteckenderen Omikron-Variante. Bund und Länder hatten sich deshalb am Dienstag auf eine Verschärfung der Corona-Regeln verständigt. So gelten ab dem 28. Dezember auch Kontaktbeschränkungen für Geimpfte und Genesene.
Als entscheidenden Maßstab für eine Verschärfung der Corona-Maßnahmen gilt die sogenannte Hospitalisierungsinzidenz. Dieser Wert gibt an, wieviele Menschen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen wegen einer Corona-Infektion im Krankenhaus liegen. Ab einem Wert von drei gilt in einem Bundesland flächendeckend für Veranstaltungen die 2G-Regel – das heißt, nur gegen das Coronavirus Geimpfte und von Covid-19 Genesene sind zugelassen. Am Mittwoch lag die Hospitalisierungsinzidenz laut RKI bundesweit bei 4,57.
Corona-Zahlen erst im Januar wieder belastbar
Mit Blick auf die bevorstehenden Feiertage und den Jahreswechsel warnte das RKI warnte, dass mit einer "geringeren Test- und Meldeaktivität" zu rechnen sei. Demnach könnten die offiziellen Daten nur ein "unvollständiges Bild der epidemiologischen Lage" in Deutschland ergeben. Auch die Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD), Ute Teichert, geht davon aus, dass es bei den offiziell gemeldeten Corona-Zahlen zu einer Untererfassung kommen könnte. "Verlässlich dürften die Zahlen erst wieder Anfang Januar sein." Das erschwere die Beurteilung der Corona-Lage in Deutschland, sagte Teichert.
Bereits Ende 2020/2021 war die Interpretation der Meldedaten schwierig gewesen. In einem Lagebericht von damals schrieb das Robert Koch-Institut (RKI) etwa: "Während der Feiertage und zum Jahreswechsel werden Covid-Fälle nur verzögert detektiert, erfasst und übermittelt, so dass der R-Wert ggf. unterschätzt wird." Als belastbarer galten die Zahlen erst wieder etwa ungefähr Mitte Januar.
Für die unzureichende Datenlage zwischen den Jahren sind laut Teichert nicht nur die Gesundheitsämter verantwortlich, die mit dem Melden positiver Corona-Nachweise nicht so hinterherkommen dürften wie sonst. Es gehen ihrer Einschätzung nach auch schlicht weniger Menschen zum Testen. Zudem sei davon auszugehen, dass auch weniger Testzentren offen seien. Teichert forderte erneut grundsätzlich mehr Personal für die Gesundheitsämter, damit dort keine Lücken beispielsweise an Feiertagen entstehen.
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Auch der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, warnte: "An Wochenenden und Feiertagen geht die Datenerfassung des öffentlichen Gesundheitswesen in den Ruhemodus. Doch das Virus schläft nicht. So hinken die politischen Maßnahmen dem Infektionsgeschehen hinterher."
"Die fachärztlichen Labore hielten selbstverständlich auch über Weihnachten die Versorgung aufrecht und stellten ausreichend Sars-CoV-2-PCR-Testkapazitäten zur Verfügung", hatte der Verband Akkreditierte Labore in der Medizin mitgeteilt.
Pharmakonzerne auf der Suche nach einem neuen Stoff
Auch wenn die Infektionszahlen gegenwärtig rückläufig sind, gehen Experten davon aus, dass die neue Virusvariante Omikron die Lage wieder verschärfen könnte. Pharmaunternehmen untersuchen deshalb bereits seit Wochen, ob es einer Anpassung ihrer Impfstoffe an die sich immer rascher ausbreitende Coronavirus-Variante Omikron bedarf. Ursprünglich wurden die Vakzine gegen den sogenannten Wildtyp von Sars-CoV-2 entwickelt, der Ende 2019 zuerst in China entdeckt worden war. Während die seit dem Jahreswechsel 2020/2021 eingesetzten Mittel aber auch gegen später virulente Mutanten wie Alpha oder Delta ihre Wirkung zeigten, könnte es bei Omikron anders aussehen.
Die neue Virusvariante zeigt mehr als 30 Mutationen vor allem am Spike-Protein, mit dem das Virus menschliche Zellen entert. Fühere Varianten hätten nur etwa 10 bis 15 Mutationen gezeigt, so Biontech-Gründer Ugur Sahin. Diese Änderungen bei Omikron könnten bewirken – so die Befürchtung –, dass die bisherigen Impfstoffe gegen eine Infektion weniger wirksam sind und die nach einer Impfung im Körper gebildeten Antikörper nicht ausreichen.
Vor allem die Hersteller der mRNA-Präparate, Biontech/Pfizer und Moderna, werben seit Beginn ihrer erstmals eingesetzten Impfstoffe mit der Möglichkeit, diese schnell an Virus-Änderungen anpassen zu können. Beide bereiten ihre Mittel bereits seit Monaten auf mögliche Mutationen des Coronavirus vor – unter anderem mit klinischen Untersuchungen. "Diese Studien haben gezeigt, dass Varianten-Impfstoffe gleich gut vertragen werden und ähnliche Symptome zeigen wie das Original-Vakzin gegen den Wildtyp", sagte Sahin.
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Der US-Hersteller Moderna hat Ende November mit der Anpassung seines mRNA-Impfstoffes speziell gegen die Omikron-Variante begonnen. "Wir haben multivalente Kandidaten, die schon auf frühere Varianten wie Beta oder Delta optimiert wurden und die bereits in der klinischen Prüfung sind", sagte Deutschland-Geschäftsführer Gerald Wiegand der Deutschen-Presse-Agentur. "Da sind bereits Daten zusammengekommen."
Auch der Hersteller Astrazeneca hat nach eigenen Angaben zusammen mit Forschern der Universität Oxford erste Schritte unternommen, um einen Omikron-Impfstoff zu produzieren, für den Fall, dass er benötigt werde. Zeitliche Angaben gab es zunächst nicht.
Wann ist mit einem Omikron-Impfstoff zu rechnen?
Biontech schafft nach Unternehmensangaben bereits Voraussetzungen, um das Mittel schnell herstellen zu können. Unternehmensgründerin Özlem Türeci ging jüngst davon aus, dass die ersten kommerziellen Chargen eines speziellen Omikron-Impfstoffes im März lieferbar sein könnten – und dann auch schon millionenfach.
Mit Blick auf die vorläufigen Studienergebnisse aber ein: "Diese sind keine Grundlage, um präventiv über die Notwendigkeit eines an Omikron angepassten Impfstoffs zu entscheiden. Wir müssen weitere Labordaten und vor allem auch Daten aus der Praxis auswerten, die in den nächsten Wochen erwartet werden." Dann erst zeige sich, wie es weitergeht.
Auch Wiegand betonte, es sei noch nicht entschieden, ob und wann Moderna einen Omikron-spezifischen Booster auf den Markt bringen werde. "Das Geschehen ist sehr dynamisch." Wiegand verwies darauf, dass eine Booster-Impfung mit dem aktuell zugelassenen Präparat von Moderna den Antikörperspiegel gegen Omikron – je nach Höhe der Dosis – um das bis zu 83-Fache steigern könne. "Das ist ein scharfes Schwert. Ob das aber schon ausreicht, um Omikron zu bekämpfen, kann man derzeit noch nicht sagen."
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Den Piks gibt's im Flieger: Booster-Impfung in der Business Class verabreicht
Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) meint, es sei aktuell noch zu früh zu entscheiden, ob ein angepasster Impfstoff mit einer anderen Zusammensetzung überhaupt notwendig sei. Zunächst müssten "weitere Daten über die Auswirkungen der Variante auf die Wirksamkeit der zugelassenen Impfstoffe" gesammelt werden, teilte die EMA der Deutschen Presse-Agentur mit. Zudem brauche es weitere Informationen zur Übertragbarkeit und Sterblichkeit bei Omikron. Biontech und Pfizer hatten zuletzt mitgeteilt, dass nach vorläufigen Labor-Ergebnissen drei Dosen ihres bisherigen Produktes einen ausreichenden Schutz vor schweren Erkrankungen nach einer Omikron-Infektion böten. Falls es doch zu einer Anpassung der Hersteller kommt, hat die EMA bereits Vorbereitungen getroffen.
Seit Februar gibt es einen EMA-Leitfaden, in dem die Anforderungen an die Hersteller beschrieben werden, wenn sie eine Anpassung ihrer Impfstoffe wegen neuer Virus-Varianten in Angriff nehmen. Wenn der Mutter-Impfstoff bereits die Zulassung bekommen hat, muss der veränderte Wirkstoff nicht erneut das gesamte Verfahren durchlaufen. Eine klinische Testreihe über die Wirksamkeit mit einer geringen Zahl von Probanden sei ausreichend, heißt es.
Kommt der vierte Piks?
"Die aktuellen Konzepte gehen in die Richtung, dass man die Möglichkeit des Boosterns prüft", betont Wiegand. Nicht nur bei Covid-19, sondern auch bei anderen Infektionskrankheiten seien Booster-Impfungen ein "übliches Herangehen". Das heißt: Auf die bereits erfolgten Impfungen gegen den Corona-Wildtyp könnte es eine weitere Auffrischungsimpfung geben, die sich speziell gegen die jeweils neue Variante richtet. Von Impfgegnern auf diversen Social-Media-Kanälen verbreitete Befürchtungen, es seien Impfserien mit drei neuen Impfungen gegen Omikron geplant, sind demnach unbegründet.
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