COVID-19: Der Darm ist anfällig für das Coronavirus – Heilpraxis

Warum SARS-CoV-2 oft den Magen-Darm-Trakt befällt

Während COVID-19 anfangs noch als reine Atemwegserkrankung betrachtet wurde, ist mittlerweile klar, dass auch andere Organe betroffen sein können. So befällt das Coronavirus SARS-CoV-2 häufig den Magen-Darm-Trakt, der besonders anfällig für das Virus scheint. In einer aktuellen Studie wurde nun deutlich, wieso bei COVID-19 oftmals auch der Darm in Mitleidenschaft gezogen wird.

Meist stehen bei COVID-19 die respiratorischen Symptome im Vordergrund, aber das Virus kann auch andere Organe in Mitleidenschaft ziehen, erläutert das Universitätsklinikum Erlangen in einer aktuellen Mitteilung. Häufig sei dann der Magen-Darm-Trakt betroffen. Das Team um Prof. Dr. Christoph Becker vom Universitätsklinikum Erlangen hat nun gemeinsam mit Forschenden der Charité – Universitätsmedizin Berlin die Ursache für die Anfälligkeit des Darms gegenüber SARS-CoV-2 entdeckt. Ihre Ergebnisse wurden in dem Fachmagazin „Gastroenterology“ veröffentlicht.

ACE2 und TMPRSS2 von entscheidender Bedeutung

Um eine Zelle zu infizieren, müssen die Viren zunächst an der Oberfläche der Wirtszellen andocken, was über bestimmte Oberflächenmerkmale (sogenannte Rezeptoren) erfolgt. Im Falle von SARS-CoV-2 nutzen die Viren den ACE2-Rezeptor und anschließend spaltet das körpereigene Enzym TMPRSS2 ein virales Protein, wodurch der Eintritt in die Wirtszelle erfolgen kann, erläutern die Forschenden.

Daraufhin baut das Virus die Zellen um (siehe Coronavirus: So baut SARS-CoV-2 das Innere der Zelle zum eigenen Nutzen um) und beginnt Bestandteile für weitere Viren zu produzieren. Wurden diese in ausreichender Menge hergestellt, können die Viren aus der Wirtszelle ausbrechen und wiederum andere Zellen infizieren, so das Forschungsteam.

Potenzielle Zielzellen in der Darmschleimhaut

In bestimmten Zellen der Darmschleimhaut, sogenannten Enterozyten, konnten die Forschenden nun bei gesunden Menschen hohe Konzentrationen von ACE2 und TMPRSS2 nachweisen, was eine Erklärung für die erhöhte Anfälligkeit gegenüber dem Virus liefert. Die Enterozyten sind somit potenzielle Zielzellen des Coronavirus, berichtet das Universitätsklinikum Erlangen.

Neue Behandlungsansätze möglich?

Zudem habe die Forschung ergeben, dass die Bildung von ACE2 und TMPRSS2 auf der Zelloberfläche von außen beeinflusst werden kann. Beispielsweise führe eine Stimulation der Zellen über bestimmte mikrobielle Signale und Botenstoffe des Immunsystems zu einer geringeren Ausschüttung von ACE2 im Darmepithel. Dies könnte auch zur Entwicklung neuer Behandlungsansätze genutzt werden.

Aufgrund der Bedeutung von ACE2 und TMPRSS2 für das Eindringen von Sars-CoV-2 in die Zelle stellen die beiden Moleküle potenzielle Ansatzpunkte für ein wirksames Medikament gegen das Coronavirus dar. Und „unsere Erkenntnisse zeigen, dass die für eine Infektion mit Sars-CoV-2 notwendigen Moleküle auf der Zelloberfläche möglicherweise therapeutisch beeinflussbar sind“, betont Dr. Jay Patankar vom Universitätsklinikum Erlangen, Mitautor der Studie.

Weitere Studien erforderlich

Als Nächstes plane das Forschungsteam Infektionsexperimente an Zellen, um diese These zu überprüfen, so die Mitteilung des Universitätsklinikums. Die Wissenschaftler fanden außerdem heraus, dass Patientinnen und Patienten mit Darmentzündungen weniger ACE2-Rezeptoren besitzen und dass sowohl ACE2 als auch TMPRSS2 ihre Lokalisation in den Enterozyten verändern. Möglicherweise sei der Darm bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn resistenter gegenüber Sars-CoV-2.

„Allerdings stehen groß angelegte Studien zur Bedeutung der Infektion des Darms mit dem Coronavirus noch aus“, resümiert Prof. Becker. In dem Sonderforschungsbereich der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und der Charité – Universitätsmedizin Berlin zu entzündliche Erkrankungen des Darms sollen diese Studien nun auf Basis der Gewebebank „IBDome“ durchgeführt werden, um zu ermitteln, welchen Einfluss das Coronavirus konkret auf den Darm und die Funktionen der dort vorhandenen Zellen hat. (fp)

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