COVID-19-Varianten, Kinder und die Folgen

Wie sehr Kinder und Jugendliche von COVID-19 betroffen sind, scheint immer noch eine Streitfrage zu sein. Mit den neuen besorgniserregenden Varianten wie der britischen B.1.1.7 scheint der Anteil infizierter Kinder und Jugendlicher allerdings rasant zu steigen – und auch wenn die Symptome meistens mild bleiben, drohen immer häufiger Langzeitfolgen von Long-COVID bis zum gefährlichen PIMS-Syndrom.

„Die COVID-19-Fallzahlen stiegen in den letzten Wochen in allen Altersgruppen wieder an, besonders stark jedoch bei Kindern und Jugendlichen, von denen auch zunehmend Übertragungen und Ausbruchsgeschehen ausgehen“, so heißt es im Lagebericht des Robert Koch-Instituts (RKI) vom 11. April 2021. „COVID-19-bedingte Ausbrüche betreffen momentan insbesondere private Haushalte, zunehmend auch Kitas, Schulen und das berufliche Umfeld, während die Anzahl der Ausbrüche in Alters- und Pflegeheimen abgenommen hat“, heißt es da weiter. Zusammen mit der Tatsache, dass „die VOC B.1.1.7 inzwischen in Deutschland der vorherrschende COVID-19-Erreger“ ist, die „britische“ besorgniserregende Variante (VOC), darf man sich nun wohl zunehmend Sorgen machen – um die Gesundheit mittlerweile aller Altersgruppen (nicht nur in Deutschland).

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Wer wieweit gefährdet ist, welche Maßnahmen nützen und wie es mit der Pandemie weitergeht, bleibt indes nicht nur unter Wissenschaftler:innen ein kontroverses Diskussionsthema. Neuerdings schalten sich auch an sich nicht zuständige Familienrichter wie jüngst in Weimar in die Diskussion ein und untersagen etwa einer Schule, speziell für zwei Schüler, Maskentragen und Tests anzuordnen, weil diese laut sehr umstrittener Gutachter „unnütz“ sind.

Dass nun nach den Osterferien in einigen Bundesländern die Schulen sofort wieder in den Distanzmodus wechselten und in anderen Wechselunterricht angeboten wird, während Eltern-, Lehrer- und Schülerverbände ganz unterschiedliche Forderungen an die Politik stellen und auch die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) und die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) in einer Stellungnahme sich weiterhin eher gegen Schulschließungen aus psychosozialen Überlegungen heraus stellen, zeigt die große Verwirrung um die Rolle von Kindern und Jugendlichen bei der COVID-19-Pandemie.

Fallzahlen zeigen mehr infizierte Kinder und Jugendliche in der dritten Welle

Betrachtet man die Fakten, dann steht wohl fest, dass anders als bei den ersten beiden COVID-19-Wellen SARS-CoV-2 nun auch vermehrt Kinder und Jugendliche infiziert. Dies scheint in Deutschland sowie zuvor unter anderem in Großbritannien oder auch den USA insbesondere mit der VOC B.1.1.7 in Zusammenhang zu stehen. Anders als das noch viele Forscher:innen während der ersten Wellen annahmen, sind Kinder und Jugendliche empfänglich für das Virus – und geben es den Daten des RKI zufolge auch weiter. Unter anderem SPD-Politiker sowie approbierter Mediziner Karl Lauterbach erklärte die nun nachweisbare Empfänglichkeit der jungen Altersgruppe damit, dass bislang das geringere Atemvolumen der Jüngeren einen gewissen Schutz vermittelt habe – von Vorerkrankten abgesehen. Die deutlich höheren Virusmengen der B.1.1.7-Mutante (auch der südafrikanischen und der brasilianischen) machten diesen bisherigen Vorteil nun wett.

Steigende Zahlen gab es dabei auch bei den Jüngsten in den Kindergärten, wie die Zahlen der RKI-Corona-Kita-Studie zeigen. Noch im Dezember 2020 hatte etwa eine Erhebung des European Center for Disease Prevention and Control (ECDC) eher keine Korrelation zwischen Schulöffnungen und Anstieg der Infektionszahlen gezeigt – da dominierte allerdings auch noch der Wildtyp von SARS-CoV-2. Daten zur jetzt in Europa dominierenden VOC B.1.1.7, gab es zu dem Zeitpunkt noch nicht. Mittlerweile verteilen sich die Infektionszahlen über alle Altersgruppen, heißt es unter anderem beim RKI. Eine deutliche Unterscheidung nach Alter oder Geschlecht sehen viele Forscher:innen nun nicht mehr. Schwere Verläufe sind weiterhin aber eher bei den Risikogruppen zu finden, obwohl es auch weiterhin viele schwere Erkrankungen und auch Todesfälle unter jüngeren, nicht vorbelasteten Menschen gibt.

Je mehr Infektionen, umso mehr schwere Fälle auch bei den Jüngsten

Wenngleich aber es keine Anzeichen zu geben scheint, dass der Verlauf insgesamt mit B.1.1.7 auch schwerer bei Kindern und Jugendlichen sei und „ein schwerer Verlauf eine seltene Erscheinung bei Kindern und Jugendlichen“ sei, wie britische Forscher im Fachmagazin „The Lancet“ feststellten, gilt bei der jüngeren Gruppe das gleiche wie für Ältere: Je mehr Infektionen es gibt, desto größer ist auch die Zahl der schweren Fälle darunter – und ganz nebenbei auch umso größer die Wahrscheinlichkeit für das Entstehen neuer Mutationen. Eine Rolle von Kindern und Jugendlichen als ein „Motor der Infektion“ oder gar eine besonders hohe Affinität der VOC zu Kindern und Jugendlichen gebe es allerdings nicht, heißt es auch etwa im Factsheet der Weltgesundheitsorganisation WHO. Dort steht: „Die VOC verbreitet sich über alle Altersgruppen und Kinder scheinen kein höheres Risiko für eine Erkrankung im Vergleich zu anderen Altersgruppen zu haben.“ Allerdings eben mittlerweile das gleiche Risiko – womit wie das RKI feststellt, Kindergärten und Schulen zu Infektionsorten geworden sind.

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Natürlich gebe es mehr Infektionen mit der Öffnung von Kindergärten und Schulen, sagte so auch etwa Johannes Liese, Leiter der Abteilung Pädiatrische Infektiologie und Immunologie an der Universitäts-Klinik Würzburg der Deutschen Welle. Und man sehe auch mehr und mehr schwerere Fälle in der Klinik. „Über die neuen Gefahren bei B.1.1.7 für Kinder und Eltern wird nicht viel geredet, weil sonst Schule nicht sicher schiene. Wir dürfen das aber nicht verschweigen. Es geht auch um die Sicherheit der Kinder selbst“, twitterte am 12. April 2021 Karl Lauterbach.

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