BGH: Entscheidung ausländischer Behörden für deutsche nicht bindend
Werden Paare mit unerfülltem Kinderwunsch doch noch mit Hilfe einer im Ausland lebenden Leihmutter Eltern, gilt die Anerkennung der rechtlichen Mutterschaft durch ausländische Behörden in Deutschland meist nicht. Als rechtliche Mutter ist nach deutschem Recht die Frau anzusehen, die das Kind geboren hat – also die Leihmutter, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in zwei am Dienstag, 23. April 2019, veröffentlichten Beschlüssen (Az.: XII ZB 530/17 und XII ZB 320/17). Nur wenn ein ausländisches Gericht und nicht eine Behörde die rechtliche Mutterschaft festgestellt hat, seien daran auch deutsche Behörden gebunden.
Im ersten entschiedenen Fall hatte ein Ehepaar aus dem Raum Dortmund ihren Kinderwunsch mit einer künstlichen Befruchtung nachgeholfen. Die mit dem Samen des Mannes befruchtete Eizelle der Ehefrau wurde einer Leihmutter in der Ukraine eingesetzt. Während die Leihmutterschaft in Deutschland verboten ist, ist diese in der Ukraine legal.
Die Leihmutter brachte schließlich im Dezember 2015 das Kind zur Welt. Sie hatte notariell erklärt, dass das deutsche Ehepaar die rechtlichen Eltern sein sollten. Das ukrainische Standesamt hatte den Ehemann als rechtlichen Vater und die deutsche Ehefrau als rechtliche Mutter anerkannt.
Standesamt korrigierte Eintragung
Das Ehepaar ließ ihr Kind nach ihrer Rückkehr nach Deutschland ins Geburtenregister eintragen. Darin wurde auch die Ehefrau als rechtliche Mutter eingetragen. Doch als das Standesamt von der Leihmutterschaft erfuhr, korrigierte es die Eintragung. Rechtliche Mutter sei nach deutschem Recht die Frau, die das Kind geboren hat, hier also die ukrainische Leihmutter.
Ohne Erfolg verwies das Ehepaar darauf, dass die Leihmutterschaft in der Ukraine legal sei und die ukrainischen Behörden sie als rechtliche Eltern anerkannt haben.
Auch im zweiten Fall lehnte das Standesamt die Eintragung der rechtlichen Mutterschaft im Geburtenregister ab. Hier hatte ebenfalls ein aus Niedersachsen stammendes Ehepaar die Dienste einer Leihmutter in der Ukraine für die Geburt ihres Kindes in Anspruch genommen.
Der BGH entschied in seinen Beschlüssen vom 20. März 2019, dass nach deutschem Recht jene Frau als rechtliche Mutter gilt, die das Kind geboren hat. Ob in den konkreten Fällen ukrainisches oder deutsches Recht greife, hänge bei minderjährigen Kindern, insbesondere bei Neugeborenen, von dem „gewöhnlichen Aufenthalt“ der Betreuungspersonen ab. Haben die Bezugspersonen ihren „gewöhnlichen Aufenthalt“ in der Ukraine, gelte ukrainisches Recht. Dann sei die Entscheidung der ukrainischen Behörden später auch für das deutsche Standesamt bindend.
Doch in beiden Fällen sei dies nicht der Fall, so der BGH. Nach den tatsächlichen Umständen sei der Aufenthalt der deutschen Ehepaare in der Ukraine nur „vorübergehend“ gewesen. Die per Leihmutter zur Welt gebrachten Kinder sollten von Anfang an in Deutschland mit ihren biologischen Eltern leben.
Rechtliche Mütter sind die Leihmütter
Da kein gewöhnlicher Aufenthaltes in der Ukraine bestand, komme bei der Anerkennung der rechtlichen Mutterschaft deutsches Recht zur Anwendung. Danach seien in beiden Fällen die beiden Ehemänner die rechtlichen Väter der Kinder. Die Kinder hätten dadurch auch die deutsche Staatsangehörigkeit erworben. Rechtliche Mütter seien aber die Leihmütter, da diese die Kinder zur Welt gebracht haben.
Im ersten Fall hätten sich die Beteiligten aber auf eine Adoption des Kindes durch die Ehefrau geeinigt, betonte der BGH. Damit haben diese gute Chancen, die rechtliche Mutterschaft im Wege eines durchzuführenden Adoptionsverfahrens zu erhalten. Bis dahin gelten jedoch nicht sie, sondern die Leihmutter als rechtliche Mutter.
Bereits am 5. September 2018 hatte der BGH allerdings entschieden, dass Entscheidungen eines ausländischen Gerichts über die rechtliche Mutterschaft von deutschen Behörden anerkannt werden müssen (Az.: XII ZB 224/17; JurAgentur-Meldung vom 9. Oktober 2019). Anders als bei Entscheidungen von ausländischen Behörden, seien diese nach deutschem Recht bindend.
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hatte am 28. Februar 2019 entschieden, dass eine Leihmutterschaft einer Adoption des Kindes durch seine biologische deutsche Mutter grundsätzlich nicht entgegensteht (Az.: 1 UF 71/18; JurAgentur-Meldung vom 13. März 2019). Entscheidend sei, dass die Adoption dem Kindeswohl diene und zwischen der Mutter und dem Kind eine „enge und liebevolle Bindung“ zu erwarten sei.
Ähnlich entschied auch das OLG München am 12. Februar 2018 im Fall eines schwulen verheirateten Paares (Az.: 33 UF 1152/17; JurAgentur-Meldung vom 17. Mai 2018). Das Paar wurde mit Hilfe einer anonymen Eizellspende und einer in der Ukraine lebenden Leihmutter Eltern. Die Eizelle war mit dem Samen eines der Männer befruchtet worden
Als der andere Partner die Adoption des Kindes wünschte, lehnte dies das Jugendamt und das Amtsgericht München ab. Die Adoption sei nicht erforderlich. Die Leihmutterschaft sei nach deutschem Recht gesetzes- und sittenwidrig.
„Bei der Bewertung des Adoptionsbegehrens kommt es einzig auf das Wohl des Kindes und die Prognose des Entstehens eines Eltern-Kind-Verhältnisses an“, entschied das OLG. Werde trotzdem die Adoption versagt, liege ein Eingriff in die Rechte des Kindes vor. fle
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