Die Coronazahlen gehen aktuell durch die Decke. Mit beschleunigten Impfungen wollen die Ampelparteien, die wahrscheinlich künftig die Regierung stellen werden, gegensteuern. Bei den Booster-Impfungen könnten nach Ansicht der SPD-Gesundheitsexpertin Sabine Dittmar die Apotheken ins Boot geholt werden. Auch Minister Spahn äußerte sich heute diesbezüglich nicht mehr ganz so klar ablehnend wie noch im September beim Deutschen Apothekertag.
Die voraussichtliche künftigen Regierungspartner SPD, FDP und Grüne beraten an diesem Freitag vor dem Hintergrund stark gestiegener Corona-Zahlen mit Experten über Maßnahmen zur Beschleunigung der Impfungen und sogenannten Booster-Impfungen in Deutschland. SPD-Gesundheitsexpertin Sabine Dittmar schlug vor den Gesprächen vor, dass etwa auch Apotheken Booster-Impfungen übernehmen könnten. Sie verwies auf entsprechende Modellprojekte, die es auch schon bei Grippeschutzimpfungen gibt.
Der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ist offenbar noch immer kein Freund dieser Idee – allerdings äußerte er sich dazu heute vor Journalisten in Berlin nicht mehr so klar ablehnend wie noch im September beim Deutschen Apothekertag in Düsseldorf. Es gebe viele berufs- und haftungsrechtliche Probleme bei der Impfung durch Apotheker:innen, sagte er. Solch ein Projekt sei nicht innerhalb weniger Tage umsetzbar, daher würde die Impfung in den Apotheken diesen Herbst wohl nicht mehr dazu beitragen können, die vierte Welle einzudämmen. Dennoch werde er „das Thema mitnehmen“.
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Die Ampel-Parteien wollen auch über eine mögliche Corona-Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen sprechen – die Meinungen gehen dabei aber auseinander. Wahrscheinlich werde man in den kommenden Wochen eine berufsgruppenspezifische Impfpflicht einführen müssen, sagte der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen am Freitag in Berlin. Wer für andere Menschen Verantwortung trage, habe in dieser wichtigen Phase der Pandemie nicht nur eine Entscheidung über seine eigene Gesundheit zu treffen. Er nannte etwa Pflegekräfte, Ärzte, Reinigungs- und Küchenpersonal in Kliniken oder Pflegeeinrichtungen.
„Das ist ein Thema oder eine Diskussion, der wir uns nicht entziehen werden können. Wir werden die in meiner Fraktion auch sehr offen führen“, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Sabine Dittmar. Man müsse sehr sorgfältig abwägen, fügte sie mit Verweis auf Gefahren einer möglichen Abwanderung von Pflegekräften hinzu. Von der FDP hieß es, man werde sich „selbstverständlich“ der Diskussion stellen. „Aber für uns ist auch wichtig, ob wir das mit milderen Mitteln auch erreichen können“, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion, Christine Aschenberg-Dugnus, die ebenfalls auf die Gefahr einer möglichen Abwanderung von Pflegekräften im Fall einer Impfpflicht verwies.
Der Deutsche Ethikrat hatte am Donnerstag die Prüfung einer Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen empfohlen. Ob Apothekenpersonal auch betroffen wäre, ist unklar. Einigkeit besteht diesbezüglich offenbar innerhalb der Apothekerschaft nicht: bei der sächsischen Landesapothekerkammer wurde das Thema am gestrigen Donnerstag kontrovers diskutiert. So stellte beispielsweise SLAK-Präsident Friedemann Schmidt infrage, ob sich die Kolleginnen und Kollegen einen Gefallen tun würden, wenn sie eine Impfpflicht für alle in Apotheken Tätige forderten. „Wir sind Vertrauenspersonen – und zwar entweder für alle oder gar nicht.“ Die Apotheken hätten die Chance, mit Menschen ins Gespräch zu kommen, die sich noch nicht für eine Impfung entschieden haben, das unterscheide sie von den Praxen, die die Menschen erst besuchten, wenn sie sich impfen lassen wollen. „Wir können für die Impfung werben, müssen aber auch Ansprechpartner bleiben für diejenigen, die Bedenken haben“, sagte der ehemalige ABDA-Chef. Bayerns Kammerpräsident Benkert hingegen sprach sich auf der Delegiertenversammlung in München klar für eine Impfpflicht für das Apothekenpersonal aus.
Alltagsbeschränkungen drohen
Wegen der immer bedrohlicheren Corona-Ausbreitung in Deutschland rücken zusätzliche Alltagsbeschränkungen in den Blick. Spahn forderte vor anstehenden Bund-Länder-Beratungen ein schnelles Gegensteuern. „Wir müssen alles tun, um diese Dynamik zu brechen“, sagte er am Freitag in Berlin. „Sonst wird es für das ganze Land ein bitterer Dezember.“ Das Robert Koch-Institut (RKI) rief alle Bürger wegen dramatisch steigender Infektionszahlen zu weniger Kontakten auf und rät auch zu Einschränkungen besonders bei Großveranstaltungen.
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